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Das Dekameron

Das Dekameron

Titel: Das Dekameron Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Giovanni Boccacio
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Spiel. Dann konnte nach dem Willen der Königin zur Ruhe gehen, wer da wollte. Als jedoch die gewohnte Stunde gekommen war, versammelten sich alle wieder an der bekannten Stelle zum Erzählen. Hier blickte die Königin Filomena an und gebot ihr, mit den Erzählungen dieses Tages zu beginnen. Diese aber fing lächelnd also an:
     

Erste Geschichte
     
     
    Madonna Francesca wird von Rinuccio und von Alessandro geliebt. Da sie keinen von beiden wiederliebt, schafft sie sich beide klüglich vom Halse, indem sie dem einen aufträgt, als Toter in ein Grab zu steigen, dem ändern aber, jenen als einen Toten daraus hervorzuholen, was beide nicht zustande bringen.
     
    Madonna, es ist mir willkommen, daß ich, weil Ihr es so befehlt, auf diesem offenen und unbeschränkten Felde, welches Eure Großmut uns eingeräumt hat, mit dem Erzählen den Anfang machen und als erste die Bahn durchlaufen soll. Gelingt mir dies wohl, so zweifle ich nicht, daß meine Nachfolger es ebenfalls gut oder noch besser vollbringen werden.
    Schon oft, reizende Mädchen, ist uns in unseren Geschichten gezeigt worden, wie groß und von welcher Art die Macht der Liebe ist. Doch ich glaube darum nicht, daß dieser Gegenstand erschöpft sei oder es jemals werden könnte, selbst wenn wir von heute an bis übers Jahr von nichts andrem sprächen. Und weil die Macht der Liebe die Liebenden nicht allein häufig in mannigfache Lebensgefahr führt, sondern sie sogar zwingt, als Tote in die Gräber der Toten hinabzusteigen, so gefällt es mir, euch zu den anderen Geschichten, die schon erzählt worden sind, noch eine zu erzählen, aus welcher ihr nicht allein die Gewalt der Liebe, sondern auch die List kennenlernen könnt, welche eine wackere Frau anwandte, um zwei Liebhaber loszuwerden, die sie gegen ihren Willen mit ihrer Liebe verfolgten.
    Ich sage also, daß in der Stadt Pistoja einst eine sehr schöne Witwe lebte, die von zwei Florentinern, die dort in der Verbannung lebten, heftig geliebt wurde, und von denen der eine Rinuccio Palermini, der andere Alessandro Chiarmontesi hieß. Beide von ihrem Reiz gefesselt, und ohne daß einer vom ändern etwas wußte, boten sie vorsichtig alles auf, was ein jeder vermochte, um die Gegenliebe der Witwe zu gewinnen. Die edle Dame, deren Name Francesca de' Lazzari war, wurde häufig durch Botschaften und Anträge dieser beiden belästigt. Nachdem sie anfangs denselben unbedachterweise zuweilen ein Ohr geliehen hatte, wollte sie sich jetzt zwar klüglich zurückziehen, wußte aber nicht recht wie. Da kam ihr endlich ein Gedanke, wie sie sich dieser Last entledigen könne: wenn sie nämlich von jedem einen Dienst verlangte, der zwar nicht unmöglich war, dessen Ausführung sie jedoch keinem von beiden zutraute. Vollbrächten sie ihn dann nicht, so meinte sie einen anständigen Vorwand zu haben, um ihre Anträge künftig nicht mehr anzuhören.
    Ihr Plan aber war folgender: Es war an dem Tag, an dem ihr dieser Gedanke kam, zu Pistoja ein Mann gestorben, der, obschon seine Vorfahren adelige Leute gewesen waren, doch für einen der schlechtesten Menschen nicht nur dieser Stadt, sondern der ganzen Welt gehalten wurde. Überdies aber war er zu seinen Lebzeiten so mißgestaltet und von so abschreckendem Aussehen gewesen, daß jeder, der ihn nicht gekannt und ihn zum ersten Male gesehen, sich vor ihm gefürchtet hätte. Jener Mensch war in einem Grabmal vor der Kirche der Minoriten beigesetzt worden, und dieser Umstand fügte sich gut zu ihrem Plan. Deshalb sprach sie zu einer ihrer Mägde: »Du kennst die Belästigungen, denen ich täglich durch die Anträge dieser beiden Florentiner Rinuccio und Alessandro ausgesetzt bin. Nun bin ich nicht gesonnen, ihnen meine Liebe zu schenken, und um sie mir endlich vom Halse zu schaffen, habe ich beschlossen, sie wegen ihrer großartigen Beteuerungen in einer Sache auf die Probe zu stellen, die sie meiner Ansicht nach nicht vollbringen werden, und dann werde ich diese Last glücklich los. Höre nun aber, wie. Du weißt, daß erst heute morgen auf dem Kirchhof der Minoriten der Scannadio« - so wurde jener schlechte Mensch genannt, von dem wir oben berichtet haben - »beigesetzt worden ist, vor dem die mutigsten Männer dieses Ortes schon Furcht hatten, solange er noch am Leben war, geschweige denn jetzt, da er tot ist. Nun sollst du heimlich erst zu Alessandro gehen und zu ihm sagen: >Madonna Francesca schickt mich, um dir zu melden, daß jetzt endlich die Stunde gekommen ist, wo du ihre

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