Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das Diamantenmädchen (German Edition)

Das Diamantenmädchen (German Edition)

Titel: Das Diamantenmädchen (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ewald Arenz
Vom Netzwerk:
schwarze Mappen lagen, und entnahm ein Blatt.
    »Hier«, sagte er und reichte es Lilli, »mein Großvater fand das so bemerkenswert, dass er eine Zeichnung davon gemacht hat.«
    Lilli sah sich die Skizze an, die der alte van der Laan wohl eilig mit Kohle hingeworfen hatte. Da stand der riesige Tresor ganz verloren in der viereckigen Grube, aus der später das Haus der Familie wachsen sollte. Im Hintergrund konnte man das Wohnhaus ihrer Eltern sehen, das älter war.
    »Sieh mal«, sagte Lilli und tippte auf das Blatt, auf dem einige eben gepflanzte Schösslinge angedeutet waren, »das hier wird die Kastanie, auf der ihr später das Baumhaus gebaut habt. Weißt du noch?«
    Paul warf einen Blick auf das Blatt, und dann schaute er Lilli an. Er lächelte ein wenig schief bei der Erinnerung.
    »Ich weiß alles noch«, sagte er leise. Lilli sah ihn kurz an, aber da nahm er sie schon bei der Hand, zog sie zur Werkbank und sagte leicht:
    »Aber deswegen bist du ja nicht gekommen. Das Fräulein von der B.I. wollte ja eine Diamantenschleifwerkstatt in Betrieb sehen. Soll ich dir erklären oder willst du lieber fragen?«
    Lilli setzte ein offizielles Gesicht auf, nahm ihren Block heraus und sagte mit gespielter Geschäftigkeit: »Ich stelle Ihnen zu gegebener Zeit schon die entsprechenden Fragen.«
    Paul musste lachen. Lilli deutete auf die Maschine, von der das metallische Singen kam.
    »Was ist das? Eine Säge?«
    Paul nickte. Er bedeutete ihr, näher zu kommen. Lilli beugte sich vor. Einer der Rohdiamanten war an einem Holzstock befestigt, der wiederum schräg in eine Art Schraubstock gespannt war. Eine starke Feder drückte den Stock mitsamt dem Stein gegen ein Sägeblatt, das sich ziemlich schnell drehte und von dem das feine Singen kam.
    »Schade«, sagte Lilli, als sie sich wieder aufrichtete, »irgendwie hatte ich mir vorgestellt, dass es in einer Diamantenschleiferei überall funkelt und glitzert. Von dem Schleifstaub der Diamanten in der Luft.«
    Jetzt musste Paul laut lachen.
    »Das ist hübsch! Und wie romantisch … Lilli, der Staub ist viel zu wertvoll, um ihn in die Luft zu blasen. Diamanten kann man nur mit Diamanten schleifen oder sägen. Man braucht den Staub.«
    Lilli sah ihn fragend an. Paul deutete noch einmal auf die Sägemaschine.
    »Sieh mal. Das Sägeblatt ist aus Phosphorbronze. Das gibt es erst seit ein paar Jahren. Es ist unglaublich dünn. Schau mal von oben drauf.«
    Lilli hob sich auf die Zehenspitzen und sah auf das Blatt. Es war in der Tat so dünn wie ein Haar; kaum ein Strich.
    »Und damit kannst du Diamanten schneiden?«
    »Nein«, sagte Paul, »damit nicht.«
    Er berührte mit dem kleinen Finger ganz sacht die laufende, singende Scheibe und zeigte ihr den schwarzen Ölfilm, den er abgestreift hatte.
    »Hiermit«, sagte er, »das Blatt läuft durch ein Ölbad, in dem sich der Diamantenstaub sammelt. So sägt sich der Diamant mit seinem eigenen Staub durch. Anders geht es nicht.«
    Lilli sah sich den Diamanten, der auf den Stock gekittet war, noch einmal genau an. Sie konnte keine Veränderung in der Tiefe erkennen.
    »Und wie lang dauert das?«, fragte sie.
    Paul stupste ihr den kleinen Finger auf die Nase.
    »Jetzt hast du eine Diamantennase«, sagte er vergnügt und fuhr fort: »Als Diamantenschleifer musst du Geduld haben. Wirklich Geduld. Man muss auf etwas warten können«. Er wurde ernster und sah Lilli kurz in die Augen. »Früher hat das Sägen eines so großen Diamanten viele Monate gedauert. Heute nur noch ein oder zwei Wochen.«
    »Monate!«, rief Lilli ungläubig.
    »Und das Schleifen noch länger«, sagte Paul. »Ein Diamant wie der Blue Hope … erinnerst du dich? Der hat ein Jahr gebraucht, bis er fertig war.«
    Lilli hatte unwillkürlich nach dem Ring gefasst, den Paul ihr damals geschenkt hatte. Paul sah die Bewegung und lächelte für einen Moment ein wenig wehmütig, aber er sagte nichts. Lilli trat einen Schritt zur Seite, wo auf einem anderen Holzstück, das in einen Schraubstock gespannt war, ein weiterer Diamant aufgeleimt war. Es handelte sich um einen der größten, die von Schubert Paul gegeben hatte. Ein Holzhammer lag daneben und ein grobes Messer.
    »Und hier?«, fragte sie neugierig. »Was machst du hier?«
    Paul trat neben sie und ging dann plötzlich in die Knie, um mit dem Diamanten auf Augenhöhe zu sein. Die Stelle war jetzt schon von der Sonne beschienen, und Lilli konnte sehen, dass der noch völlig unbearbeitete Stein ganz leicht gelb aufleuchtete.
    »Das

Weitere Kostenlose Bücher