Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das Doppelbett

Das Doppelbett

Titel: Das Doppelbett Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unknown
Vom Netzwerk:
Smith mit seinen Auslegungen und Merkwürdigkeiten. Am Tag vorher kam er noch zum Essen und sagte:
    »Wenn du wissen willst, wer du bist, Stefan, mußt du auf das achten, was dir passiert. Das ist kein Zufall. Die Ereignisse erzählen über dich. Sie beschreiben deinen Charakter.«
    »Dafür kann man wohl auch nichts«, sagte Helena.
    »Deine Mutter wurde in London vom Bus überfahren und starb«, meinte ich.
    »Prost, Liebling«, sagte Peter Smith.
    Und Vincent rief von Rom an und machte einen einfachen Vorschlag.
    Die Flugkarte war schon bestellt. Ich brauchte nur abzureisen, fort von Peter, der Wohnung und meiner Helena. Wir zwischenlandeten in Paris, und ich trank einen Pernod, der wie kalte Baumwolle im Mund schmeckte. Die Sonne stand wie ein Wasserfall über dem Flugplatz und den Maschinen dort draußen. Dann flogen wir wieder. Mir gefiel es: mit Vincent im Ohr, Helena, die immer kleiner wurde, und Mr. Smith, dem Flugzeug und Stefan, der etwas mit sich passieren lassen und etwas werden wollte. Meine Hände waren braun und kräftig, die Adern wölbten sich unter dem weißen, beinah unsichtbaren Flaum auf den Handrücken, und die Nägel waren schön oval und genau da geschnitten, wo sie sich von der Haut lösten. Ich hatte den graphitgrauen Fresco-Anzug an und meinen hellblauen Arrow, saß ganz hinten im Flugzeug, und der Platz neben mir war frei. Die Stewardeß schielte ein paarmal herüber, und ich hätte sie bitten können, sich zu setzen und einen Augenblick auszuruhen, aber ich tat es nicht — ich war jetzt professionell. Mach’s gut, Helena, hej, Stefan. Stefano, mein Held, der du in deinem Fauteuil geradewegs nach Italien fliegst.

    Vincent, der Kraushaarige, lebte in einem Film, den er so spannend wie nur möglich zu gestalten suchte. Eigentlich kannte ich ihn nicht, obgleich es kein eigentlich« gab in Vincents Fall. Er holte mich vom Flugplatz ab. Im Taxi erklärte er mir, daß er zusammen mit Giovanni, einem Italiener in mittleren Jahren, der Boß war. Und daß wir, das heißt ich und ein paar andere junge Männer, kurz gesagt als Gigolos agieren sollten, obgleich Vincent das Wort nicht schätzte.
    »Gesellschaft«, sagte er. »Gesellschaft für die Damen. Wir einigen uns vorher mit ihnen. Sie sind als Touristinnen hier unten, Amerikanerinnen, Engländerinnen, Schweizerinnen, alles mögliche. Witwen mit Qualitätsansprüchen, Hausfrauen auf der Weide. Vollständige Diskretion, teuer.«
    »Was bekomme ich?« fragte ich.
    »Dreißig Prozent«, sagte Vincent und putzte die Brille. »Das ist Draht, kann ich dir sagen.«
    »Tanten bürsten«, sagte ich und dachte an Peter Smith und seine Taten.
    »Und warum gerade ich?« fragte ich selbstzufrieden.
    »Du siehst gut aus in Badehosen«, sagte Vincent. »Du bist groß und blond.«
    »Und schön.«
    »Und schön.«
    »Außerdem habe ich mein Examen in Geschichte.«
    »Das«, sagte Vincent, »ist für unsere Wahl nicht von entscheidender Bedeutung gewesen.«
    »Vierzig Prozent«, sagte ich.
    »Fünfunddreißig«, sagte Vincent.
    »Okay«, sagte ich, »fünfunddreißig Prozent.«
    Dann waren wir in Rom. Ich bekam Ostia zugeteilt, und ich kann Ostia im Juli nicht empfehlen. Es ist zu warm. Aber ich war auf jeden Fall am dichtesten an Rom; Bill arbeitete in Santa Marinetta, Luigi in Ladispoli und Jackson auf einem Ausflug nach Viareggio.
    Das Ganze war gut organisiert. Vincent nahm vorher die Kontakte auf, und manchmal kam er mit und stellte mich den Kundinnen vor. Mein Preis wechselte, je nachdem, wie lange ich zur Verfügung stand, einen Tag oder zwei, manchmal auch eine Woche. Meine erste Kundin war eine Deutsche. Wir blieben zwei Tage zusammen, und in Ostia mietete sie eine Segeljolle. Aber sie wollte nicht, daß ich mit ihr was im Boot machte. Sie hatte Angst, daß uns jemand von Land sehen könnte. Nachts waren wir in Giovannis W’ohnung, denn sie wagte nicht, mich mit ins Hotel zu nehmen. Der Portier hätte die Augenbrauen hochziehen können. Sie war verheiratet, mehr erzählte sie nicht von sich. Ihr Alter blieb undefinierbar, vielleicht um die fünfzig. Sie war langweilig, aber nicht direkt unappetitlich. Ich machte es einmal pro Nacht, lange und sorgfältig. Sie lag still unter mir, stöhnte ein bißchen und hob leicht die Beine an, wenn sie am leidenschaftlichsten wurde. Ich hörte die Geräusche, die vom Corso heraufkamen, und stellte mir vor, selbst da unten zu sitzen und Birra zu trinken. Ich glaube, daß es ihr niemals kam. Sie hieß Helga und kam

Weitere Kostenlose Bücher