Das Dampfhaus
großen Katzen gleich, krumm zusammengebogen. Den Kopf, der zwischen den dicht behaarten schwarzen Tatzen verschwand, sah man gar nicht; so schliefen sie den Schlaf des Gerechten. In den Zellen der Tiger herrschte nicht derselbe Friede. Glühende Augen blitzten zuweilen durch das Dunkel auf, eine kräftige Tatze rüttelte wohl auch einmal an den eisernen Gitterstäben. Es war der Schlaf von Raubthieren, deren Grimm selbst der Schlaf nicht sänftigt.
»Sie haben böse Träume, das begreife ich wohl!« sagte der mitleidige Kapitän.
Einige Gewissensbisse oder wenigstens das Gefühl von Reue schien auch die drei Panther zu quälen. Um diese Stunde waren sie, frei von jeder Fessel, in den Wäldern umhergestrichen und hatten sich nach den Weideplätzen geschlichen, wo sie lebendes Fleisch witterten.
Den Schlaf der vier Leoparden störte offenbar kein Alpdrücken. Sie lagen friedlich und still. Zwei dieser Katzen, ein Männchen und ein Weibchen, besaßen ein gemeinsames Schlafzimmer und befanden sich darin ebenso wohl wie im Grunde ihrer Höhle.
Nur eine einzige Zelle stand noch leer – die, welche der sechste und gar nicht zu erlangende Tiger einnehmen sollte, den Mathias Van Guitt sich noch beschaffen mußte, bevor er Tarryani verlassen konnte.
Unser Spaziergang mochte etwa eine Stunde gewährt haben. Nachdem wir an der inneren Seite der Kraal-Einfriedigung dahingegangen, ließen wir uns am Fuße einer mächtigen Mimose nieder.
Im ganzen Walde ringsum regte sich nichts, selbst der Wind, der gegen Abend noch durch die Bäume rauschte, hatte sich jetzt gelegt. Kein Blättchen rührte sich. Die Atmosphäre über der Erde war eben so ruhig wie in den oberen Regionen, wo die Sichel des Mondes langsam herauszog.
Kapitän Hod und ich saßen dicht bei einander, sprachen aber kaum noch ein Wort. Der Schlaf überfiel uns nicht etwa, es machte sich vielmehr der mehr geistige als körperliche Einfluß der Stille in der Natur auf uns geltend. Man denkt dann wohl, verleiht aber dem Gedanken keine Worte. Man träumt wie ein Mensch, der doch nicht schläft, und der Blick, den die Augenlider nicht verschleiern, verliert sich gern in einer phantastischen Vision.
Nur ein Umstand fiel dem Kapitän auf und mit leiser Stimme, wie man es unwillkürlich thut, wenn Alles ringsumher schweigt, sagte er:
»Wissen Sie, Maucler, eine solche Stille setzt mich wirklich in Erstaunen. Gewöhnlich brüllen die Raubthiere im Dunklen und während der Nacht schallt es sonst durch den ganzen Wald. Fehlt es an Tigern oder Panthern, so hört man dafür die Schakals bellen. Dieser Kraal voll lebender Wesen sollte sie eigentlich zu Hunderten herbeilocken, und doch hört man nicht das Geringste, kein Knacken von dürrem Holz auf der Erde, kein einziges Geheul da draußen. Wenn Mathias Van Guitt wach wäre, würde er sich ebenso darüber wundern wie ich und gewiß irgend ein sonderbares Wort finden, sein Erstaunen auszudrücken!
– Sie haben Recht, lieber Hod, antwortete ich, und ich weiß mir das Ausbleiben aller jener Nachtschwärmer auch nicht zu erklären. Doch, achten wir auf uns selbst, daß wir bei der Stille ringsum nicht zuletzt noch einschlafen.
– Nein, nein, wir müssen aushalten, meinte Kapitän Hod, indem er die Arme dehnte. Die Stunde zum Aufbruch kommt bald heran!«
Wir singen also wieder an zu plaudern, wenn auch mit längeren Pausen.
Wie lange das dauerte, vermag ich nicht zu sagen; plötzlich entstand aber eine dumpfe Bewegung, die mich aus diesem Zustande der Somnolenz weckte.
Kapitän Hod, der ebenfalls wieder völlig munter wurde, sprang gleichzeitig mit mir auf.
Das Lärmen ging offenbar von den Käfigen der Raubthiere aus.
Löwen, Tiger, Panther und Leoparden, die noch eben ganz ruhig gelegen hatten, ließen ein heimliches Murren und Knurren hören. Sie hatten sich erhoben trabten in ihren Zellen hin und her, schnüffelten hinaus, als wenn sie irgend etwas witterten, und richteten sich wuthschnaubend an den Eisenstangen der Käfige empor.
»Was mögen sie nur haben? fragte ich.
– Ich weiß es nicht, erwiderte Kapitän Hod, aber ich fürchte, sie wittern die Annäherung von…«
Plötzlich entstand rings um den Kraal ein entsetzliches Gebrüll.
»Das sind Tiger,« rief Kapitän Hod, und eilte nach dem Hause Mathias Van Guitt’s.
Der Höllenlärm hatte das ganze Personal des Kraals auf die Füße gebracht und der Händler erschien mit mehreren Leuten an der Thür.
»Ein Ueberfall!… rief er.
– Ich glaube, ja,
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