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Das Dekameron

Das Dekameron

Titel: Das Dekameron Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Giovanni Boccacio
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daß diese, wenn auch nicht alle, so doch zum größten Teil wissen, wo der Teufel den Schwanz hält. Und darum, geliebte Damen, hütet euch, jemand betrügen zu wollen, doch besonders die Gelehrten.
     

Achte Geschichte
     
     
    Zwei Freunde verkehren miteinander. Der eine schläft bei der Frau des anderen; dieser merkt es und nötigt seine Frau, ersteren in eine große Truhe zu sperren, auf der er nun, während jener darin ist, mit dessen Frau sein Spiel treibt.
     
    Schwer und schmerzlich waren Helenas Unglücksfalle den Damen anzuhören gewesen, allein, weil sie der Meinung waren, sie seien zum Teil mit Recht über sie gekommen, hatten sie dieselben mit gemäßigterem Mitgefühl angehört, obwohl sie den Gelehrten einen harten und unerbittlichen, ja einen grausamen Mann nannten. Doch als Pampinea nun zu Ende gekommen war, gebot die Königin der Fiammetta fortzufahren, und diese sprach, bereit zu gehorchen, also:
    Anmutige Mädchen, weil es mir so vorkommt, als sei die Strenge des beleidigten Gelehrten euch doch etwas zu Herzen gegangen, scheint es mir schicklich, die schmerzlich bewegten Geister wieder etwas aufzuheitern. Darum gedenke ich euch eine kleine Geschichte von einem jungen Mann zu erzählen, der mit ruhigerer Seele eine Beleidigung hinnahm und diese gemäßigter vergalt. Aus dieser Geschichte könnt ihr lernen, daß es jedem genügen muß, wenn der Esel wiederbekommt, wie er gegen die Wand schlug, und daß man, um die erlittene Unbill zu rächen, nicht darauf ausgehen soll, die Gegner mit einer über die Gebühr gesteigerten Rache zu verletzen, während man nur eine Beleidigung rächen wollte.
    Wie ich gehört habe, lebten einst in Siena zwei junge Leute, die wohlbegütert waren und aus guten Bürgerhäusern stammten. Der eine hieß Spinelloccio Tanena, der andere Zeppa di Mino, und sie waren beide Hausnachbarn in der Straße Camollia. Diese jungen Männer lebten beständig miteinander und schienen sich ihrem ganzen Benehmen nach mehr zu lieben, als wenn sie Brüder gewesen wären, und jeder von ihnen hatte eine ganz hübsche Frau zur Gattin. Nun begab es sich aber, daß Spinelloccio, der viel in Zeppas Haus verkehrte, mochte dieser da sein oder nicht, sich so mit Zeppas Frau befreundete, daß er anfing, bei ihr zu schlafen, und dies setzten sie beide geraume Zeit fort, ehe jemand etwas davon gewahr ward.
    Im Verlaufe der Zeit geschah es jedoch, daß Zeppa eines Tages zu Hause war, während die Frau es nicht wußte und Spinelloccio ihn abzuholen kam.
    Als die Frau entgegnete, er sei nicht zu Hause, kam Spinelloccio schnell herauf, und da er die Frau im Vorsaal fand und sonst niemand darin erblickte, umarmte und küßte er sie, und sie ihn. Dies sah Zeppa; allein er sagte kein Wort, sondern hielt sich verborgen, um zu sehen, wie dies Spiel enden würde. In der Tat sah er seine Frau und Spinelloccio Arm in Arm nach seiner Kammer gehen und sich dort einschließen. Dies entrüstete ihn natürlich sehr. Da er jedoch einsah, daß durch Lärmen und dergleichen seine Beleidigung nicht geringer, vielmehr die Schmach nur noch vergrößert würde, so beschränkte er sich darauf, darüber nachzudenken, wie er Rache nehmen könne, die, ohne daß andere davon erführen, sein Gemüt vollständig befriedigte.
    Nach langem Nachsinnen glaubte er endlich den Weg dazu gefunden zu haben und hielt sich nun solange verborgen, wie Spinelloccio bei seiner Frau verweilte. Sobald dieser fort war, trat er in die Kammer, wo er die Frau noch damit beschäftigt fand, sich das Kopftuch wieder zurechtzumachen, das Spinelloccio ihr im Scherze abgenommen hatte. »Weib«, sagte er, »was treibst du?« »Nun, siehst du es nicht?« entgegnete die Frau. »Jawohl«, sagte Zeppa, »und ich habe auch noch anderes gesehen, das ich nicht gesehen zu haben wünschte.« Nun sprach er mit ihr über das Geschehene, und nach vielen Ausreden gestand sie ihm in größter Angst, was sie von ihrem Verkehr mit Spinelloccio nicht gut leugnen konnte. Darauf begann sie ihn weinend um Vergebung zu bitten. Zeppa antwortete ihr: »Sieh, Weib, du hast ein Unrecht begangen, und wenn du willst, daß ich dir dieses Unrecht verzeihe, so habe acht, vollständig auszuführen, was ich dir gebieten werde. Dies aber besteht darin: ich will, daß du dem Spinelloccio sagen läßt, er solle morgen um die dritte Tagesstunde irgendeinen Vorwand finden, sich von mir loszumachen, und hierher zu dir kommen. Wenn er dann hier sein wird, werde ich zurückkommen, und sobald du mich

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