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Das Dampfhaus

Das Dampfhaus

Titel: Das Dampfhaus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jules Verne
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trafen, schienen ihnen aber ein übernatürliches Leben einzuhauchen. Durch eine einfache optische Täuschung nahmen diejenigen unter den Ungeheuern, auf welche die glänzenden Lichtbündel fielen, wahrhaft riesenmäßige Proportionen an, so daß sie an Größe mit unserem Stahlriesen wetteifern zu können schienen. Von den Lichtblitzen getroffen, erhoben sich dieselben plötzlich, so als hätte sie eine feurige Nadel gestochen. Sie streckten die Rüssel vor und die gewaltigen Zähne in die Höhe. Es sah aus, als wollten sie sich schon auf unseren Train stürzen. Aus den gewaltigen Kinnladen drang ein heiseres Knurren hervor. Wie durch Ansteckung bemächtigte sich Aller bald eine plötzliche Wuth, und rings um unser Lager ertönte ein drohendes Geräusch, als ob hundert Hornisten auf einmal Appell bliesen.
    »Auslöschen!« rief Banks.
    Der elektrische Strom wurde sofort unterbrochen und der Lärm legte sich augenblicklich wieder.
    »Sie lagern im Kreise rund umher, sagte der Ingenieur, und werden bei Tagesanbruch auch noch da sein.
    – Hm!« brummte Kapitän Hod, dessen gutes Zutrauen doch ein wenig erschüttert schien.
    Was war aber zu thun? Kâlagani wurde darum gefragt. Er machte kein Hehl daraus, daß er unsere Situation etwas beunruhigend fand.
    Konnte man daran denken, den Lagerplatz in dieser pechschwarzen Nacht zu verlassen? Das war von vornherein unmöglich. Was hätte das auch nützen können? Die Elephantenheerde wäre uns unzweifelhaft nachgefolgt und unsere Lage erschien dann eher schlimmer, als am hellen Tage. Wir kamen also dahin überein, erst mit dem Morgengrauen aufzubrechen, mit möglichster Vorsicht und Schnelligkeit weiter zu dampfen, aber unser furchtbares Gefolge auf keine Weise zu reizen.
    »Und wenn nun die Thiere nicht ablassen, uns zu folgen? fragte ich.
    – So werden wir versuchen, eine Oertlichkeit zu erreichen, wo das Steam-House vor ihrem Angriffe gesichert ist.
    Werden wir eine solche aber innerhalb der Vindhya-Berge finden? sagte Kapitän Hod.
    – Doch, es giebt eine, fiel der Hindu ein.
    – Und welche? fragte Banks.
    – Den Puturia-See.
    – Wie weit ist er von hier?
    – Gegen neun Meilen.
    – Aber Elephanten schwimmen auch, antwortete Banks, und vielleicht besser als irgend ein anderer Vierfüßler! Man hat schon beobachtet, daß sie sich einen halben Tag lang auf der Wasseroberfläche erhielten. Ist nicht auch zu fürchten, daß jene uns auf den Puturia-See nachfolgen und das Steam-House damit in eine noch gefährlichere Lage käme?
    – Ich sehe keinen anderen Ausweg, einem Angriffe zu entgehen!
    – So werden wir ihn versuchen!« antwortete der Ingenieur.
    Es blieb uns in der That nichts anderes übrig. Vielleicht wagten sich die Elephanten unter diesen Verhältnissen doch nicht in’s Wasser, oder wir konnten sie wenigstens überholen.
    Mit Ungeduld erwarteten wir den Tag. Bald fing der Morgen an zu grauen. Während der Nacht war es zu keiner feindlichen Demonstration gekommen, mit Sonnenaufgang zeigte es sich aber, daß auch kein Elephant von der Stelle gewichen und das Steam-House von allen Seiten umschlossen war.
    Da entstand eine allgemeine Bewegung auf dem Ruheplatze. Es schien, als ob die Elephanten alle einem Commando gehorchten. Sie schwangen die Rüssel, rieben die Stoßzähne am Boden, machten gleichsam Toilette, indem sie sich mit frischem Wasser bespritzten, und nagten endlich eine Portion des fetten Grases ab, an dem es dieser Stelle nicht fehlte. Endlich näherten sie sich dem Steam-House, manche derselben soweit, daß man sie aus dessen Fenstern schon mit Spießen hätte erreichen können. Banks empfahl uns indessen ausdrücklich, ihnen auf keine Weise zu nahe zu treten. Es erschien zu wichtig, ihnen keine Veranlassung zu einem Angriffe zu bieten. Einzelne von den Elephanten drängten sich jetzt immer mehr an unseren Stahlriesen heran. Offenbar wollten sie sehen, was an diesem gewaltigen, augenblicklich unbeweglichen Thiere sei. Erkannten sie in ihm wohl einen ihresgleichen? Vermutheten sie in ihm irgend welche geheimnißvolle Kraft? Am vergangenen Tage hatten sie keine Gelegenheit gehabt, jenen in Thätigkeit zu sehen, da sich auch die ersten Reihen immer in einer gewissen Entfernung hinter unserem Zuge hielten.
    Was würden sie aber beginnen, wenn sie ihn erst schnaufen hörten, wenn sie ihn seine großen, gegliederten Füße heben, sich in Bewegung setzen und unsere rollenden Wagen mitschleppen sahen?
    Oberst Munro, Kapitän Hod, Kâlagani und ich

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