Das Doppelbett
auf...«
»Wo? Vielleicht gefällt es mir da, wenn du...«
»Erzähle! Erzähle!«
»Ja...ja also, es war ein Zirkus. Und in diesem Zirkus gab es eine Menge wilder Tiere. Eines Abends wurde einer der Leoparden läufig, wie es alle Katzen hin und wieder werden. Dieser Leopard war läufig im wörtlichen Sinne, er entwich nämlich aus dem Zirkus. Ein Tiefpfleger rannte zum Zirkusdirektor und berichtete, was geschehen war. Der Direktor sagte, er sollte hinter dem Leoparden herjagen, und wenn er ihn nicht fangen könnte, sollte er ihn ohne zu zögern auf dem Fleck erschießen. Der Tierpfleger nickte und lief los. Nach einer Zeit kam er zurück mit keuchendem Atem und fragte: >Auf welchem Fleck?««
»Wie alt bist du eigentlich? Ich meine, wenn du zehn Jahre alt warst, als du die Geschichte zum erstenmal gehört hast, dann mußt du ja jetzt...«
»Wie dumm du bist! Das ist es doch nicht, worauf es ankommt! «
»Dein Alter? Das bedeutet doch wohl... «
»Nein! Du weißt genau, was ich meine!«
»Ja, aber ich finde es trotzdem nicht besonders unanständig, Leoparden zu schießen!«
»Nicht? Auch nicht, wenn du nachdenkst!?«
»Ich habe jetzt keine Lust nachzudenken...ich will statt dessen nachfühlen...dein Nabel da ist wie auf einem Leoparden...und hier komme ich schleichend mit meinem Mund...und mein Mund ist ein...«
Pause
»Wie spät ist es?«
»Als ich so sieben oder acht Jahre alt war, antwortete ich immer so: Ein Viertel über den Rücken, wenn sie am Arsch ist, schlägt sie!«
»Was soll das? Warum hast du das gesagt?«
»Alle Jungen in unserem Viertel antworteten so. Wir haben sicher ein ganzes Jahr verbracht ohne richtig zu wissen, wie spät es ist...aber wir sind trotzdem klargekommen.«
»Wie spät ist es nun jetzt? Oder bist du weiterhin sieben Jahre alt?«
»Du kannst mir ja einen Klaps auf den Hintern geben, dann wirst du es erfahren!«
»Au!«
»Nein, nicht so grob! Es ist fünf vor zehn!«
»So spät?«
»Ja! Siehst du, wie ich gewachsen bin?!«
»Ich weiß nicht...ich habe dich ja nicht gekannt, als du sieben Jahre alt warst...erinnerst du dich nicht daran?«
»Nein...wie sollte ich das übrigens?«
»Ich weiß nicht...die Zeit vergeht ja so schnell und man vergißt so leicht.«
»Hast du Angst davor?«
»Vor der Zeit?«
»Nein, nicht vor der Zeit, sondern davor, daß sie so schnell vergeht. «
»Du willst wissen, ob ich Angst vor dem Altwerden habe, deshalb fragst du, nicht wahr?«
»Ja.«
»Ist es wichtig für dich zu wissen, ob ich Angst davor habe oder nur ein bißchen erschrocken bin?«
»Ja, sehr. Wagst du deshalb nicht, zu antworten?«
»Nein, ich habe nicht gesagt, daß ich nicht wage, zu antworten.«
»Dann antworte.«
»Ich kann nicht...aber wenn es so wichtig für dich ist, das zu wissen, dann...«
»Was dann?«
»Dann gibt es ja nur eines, das herauszubekommen für dich und...«
»Warte, ich glaube, ich verstehe...aber du, bedeutet es für dich ebensoviel zu wissen, ob ich nervös bin wegen des...«
»Genausoviel wie für dich, das kannst du dir wohl denken.«
»Ja, aber es ist so schön zu hören, wenn du es sagst...«
»Keiner von uns kann also darauf antworten, ob wir ein bißchen ängstlich sind oder...«
»Au, nein...beiß nicht da!«
»Entschuldige, aber das sah so lecker aus.«
»Bitte sehr, du kannst gern gleich weitermachen, wenn ich etwas mehr vorbereitet bin...aber erst will ich erzählen, was ich gedacht habe...es ist so, daß wir gar nichts wissen, bis wir plötzlich so alt sind, daß sie kommen und uns aus diesem Bett hier heben...«
»Wir nichts wissen? Heb dein Bein etwas an, damit meine Hand da Platz hat und...was ist das, wovon wir nichts wissen, bevor sie uns aus diesem Bett hier heben...oder wie war das, was du gesagt hast?«
»Ja, ich meine, man weiß erst dann, ob man eigentlich Angst hatte, alt zu werden oder nicht.«
»Erst dann!?«
»Ja, findest du nicht, daß das reicht?«
»Ja, vielleicht...wenn wir solange zusammen liegen können wie hier.«
»Wir können es ja immer machen!«
»Ja...vielleicht...aber wenn wir jedesmal länger zusammen liegen, dann wissen wir bald nicht mehr, wer von uns beiden wer ist!«
»Würde das etwas bedeuten? Wenn wir uns ineinander mischen würden?«
»Nein.«
JONAS CORNELL
Armer Gigolo
I ch flog nach Rom, und Vincent bezahlte die Flugkarte. Hier oben, wo wir flogen, schien die Sonne. Stockholm war tief unter dicken Wolken verschwunden. Helena, bei der ich nassauerte, war weg und Peter
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