Das Dekameron
wie ich. Vor allem aber unterlaß dieses peinliche Wachehalten, das du ausübst; denn ich schwöre dir beim Himmel, wenn mich die Lust ankäme, dir Hörner aufzusetzen, und hättest du hundert Augen statt ihrer zwei, so getraute ich mich, meine Lust zu stillen, ohne daß du etwas davon gewahr würdest.«
Der eifersüchtige Pinsel, welcher bis dahin geglaubt hatte, das Geheimnis seiner Frau gar schlau erkundet zu haben, hörte dies nicht sobald, als er sich angeführt erkannte. Ohne etwas zu entgegnen, hielt er fortan seine Frau für gut und verständig, und gerade nun, da seine Eifersucht not tat, legte er sie ebenso ab, wie er sie angetan hatte, als er ihrer nicht bedurfte. Daher konnte denn die kluge Frau fast ungestört ihren Wünschen leben und ihren Liebhaber, anstatt ihn nach Katzenart übers Dach kommen zu lassen, vorsichtig durch die Tür einlassen und sich noch oft mit ihm eine frohe Stunde und ein heiteres Leben bereiten.
Sechste Geschichte
Während Madonna Isabella den Lionetto bei sich hat, wird sie von Lambertuccio, der sie ebenfalls liebt, besucht. Da ihr Gatte zurückkehrt, schickt sie den Lambertuccio mit einem Dolch in der Hand aus dem Hause, worauf ihr Mann den Lionetto heimbegleitet.
Fiammettas Erzählung hatte allen ausnehmend gefallen, und jeder behauptete, die Frau habe so recht getan, wie es ein törichter Mann verdiente. Da die Geschichte jedoch zu Ende war, befahl der König Pampinea fortzufahren. Und diese begann:
Es gibt viele, welche einfältig genug behaupten, daß die Liebe den Menschen der Überlegung beraube und den Liebenden unbedacht mache.
Diese Meinung finde ich töricht, und die erzählten Geschichten zeigen es zur Genüge; dennoch will auch ich dies zu beweisen versuchen.
In unserer Stadt, die an allen Gütern reich ist, lebte eine anmutige, junge und schöne Frau, die Gattin eines tapferen und achtbaren Ritters. Wie es aber häufig geschieht, daß der Mensch nicht immer mit einer Speise zufrieden ist und zuweilen zu wechseln begehrt, so verliebte sich die Dame, der ihr Mann nicht genügte, in einen jungen Menschen, der Lionetto hieß und anmutig und gesittet war, obgleich keineswegs von hoher Geburt; und er verliebte sich gleichermaßen in sie. Und wie ihr wißt, daß selten unausgeführt bleibt, was beide Teile wollen, so währte es nicht lange, daß sie ihrem Liebeswunsche Erfüllung gaben.
Zugleich aber geschah es, daß sich in diese schöne und reizende Frau ein Ritter namens Lambertuccio heftig verliebte. Ihr war er jedoch so unangenehm und widerwärtig, daß sie sich um alles in der Welt nicht entschließen konnte, ihn zu lieben. Umsonst verfolgte er sie mit seinen Gesandtschaften; da er aber ein mächtiger Mann war, so begann er ihr mit öffentlicher Schande zu drohen, falls sie ihm nicht zu Willen wäre. Dies nun fürchtete die Frau über alles, und da sie seine Art kannte, ergab sie sich endlich seinem Verlangen.
Die Dame nun, welche Madonna Isabella hieß, war, wie es im Sommer unsere Gewohnheit ist, auf ein schönes Landgut gezogen, wo es eines Morgens geschah, daß, weil ihr Gatte über Land geritten war und mehrere Tage wegbleiben sollte, sie nach Lionetto schickte, damit er unterdessen zu ihr komme. Und unverweilt und voller Freude machte er sich auf den Weg.
Auch Herr Lambertuccio hatte indes vernommen, daß der Gatte der Dame fort sei. So stieg er ganz allein zu Pferde, eilte zu ihr und klopfte an die Tür. Die Magd der Dame sah ihn kommen und lief sogleich zu ihr, die mit Lionetto im Schlafzimmer war. »Madonna«, rief sie ihr zu, »unten ist Herr Lambertuccio ganz allein.« Als die Frau dies hörte, meinte sie, das unglücklichste Weib auf Erden zu sein. Allein sie fürchtete ihn so sehr, daß sie Lionetto bat, er möge es nicht übelnehmen und so lange hinter dem Vorhang des Bettes verborgen bleiben, bis Herr Lambertuccio wieder fort sei. Lionetto, der nicht geringere Furcht vor ihm hatte als die Dame, versteckte sich eilig, worauf sie der Magd befahl, dem Lambertuccio zu öffnen.
Als die Tür ihm aufgetan und er im Hofe von seinem Pferd gestiegen war, band er dies an einer Krampe fest und eilte hinauf. Die Dame machte ein freundliches Gesicht, kam ihm bis an die Treppe entgegen, empfing ihn so liebenswürdig sie konnte und fragte, was ihn hergeführt habe. Der Ritter umarmte und küßte sie und sprach: »Mein süßes Leben, ich hörte, daß Euer Mann nicht hier ist, und bin gekommen, ein Weilchen bei Euch zu bleiben.« Nach diesen
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