Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das Deutsche als Männersprache

Das Deutsche als Männersprache

Titel: Das Deutsche als Männersprache Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Luise F. Pusch
Vom Netzwerk:
von uns zahlt Steuern an den Bund ( Courage 81.10.4)

    Wie jemand oft durch eine(r) ersetzbar ist, so kann das Maskulinum niemand durch keine(r) ersetzt werden (s. o.). Vor fünf Jahren (1978), als die Diskussion über feministische Linguistik an den Universitäten gerade in Gang kam, berichtete mir allerdings ein sprachsensibler holländischer Gaststudent, er benutze für gemischtgeschlechtliche Gruppen lieber niemand als keiner (»Es ist niemand da«), weil keiner doch »so sehr männlich« klinge, mehr As niemand. Ankeine als Alternative (geschlechtsneutrales Femininum) dachte damals eben noch keine (oder keins).

4.3 Aus »Kollegen« werden »Kolleginnen und Kollegen« — Das Splitting

    Bevor wir Frauen das umfassende, geschlechtsneutrale Femininum einführten und damit Männer sozusagen »verschwesterten«, haben wir es lange im Guten versucht und für das Splitting à la Schülerinnen und Schüler plädiert. Obwohl mann uns immer wieder versichert hatte, wir seien doch selbstverständlich mitgemeint, wenn er von den Autoren, Schriftstellern, Römern, Touristen usw. redete, war mann es immer wieder selbst, der uns ernüchterte:

    Denkt der Normalbürger an Szene, dann an jene, die ihm seine Frau macht, kommt er des Abends spät nach Haus, oder des Morgens früh, was noch schlimmer ist. (Anzeige »Tun Sie sich doch mal in der Berliner Szene um« des Verkehrsamtes Berlin. Stern 83.9.53)

    Der Bilderbuchkandidat ist für viele Großfirmen schon heute der 19jährige Gymnasialabgänger mit Abiturnote 1,8 (zu klug ist verdächtig), vom Wehrdienst freigestellt und aus einem Beamtenhaushalt. (Das mt-journal, 29. 1. 83)

    Kann ein Mensch wirklich acht Stunden am Tag liebevolle Zuwendung geben? Darf sich ein Familientherapeut scheiden lassen? Wie fühlt sich ein Helfer, der am Abend von seiner Ehefrau dieselben Klagen hört wie von seinen deprimierten Patientinnen tagsüber? (Rowohlt- Anzeige zu Schmidbauer: Helfen als Beruf, 1983)

    Wir alle können nur leben, indem wir ständig Gedanken und Gefühle verleugnen.... Sicherlich weiß der Autofahrer, daß er in den nächsten Sekunden in einem Gewirr aus verbogenem Blech und splitterndem Glas unter gräßlichen Schmerzen sterben kann. Aber er verleugnet dieses Wissen. Gelingt es ihm nicht,... dann sagen wir...: Dieser Mann leidet an einer Phobie... (Wolfgang Schmidbauer in Natur 82.3.60)

    »Nur« Schriftsteller! »Nur« Menschen, die den Politikern... so mißliebig sind, weil sie ihnen das eine voraushaben: die Kraft der Imagination... Jawohl, die Phantasie ist es, die den in militärischen Kategorien eingesponnenen Un-Denkern verhaßt ist. ...Phantasie heißt: sich selbst, seine Eltern, seine Frau, die Kinder und Freunde in der Sekunde zu sehen, wo die Waffen... zerplatzen. (Walter Jens im Stern 1981.42.187)

    Der Römer à la Hollywood... läuft, lüstern blickend, den intriganten Weibern hinterher. (Spiegel 80.51.192)

    Ein Weiser sollte seine Frau verständig lieben. (Seneca, zitiert nach Beuys 1980: 82)

    (Willy Brandt) hatte überlegt, wen er... als neuen Regierenden anbieten könne. Seine Idealfigur: Eine Persönlichkeit, die... Außerdem müsse der neue Mann... (Spiegel 81.4.19)

    Frauen haben sie (die Mongolen) eine oder mehrere. (Chronisten der engl. Benediktinerklöster Burton und St. Albans. Zitiert nach Borst 1980: 19)

    (Hervorhebungen von mir.)

    Angesichts solcher Sprüche, deren Anzahl sich hier beliebig vergrößern ließe, ist es verständlich, daß wir unsere Konsequenzen ziehen und auf Splitting bestehen.
    Abgesehen davon, daß wir es ablehnen, in alle Ewigkeit »verbrüdert« zu werden, fühlen wir uns mehr und mehr nur dann wirklich gemeint und angesprochen, wenn wir explizit genannt werden, d. h. wenn ein Femininum gebraucht wird.
    Sogar »der Gesetzgeber« hat inzwischen auf die Sprachkritik der Frauenbewegung reagiert und folgendes Gesetz erlassen:

    Der Arbeitgeber (sic) soll einen Arbeitsplatz weder öffentlich noch innerhalb eines Betriebes nur für Männer oder nur für Frauen ausschreiben. (§ 611 b BGB)

    Die Auswirkungen dieses Gesetzes auf die sprachliche Gestaltung der Stellenausschreibungen sind geradezu dramatisch zu nennen. Splitting, wohin frau blickt. Betrachten wir die Seite 36 der Zeit Nr. 8 vom 19.2.1982. Es finden sich folgende Fälle von Splitting:

    des/der Amtsarztes/Amtsärztin
    des/der Leiters/Leiterin des Gesundheitsamtes
    stellv. Amtsarztes/stellv. Amtsärztin
    Referenten/in für Hochschulpolitik
    eine/n jüngere/n

Weitere Kostenlose Bücher