Das Deutsche als Männersprache
Ordnung. (Daniel Doppler in Die Zeit, zitiert nach Baumann und Fink 1979: 26)
Alles klar, welches Geschlecht mit wer gemeint ist? Schließlich ist es ja auch nicht umsonst ein Maskulinum.
Daß das nicht immer so bleiben muß, zeigen viele mündliche Belege.
Wer ihre Hausaufgaben nicht macht, die muß eben zusehen, wie sie die Arbeit schafft, (mündlich)
Wer etwas gutfindet, was sie liest, weil sie sich damit identifizieren kann, sagt letzten Endes, daß sie sich gutfindet. (Courage 81.11.40)
Auch das Fragepronomen wer wird von Frauen feminisiert:
Wer von euch hat denn ihr Kind selbst gestillt? (mündlich)
Wer ist das, die da vorne mit der Eva redet? (mündlich)
Manche Frauen sind so klangsensibel, daß sie aus dem wer ein wie machen. Aus der Sequenz wer – er - der wird so ein wie — sie — die:
Wie glaubt, sie sei mit wer gemeint, die irrt sich aber! (mündlich)
Wie sagt, die Männerwelt sei schlecht, die hat wohl nur so ziemlich recht, (mündlich, frei nach Wilhelm Busch)
Aber es sind nicht nur die Frauen, die die Sprache des Patriarchats korrekturbedürftig finden. Eva Maria Epple von der Courage schickte mir folgenden Bericht:
Friedel war vor einem Jahr 5. Zu meinem Geburtstag hatte ich ein Kästchen mit Pralinen bekommen. Er fragte mich, von wem, und ich »antwortete«, um den Zeitpunkt der Gefräßigkeit noch etwas hinauszuschieben, »von wem wohl ?« Er tippte nacheinander auf seinen Vater, auf meinen Vater, auf einen entfernten Bekannten, der vor längerer Zeit mal Babysitter bei ihm gewesen war, dann fiel ihm niemand mehr ein, so daß ich es ihm verraten mußte. Es war Erika. — Friedel fiel aus allen Wolken .« >Von wer wohl ?< hättest du mich dann fragen müssen.« (Brief vom 15. 4. 83)
4.2.5 jede, eine, keine
Am 25. Februar 1982 brachte Radio Bremen eine Fernsehsendung über Erika Pluhar, die mit ihrer Tochter Anna zusammenlebt. Die Interviewerin fragte die beiden Frauen: »Und wie lebt ihr heut so zusammen, ihr beiden ?« Antwort von Anna: »Jeder für sich.« Frage der Interviewerin: »Jeder für sich, aber trotzdem miteinander?«
Zwei Frauen — jeder für sich?? Eindeutig Sprachunsinn, aber immer noch weit verbreitet. Und erklärlich, haben doch alle deutschsprechenden Frauen von Kindheit an gelernt, Maskulina ständig auf sich selbst und andere Frauen und Mädchen anzuwenden — bis hin zu solchen Fällen, wo es eigentlich gar nicht »nötig« wäre, da Feminina ja vorhanden sind: jede/jeder; keine/keiner; eine/einer; die/der andere. Auf dem Rückumschlag der deutschen Ausgabe von Nancy Fridays My Mother My Self (Wie meine Mutter) 38 ist zu lesen, daß »Mutter und Tochter das Faktum der Sexualität jeweils beim anderen offenbar nur schwer akzeptieren können«. Und in dem Faltblättchen, das jeder Packung o.b.-Tampons beiliegt, stand bis vor kurzem: »Die Menstruation ist bei jedem ein bißchen anders .« Die Firma ist inzwischen meiner Bitte um Korrektur gefolgt; seitdem heißt es: »Die Menstruation ist bei jeder Frau ein bißchen anders .«
Hier wird/wurde offensichtlich ein patriarchalisches Übersoll erfüllt. Der Duden erwartet das Maskulinum schließlich nur für gemischtgeschlechtliche Gruppen und weiß zugleich von früheren, gerechteren Zeiten zu berichten, die für Gemischtgeschlechtliches das Neutrum verwendeten:
Die neutralen Singularformen vieler Pronomen können sich auf Substantive gleich welchen Genus und welcher Zahl beziehen […].
Fundevogel und Lenchen hatten einander so lieb, daß, wenn eins das andere nicht sah, es traurig war (Grimm).
Bei Nennung zweier Personen mit verschiedenem Geschlecht kann auch die maskuline Form des Pronomens stehen. Sie ist heute üblich: Der Vater und die Mutter waren einverstanden, Zeder wollte mitfahren. ( Duden -Grammatik 3 1973: 617)
Über rein weibliche und rein männliche Gruppen wird nichts gesagt. Sicher handeln wir Frauen ganz im Sinne der Duden- Grammatik, wenn wir dem einleitend vorgeführten Sprach-Unsinn Einhalt gebieten:
Wie kommt eine zum Zeichnen? ( Emma 80.12.4)
Wenn eine eine Reise tut... ( Emma 79.5.4)
Was ist, wenn sich keine zu mir setzt? (Kontext: Müttergenesungswerk) ( Emma 80.12.39)
Jede möchte ihre Gewohnheiten festhalten. (Gemeint sind Kate Millett und Sita, in einer Rezension über Milletts Sita ( Schreiben 3, Mai 1978))
Ich finde Euch keineswegs zu abgehoben... Schließlich kann es nicht jeder recht gemacht werden... (Leserin an Emma- Redaktion) ( Emma 80.12.63)
Jede
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