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Das Deutsche als Männersprache

Das Deutsche als Männersprache

Titel: Das Deutsche als Männersprache Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Luise F. Pusch
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die es vorher nicht gab, jedenfalls nicht in deutschen Wörterbüchern. Und weil wir uns für sie interessieren und über sie sprechen wollen, bilden wir, frei und nach (ständig wachsendem!) Bedarf, die notwendigen Bezeichnungen. Uns interessieren nicht so sehr die Vorstände allgemein, sondern die (paar) Frauen in diesen Vorständen, die Vorstands/ra«era also. Nicht so sehr die Parteien allgemein, sondern die Partei frauen. Nicht so sehr die Kirche allgemein, sondern die Kirchen frauen. Und so weiter, überall.
    Ein weiterer Grund für das sprunghafte Ansteigen der Komposita mit - frau: Gerade in den letzten Jahren sind innerhalb der Frauenbewegung zahllose nur von Frauen für Frauen betriebene Projekte entstanden: Frauenzentren, Frauenzeitungen, Frauenbuchläden, Frauenferienhäuser, Häuser für geschlagene Frauen, Frauen-Not-rufe, Frauen-Mitfahrzentralen, Frauen-Reisebüros, Frauenkneipen, Frauencafes usw. Für die in diesen Projekten tätigen Frauen mußten neue Bezeichnungen geschaffen werden, und so gibt es jetzt die Emma- Frauen, die Courage- Frauen, die FFGZ-Frauen, die Zentrumsfrauen, die Notruffrauen. In den Frauenkneipen arbeiten Tresenfrauen und Küchenfrauen (ein altes Wort mit erneuerter Bedeutung), und unter den Gastfrauen gibt es Problemfrauen, die für die Kollektivfrauen bzw. Kneipenfrauen eben problematisch sind (die letzten sechs - frau- Belege aus Emma 81.2.12). Bei öffentlichen Aktionen können die Planungsfrauen und die Aktionsfrauen auf die Handzettelfrauen nicht verzichten. Und bei Emma oder Courage gibt es die Redaktionsfrauen, die Vertriebsfrauen, die Abo-Frauen und die Layoutfrauen und so weiter ad libitum, ohne Ende. Redaktionsfrauen sind auch etwas spezifisch anderes als Redakteurinnen, deren Arbeitsgebiet und — ablauf den männlichen Normen des Redakteur-Berufs (sic) entspricht. Redaktionsfrauen machen so ziemlich alles, was in der Redaktion an Arbeit anfällt, vom Kaffeekochen über die »eigentliche« Redaktionsarbeit bis zum Saubermachen.
    Einmal vorhanden, greift die frau- Bewegung munter um sich. Umständliche Ausdrücke wie berufstätige Frau werden zu Berufsfrau vereinfacht:

    Eine Textileinkäuferin, sichere, selbständige Berufsfrau, wird nach ihrem Männerideal befragt. ( Courage 77.4.21)

    Unschöne (weil unweibliche) Neutra können mit Hilfe von — frau veredelt werden: Mitglieder werden zu Mitgliederfrauen (Emma 79 - 5 - 55 ) ~ anscheinend von solchen Frauen bevorzugt, die sich mit dem Wort Mitgliederinnen noch immer nicht so recht anfreundin-nen können (ich gehöre auch zu diesen). 39 Auch für solche, die Gästin (noch) nicht mögen, ist Gastfrau eine willkommene Alternative (s.o.). Merke aber: Nur bei Neubildungen auf - in /nen ist Variation mit - frau problemlos (Typ Gästin: Gastfrau - Mitgliederinnen: Mitgliederfrauen). Sonst Gefahr der Verwechslung mit abzuschaffendem Wortgut bzw. -schlecht: Ärztin — gut! Arztfrau gehört eingemottet, solange der Ärztinmann noch nicht in Sicht!
    Schon längst hat die frau -Bewegung auch die Männerpresse erreicht. Die von Carstensen verzeichnet e Armeefrau ist bei weitem nicht die einzige Anwendung des Prinzips — frau. Einer meiner neueren Funde ist die Rätselfrau (die übrigens einer Feministin wohl nicht so schnell eingefallen wäre):

    Der Ufa-Star Sibylle Schmitz, im Goebbels-Deutschland als... rothaarige Rätselfrau gehandelt, fängt in den fünfziger Jahren an zu trinken... (Spiegel 82.8.199)

    Ähnlich wie das Pronomen frau das Pronomen mann nach sich zog, so entstehen jetzt als Pendants zu den — /n?»-Komposita neue — Witww-Komposita:

    Medienfrauen ehren Medienmänner. ( Emma 81.1.20)

    Nun ist zwar sicherlich nicht jeder »Spiegel«-Mann ein Sokrates... ( Emma 78.11.26)

    Womit wir bei dem Heer der alten mann -Komposita angekommen sind. Ein beträchtlicher Teil der neuen frau -Komposita, wenn auch bei weitem nicht der größte, ist analog zu diesen mann -Komposita gebildet, nach der Devise: Wir wollen nicht mehr mit einem Maskulinum bezeichnet werden, schon gar nicht mit Mann ! Hilflosen männlichen Sprachforscherinnen wie Henzen, der noch im Jahre 1965 fragen konnte —

    Aber wie kennzeichnen wir einen weiblichen Kaufmann oder Obmann?... Vielleicht Kaufmännin, Obmännin? (Henzen 1965: 117)

    - haben die Frauen inzwischen tatkräftig den rechten Weg gewiesen: Den »weiblichen Kaufmann» kennzeichnen wir — ganz einfach! — mit Kauffrau. Unbegreiflich heute, daß das noch vor 18 Jahren so undenkbar

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