Das Deutsche als Männersprache
schien, daß allen Ernstes Kaufmännin in Erwägung gezogen wurde. Weitere weibliche mann- Pendants, die noch vor kurzem fremdartig wirkten und heute zum sprachlichen Allgemeingut zählen: Geschäftsfrau, Fachfrau, Vertrauensfrau, Kamerafrau. Hingegen ist die Staatsfrau mir noch nicht offiziell begegnet, trotz Margaret Thatcher, Indira Gandhi, Golda Meir und anderen. 40 Ich selbst benutze das Wort allerdings gern und relativ häufig. Die Bergfrau fehlt meines Wissens auch noch — vielleicht weil uns das Herumwühlen in Mutter Erde nicht so zusagt? Obfrau und Amtfrau wollen anscheinend auch noch nicht so recht raus, wohingegen die Ombudsfrau, im Zusammenhang mit der öffentlichen Diskussion um ein Antidiskriminierungsgesetz, uns schon ziemlich geläufig ist ( Emma 82.2.9).
»Mein Bruder ist Jungfrau, ich bin Wassermann«, sagte neulich eine. Darauf die andere, milde: »Ich bin auch Wasserfrau !« — Richtig, soll der jungfräuliche Bruder sein Sprachproblem alleine lösen, aber: Eine Wasserfrau ist kein Wassermann!
Und all die Biedermänner, Saubermänner, Ehrenmänner, Dunkelmänner, Buhmänner, Hinter-, Vorder- und Nebenmänner, Weihnachtsmänner, Schneemänner, Hampelmänner, Blaumänner, Henkelmänner, Flachmänner, Walkmänner, Ballermänner, Strichmännchen, Mainzeimännchen und Marsmännchen kommen sicher durch die rastlos kreative frau -Bewegung auch noch zu einer besseren Hälfte:
nicht die ersten, die sich Alice Schwarzer... zur Buhfrau ausgesucht haben... ( Courage 79.9.58)
Hampelfrau zum Ausschneiden ( Emma 78.11.63)
4.4.2 Eine Studentin ist kein Student, auch kein weiblicher
In meiner Heimatstadt gab es, als ich noch zur Schule ging, ein »Gymnasium« und ein »Mädchengymnasium«.
Bei Tanzveranstaltungen gibt es manchmal auch »Damenwahl«.
Neben »Rasierapparaten« werden auch »Damen-Rasierapparate« angeboten.
1908 erlaubten die Männer den Frauen das Studium. Seitdem gibt es neben den »Studenten« auch »weibliche Studenten«, neben den »Ärzten, Rechtsanwälten, Wissenschaftlern, Akademikern, Professoren« auch »weibliche Ärzte, Rechtsanwälte, Wissenschaftler, Akademiker«, ganz ganz selten auch mal einen »weiblichen Professor«.
1918 bekamen die Frauen in Deutschland das Wahlrecht. Seitdem gibt es neben den »Wählern« auch »weibliche Wähler«, neben den »Parlamentariern, Politikern, Staatssekretären und Ministern« auch »weibliche Parlamentarier, Politiker, Staatssekretäre«, ganz ganz selten auch mal einen »weiblichen Minister«. Einen weiblichen Bundeskanzler oder Bundespräsidenten? Nicht doch!
In den siebziger Jahren erlaubten die Männer der evangelischen Kirche Deutschlands den Frauen, das Pfarramt auszuüben. Seitdem gibt es neben den »Pastoren/Pfarrern« auch »weibliche Pastoren/Pfarrer« — aber »weibliche Bischöfe« noch nicht.
Wir sehen: Das Neue, Ungewöhnliche, nicht der Norm Entsprechende wird jeweils sprachlich gekennzeichnet. Die Norm — Gymnasium: nur für Jungen; Studenten, Pastoren usw.: Männerbedurfte und bedarf keiner solchen Hervorhebung, im Fall des fehlenden Pendants zur »Damenwahl« anscheinend noch nicht mal eines Namens.
Nicht immer ist das Männliche die Norm. Parfüm für Herren z.B. ist eher die Ausnahme, daher gibt es neben den »Parfüms« noch die »Herrenparfüms«. Ob uns Frauen die ausgleichende Gerechtigkeit auf dem Kosmetiksektor aber auf die Dauer dafür entschädigen kann, daß wir sonst überall als Ausnahme, weil weiblich, eine sprachliche Sonderbehandlung erfahren?
»Weibliche Arbeiter, Köche und Lehrer« sind gegenüber den »Arbeiterinnen, Köchinnen und Lehrerinnen« eher eine Seltenheit, denn: Für Männer in der Fabrik arbeiten und kochen dürfen Frauen schon etwas länger, und der Beruf der Lehrerin war bis zum Anfang dieses Jahrhunderts der einzige »höhere« Beruf, den Frauen ausüben durften.
Seit einiger Zeit werden auch Männer im Haushalt und in den pflegenden Berufen tätig. Seither gibt es — nicht etwa »männliche Hausfrauen, Krankenschwestern und Hebammen«, sondern »Hausmänner«, »Krankenpfleger« und »Geburtshelfer«. Dem unerbittlichen Gesetz »weiblich gleich zweitrangig« sind die Männer mit bewundernswerter Schlauheit ausgewichen.
Männliche Linguistinnen werden nicht müde, den Frauen einzureden, die bisher aufgeführten Maskulina und zahllose andere maskuline Personen- und Berufsbezeichnungen seien auch »geschlechtsneutral«, »unmarkiert« verwendbar. Das stimmt. In Ausdrücken
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