Das Dekameron
tat, ja daß er sich menschlich und wie ein Freund gegen ihn benahm, und deshalb versprach er sich selbst, mehr noch als zuvor Zeppas Freund sein zu wollen, wenn dieser es begehrte. Nachdem jener, solange er wollte, mit der Frau verweilt, stieg er von der Truhe herunter, und da die Frau den versprochenen Edelstein von ihm forderte, öffnete er die Kammer und ließ seine Frau kommen, welche weiter nichts sagte als: »Madonna, Ihr habt mir Gleiches mit Gleichem vergolten.« Und auch dies sagte sie lächelnd. »Nun«, sprach Zeppa zu ihr, »mach die Truhe auf.« Und so tat sie. Er aber zeigte jener darin ihren Spinelloccio.
Es läßt sich schwer entscheiden, wer von beiden sich mehr schämte, Spinelloccio, als er den Zeppa erblickte, von dem er wußte, daß ihm bekannt war, was er getan hatte, oder die Frau, als sie ihren Mann sah und nun erkannte, daß er gehört und gefühlt habe, was sie auf der Truhe getrieben.
Doch Zeppa sagte zu ihr: »Sieh, hier ist der Edelstein, den ich dir schenke.« Spinelloccio indes sprang aus der Truhe und sagte, ohne viel Umstände zu machen: »Zeppa, wir sind quitt, und darum ist es gut, daß wir, wie du vorhin zu meiner Frau gesagt hast, Freunde bleiben, wie wir waren; ja daß, wie bisher nichts unter uns geschieden war als die Frauen, wir auch diese fortan zwischen uns teilen.« Zeppa war damit einverstanden, und im besten Frieden von der Welt aßen sie alle viere zusammen. Von nun an aber hatte jede dieser beiden Frauen zwei Männer, und jeder Mann zwei Frauen, ohne daß deshalb jemals ein Streit oder Gezänk zwischen ihnen entstand.
Neunte Geschichte
Meister Simon, der Arzt, wird von Bruno und Buffalmacco, welche ihn in eine Gesellschaft, die kursieren geht, aufzunehmen versprochen, nachts an einen Ort geschickt, von Buffalmacco in eine Dunggrube gestoßen und darin gelassen.
Nachdem die Damen noch eine Zeitlang über die von den beiden Sienesern eingeführte Weibergemeinschaft geschwatzt hatten, begann die Königin, der allein noch zu erzählen übrigblieb, wenn sie das Vorrecht des Dioneo nicht schmälern wollte, folgendermaßen:
Allerdings, ihr liebevollen Mädchen, hatte Spinelloccio den Streich verdient, welchen Zeppa ihm spielte, und deshalb glaube ich nicht - wie Pampinea uns vor kurzem zeigen wollte -, daß derjenige bitter zu tadeln sei, welcher dem einen Possen spielt, der dies entweder selbst herbeiführt oder der es verdient. Spinelloccio verdiente es; ich aber beabsichtige, euch von einem ändern zu erzählen, der sich zu einem solchen Possen gleichsam einlud, und bin dabei der Meinung, daß die, welche ihm diesen Streich spielten, keineswegs zu tadeln, sondern zu loben sind. Der aber, dem dieser Streich gespielt wurde, war ein Arzt, der als ein Schafskopf von Bologna zurückkehrte, obgleich er mit edlem Pelzwerk von oben bis unten verbrämt war.
Wie wir's täglich erleben, kehren unsere Stadtkinder, der eine als Richter, der andere als Arzt, der dritte als Notarius von Bologna mit langen und faltigen Röcken heim, mit Scharlach und Pelzverbrämungen und mit allerhand anderm stattlichem Aufputz, und welche Erfolge dem entsprechen, sehen wir gleichfalls alle Tage. Unter diesen kam vor nicht langer Zeit ein gewisser Meister Simone da Villa, ein Mann, der an Erbgütern reicher war als an Wissenschaft, prächtig in Scharlach gekleidet und mit großem Mantelkragen und seiner Versicherung nach als Doktor der Medizin, zu uns wieder heim und nahm seine Wohnung in der Straße, welche wir heute die Via del Cocomero nennen.
Dieser Meister Simon nun, der, wie erzählt, eben erst in seine Vaterstadt zurückgekehrt war, hatte unter ändern merkwürdigen Gewohnheiten auch die, jeden, der bei ihm war, unablässig zu fragen, wer jeder einzelne Mensch sei, den er über die Straße gehen sah, wobei er - just als ob er aus den Handlungen der Menschen die Medikamente für seine Kranken zusammenzusetzen hätte - auf alles acht gab und sich alles genau merkte. Unter ändern, auf die er mit besonderer Aufmerksamkeit seine Augen geworfen hatte, befanden sich auch zwei Maler, von denen heute schon zweimal hier erzählt worden ist, Bruno und Buffalmacco, die in stetem Verkehr miteinander lebten und seine Nachbarn waren. Es schien ihm, daß diese beiden sich weniger Sorgen machten und fröhlicher lebten als irgendjemand auf der Welt - wie sie es denn auch wirklich taten -, und er erkundigte sich daher bei mehreren anderen nach ihren Verhältnissen. Da er nun von allen
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