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Das Dekameron

Das Dekameron

Titel: Das Dekameron Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Giovanni Boccacio
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Recht kann man es aus diesen Gründen ein arges Gesetz nennen. Wollt Ihr indes, meinem Leben und Eurem Gewissen zum Schaden, Euch dazu hergeben, dessen Vollstrecker zu sein, so steht dies in Eurem Belieben. Bevor Ihr jedoch weiter vorschreitet und irgendein Urteil fällt, ersuche ich Euch, daß Ihr mir die kleine Gunst erweist, meinen Gatten zu fragen, ob ich ihm jedesmal und sooft es ihm beliebte, ohne einmal nein zu sagen, seine volle Lust an mir gewährt habe oder nicht.«
    Ohne die Frage des Podesta abzuwarten, antwortete Rinaldo hierauf, daß die Frau ihm allerdings auf jedes Begehren volle Befriedigung seiner Wünsche gestattet habe. »Wohlan denn«, fuhr sogleich die Dame fort, »so frage ich Euch, Herr, was ich, wenn er zu jeder Zeit sich genommen hat, wessen er bedurfte und wonach ihn gelüstete, mit dem machen sollte oder noch soll, das er übrigläßt? Soll ich es vielleicht den Hunden vorwerfen? Oder ist es nicht besser, es einem Edelmann zu gewähren, der mich mehr liebt als sich selbst, statt es verlorengehen und umkommen zu lassen?«
    Zu diesem Verhör einer so ausgezeichneten und bekannten Dame waren fast sämtliche Bewohner von Prato herbeigekommen. Als sie nun diese ergötzliche Frage vernahmen, riefen sie alle nach vielem Gelächter wie aus einem Munde, daß die Dame recht habe und wohl spreche. Noch bevor sie auseinandergingen, änderten sie auf Anraten des Podesta jenes unbillige Gesetz und bestimmten, daß es in Zukunft nur für die Frauen gelten solle, welche sich für Geld gegen ihre Männer vergingen.
    So verließ denn Rinaldo, beschämt über sein törichtes Unternehmen, das Gericht, die Dame aber kehrte fröhlich und frei, als wäre sie vom Scheiterhaufen erstanden, siegreich in ihr elterliches Haus zurück.
     

Achte Geschichte
     
     
    Fresco rät seiner Nichte, niemals in den Spiegel zu sehen, wenn ihr der Anblick unausstehlicher Leute so widerwärtig sei, wie sie behaupte.
     
    Die Geschichte, die Filostrato erzählt hatte, erregte anfangs in den Herzen der zuhörenden Mädchen ein wenig Scham, was die sittsame Röte bewies, die ihre Wangen färbte. Allmählich aber schielte eine nach der ändern, und sie hörten dem Verlauf der Geschichte lächelnd zu, sich des lauten Lachens nur mit Mühe enthaltend. Als endlich der Erzähler zum Schluß gediehen war, wendete die Königin sich an Emilia und gebot ihr fortzufahren. Diese aber begann tief aufatmend, nicht anders, als ob sie eben erst vom Schlaf erwachte:
    Ihr holden Mädchen, da eine Reihe von Gedanken, die gar vieles in sich begriffen, mich eine lange Weile weit von hier entrückt hat, werde ich, unserer Königin gehorchend, mich mit einer viel kürzeren Geschichte auslösen, als ich es vielleicht getan hätte, wenn mein Geist hier gegenwärtig gewesen wäre. In dieser Geschichte aber will ich euch von der törichten Verkehrtheit eines Mädchens erzählen, das aus einem beißenden Einfall seines Oheims eine Lehre hätte ziehen können, hätte es hinlänglich Einsicht gehabt, ihn zu verstehen.
    Ein Mann also, der Fresco da Celatico hieß, hatte eine Nichte, die man der Kürze halber nur Cesca rief. Sie war zwar recht hübsch von Gestalt und Gesicht, doch konnte man sie nicht zu jenen Engelsbildern zählen, denen wir nicht selten begegnen. Dennoch hielt sie sich für so hoch und erlesen, daß es ihr zur Gewohnheit geworden war, Männer und Frauen und was immer ihr unter die Augen kam zu tadeln, ohne daß sie sich selbst dabei richtig einzuschätzen gewußt hätte. Dadurch wurde sie denn mehr als irgendeine andere unbequem, widrig und mehr als lästig, da es unmöglich war, ihr irgend etwas recht zu machen. Bei alledem war sie so hochmütig, daß, selbst wenn sie zum Stamme Karls des Großen gehört hätte, es dennoch zuviel gewesen wäre. Und wenn sie über die Straße ging, war ihr jeden Augenblick etwas nicht gelegen, so daß sie nicht aufhörte, die Nase zu rümpfen, als ob von jedem, den sie sah oder der ihr begegnete, unleidlicher Gestank sie anwehte.
    Von ihren ändern mißliebigen und widerwärtigen Sitten zu schweigen, geschah es eines Tages, daß sie voll von ihren Unleidlichkeiten nach Hause zurückkehrte und, während sie sich dort neben Fresco niedersetzte, in einem fort vor Ärger schnaufte. Darum sagte Fresco: »Was hat das zu bedeuten, Cesca, daß du heute am Festtag schon so früh nach Hause zurückgekehrt bist?« Sie aber antwortete mit der albernsten Ziererei: »Ja, freilich bin ich früh gekommen, denn ich glaube

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