Das Dekameron
und Frauen mit vielen schönen und kostbaren Geräten auf einem gut bewaffneten und ausgerüsteten Fahrzeuge ein, damit sie unter Gottes Schutz zu ihrem Bräutigam reise. Die Schiffer hißten die Segel, sobald das Wetter ihnen günstig schien, verließen den Hafen von Alexandrien und hatten mehrere Tage lang eine glückliche Fahrt. Als indes Sardinien schon hinter ihnen lag und sie dem Ziel ihrer Reise nahe zu sein glaubten, erhoben sich eines Tages widrige Winde, von denen ein jeder so übermäßig ungestüm war, daß das Schiff, auf dem sich die junge Fürstin mit den Matrosen befand, wild umhergeworfen und von den letzteren mehrmals aufgegeben wurde. Da diese jedoch in der Schiffahrt große Geschicklichkeit besaßen und alle Kraft und Kunst aufboten, gelang es ihnen im Kampf mit dem tobenden Meer, das Schiff zwei Tage lang zu erhalten.
Als indes bei Anbruch der dritten Nacht seit Beginn des Sturmes dieser nicht etwa nachließ, sondern immer stärker ward, wußten die Schiffer nicht mehr, wo sie sich befanden, konnten auch, weil der Himmel von dichten Wolken bedeckt und wie von dunkler Nacht verfinstert war, weder nach den Regeln der Schiffahrt noch durch Beobachtungen ihre Lage bestimmen. Darüber wurden sie, in der Nähe von Majorca, gewahr, daß ihr Schiff auseinanderzugehen begann. In dieser Lage, die jede Möglichkeit der Rettung ausschloß, dachte ein jeder an sich selbst und nicht an den ändern. So sprangen die Schiffseigner in das Boot, das sie schnell aufs Meer hinabgelassen hatten, denn sie waren entschlossen, sich lieber diesem als dem auseinanderbrechenden Schiff anzuvertrauen. Ungestüm folgten ihnen die übrigen Männer nach, die im Schiff waren, obgleich die zuerst Eingestiegenen sie mit den Messern in der Hand daran hindern wollten. Während sie aber wähnten, nur so dem Tode entgehen zu können, wurden sie um so schneller seine Beute; denn weil bei dem widrigen Wetter das Boot nicht so viele Menschen tragen konnte, ging es unter, und alle, die in ihm gewesen waren, kamen um.
Inzwischen wurde das Schiff, auf dem niemand außer der Dame und ihren Frauen geblieben war, die von der Wut des Sturms und der eigenen Furcht betäubt wie Tote darauf umherlagen, von dem ungestümen Wind getrieben und in schneller Fahrt an die Küste der Insel Majorca verschlagen. Das geschah mit einem so gewaltigen Stoß, daß das Schiff etwa einen Steinwurf vom Ufer entfernt im Sand steckenblieb und, wie sehr auch die Nacht über die Fluten es umtobten, sich nicht mehr von der Stelle rühren konnte. Als endlich der helle Tag angebrochen war und der Sturm ein wenig nachgelassen hatte, hob die junge Dame, die sich dem Tode nahe fühlte, den Kopf und rief, so schwach wie sie war, bald nach dem einen, bald nach dem ändern von ihrer Dienerschaft. Doch sie rief vergebens, denn die Gerufenen waren allzu fern, um ihre Stimme zu hören. Als sie auf ihre Rufe keine Antwort erhielt und keinen der Ihrigen erblickte, erschrak sie gewaltig und wurde von großer Furcht überfallen. Doch richtete sie sich so weit auf, wie es ihre Kräfte zuließen, und sah die Frauen ihrer Begleitung und die übrigen Weiber alle am Boden liegen. Nach langem, vergeblichem Ansprechen rüttelte sie die eine nach der ändern, fand aber nur wenige unter ihnen noch am Leben, denn die meisten waren vor Magenbeschwerden und Angst bereits gestorben. Dieser Anblick erschreckte die Dame nur noch mehr. Da sie sich jedoch so ganz allein sah und weder wußte noch erraten konnte, wo sie sei, ermunterte sie, guten Rats bedürftig, die am Leben Gebliebenen so lange, bis sie sich aufrichteten. Als aber auch diese ihr nicht zu sagen wußten, wo die Männer hingeraten waren, und als sie entdeckte, daß das Schiff auf den Strand gelaufen und voll Wasser war, fing sie zusammen mit ihnen bitterlich zu weinen an.
Und schon war die dritte Nachmittagsstunde vorüber, ohne daß sie am Ufer oder sonst in der Nähe jemand gewahr geworden wären, dessen Mitleid und Beistand sie hätten anrufen können.
Um jene Stunde aber kam ein Edelmann mit Namen Pericone von Visalgo auf dem Rückweg von einer seiner Besitzungen mit mehreren seiner Leute zu Pferde zufällig dort vorüber. Sobald dieser das Schiff erblickte, erriet er sogleich, was geschehen war, und befahl einem seiner Diener, daß er so schnell wie möglich das Wrack besteigen solle, um ihm dann zu berichten, wie es sich damit verhalte. Es gelang dem Diener, aller Schwierigkeiten unerachtet, dem Befehle seines Herrn
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