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Das Dekameron

Das Dekameron

Titel: Das Dekameron Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Giovanni Boccacio
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Provence ließ er die Pferde satteln und floh. Am ändern Morgen war der Hergang der Sache schon in der ganzen Gegend bekannt. Die Leute vom Schlosse des Herrn Guillem Cabestaing wie von dem der Dame hoben unter Tränen und Wehklagen die beiden Leichen auf und setzten sie in der zum Besitz der Dame gehörigen Burgkapelle in einer gemeinsamen Gruft bei. Darüber wurden in Versen die Namen der dort Begrabenen und Art und Ursache ihres Todes geschrieben.
     

Zehnte Geschichte
     
     
    Die Frau eines Arztes legt ihren Geliebten, der einen Schlaftrunk genommen hat, den sie aber für tot hält, in einen Kasten, den zwei Wucherer mit dem Scheintoten in ihr Haus tragen. Letzterer erholt sich und wird als Dieb gefangen. Die Magd der Frau redet dem Richter vor, sie habe jenen in den Kasten gelegt, den die Wucherer gestohlen. So wird er vom Galgen gerettet, die Wucherer aber werden wegen des Kastendiebstahls zu einer Geldstrafe verurteilt.
     
    Als der König seine Geschichte beendet hatte, oblag es nur noch dem Dioneo, seine Pflicht zu erfüllen. So begann er denn im Bewußtsein derselben und auf Geheiß des Königs folgendermaßen:
    Die traurigen Ereignisse unglücklicher Lieben, die uns bisher erzählt wurden, haben, von euch, ihr Damen, zu schweigen, selbst mir Herz und Augen so sehr gerührt, daß ich ihr Ende sehnlichst herbeigewünscht habe. Gottlob, daß sie nun hinter uns liegen, wenn ich nicht etwa, wovor Gott mich aber bewahren soll, dieser kläglichen Ware noch eine betrübte Zugabe beifügen wollte. Ohne mich also länger bei traurigen Gegenständen aufzuhalten, will ich von anmutigeren und heiteren zu reden beginnen, um dadurch für die Erzählungen des nächsten Tages vielleicht einen besseren Stoff anzudeuten.
    Ihr müßt nämlich wissen, reizende Mädchen, daß vor nicht gar langer Zeit in Salerno ein vortrefflicher Wundarzt, namens Mazzeo della Montagna, lebte. Er hatte noch in seinem späten Alter ein schönes junges Weibchen zur Frau genommen, das er zwar mit vornehmen und prächtigen Kleidungsstücken, mit Edelsteinen und allem anderen Schmuck, der ein Weib erfreuen kann, besser versah, als irgendeine andere in der Stadt dergleichen aufweisen konnte, dafür aber zuließ, daß sie sich des Nachts die meiste Zeit erkältete, weil er zu wenig dafür tat, sie im Bett gehörig zugedeckt zu halten. Und so wie Herr Ricciardo von Chinzica seiner Frau die Festtage beibrachte, so versicherte dieser der seinigen, wenn man bei einer Frau geschlafen habe, brauche man Gott weiß wie viele Tage, um sich wieder zu erholen, und erzählte ihr noch mehr solcher Albernheiten, an denen das arme Weib sich nicht sonderlich erbaute. Weil aber die Frau verschlagen und entschlossen war, faßte sie den Vorsatz, sich auf der Straße umzutun und womöglich von anderer Leute Tellern zu essen, um den Hausvorrat zu sparen.
    Eine Weile sah sie sich eine Anzahl junger Leute nacheinander an. Endlich aber fand sie einen, der ganz nach ihrem Geschmack war, und setzte auf ihn allein all ihre Hoffnung, ihre Gedanken und ihr Glück. Als der junge Mann dies gewahr wurde, wandte auch er ihr, da sie ihm besonders wohlgefiel, seine ganze Liebe zu. Sein Name war Ruggieri von Jeroli, und obwohl er von edler Abkunft war, führte er doch ein so schlechtes Leben und befand sich in so traurigen Umständen, daß er weder Freund noch Verwandten behalten hatte, der ihm wohlgewollt oder ihn auch nur vor sich gelassen hätte; denn er war in ganz Salerno wegen seiner Diebereien und ähnlicher Schändlichkeiten der niedrigsten Art berüchtigt. Doch da er ihr sonst wohlgefiel, kümmerte sich die Dame nur wenig um dies alles und wußte es durch Vermittlung einer ihrer Mägde so weit zu bringen, daß sie eine Zusammenkunft hatten. Nachdem sie sich eine Zeitlang miteinander ergötzt hatten, begann die Dame sein bisheriges Leben zu tadeln und bat ihn, ihr zuliebe für die Zukunft dergleichen Dinge zu lassen. Um dies aber möglich zu machen, unterstützte sie ihn bald mit einer größeren, bald mit einer kleineren Geldsumme.
    Während das liebende Paar auf solche Weise vorsichtig seine Freuden fortsetzte, traf es sich, daß unser Wundarzt einen Kranken bekam, der an dem einen Bein einen beträchtlichen Schaden hatte. Als der Arzt das Übel untersucht hatte, sagte er zu den Angehörigen des Kranken, wenn man diesem nicht einen angefressenen Knochen herausnehme, müsse er notwendig entweder das ganze Bein verlieren oder sterben, während er infolge jener Operation

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