Das Doppelbett
Mitreisenden geübt hatte. Anschließend gingen wir in die Bäder, um uns frisch zu machen, den Reisestaub von unseren Körpern zu seifen und die noch schwach erregenden Willkommensdüfte sowie die Abdrücke des Großflugplatzrasens zu beseitigen. Anschließend wurden alle Knutschflecke und Bißstellen gepudert.
An jede Badewannenkante kamen innerhalb weniger Minuten schwedische politische Fremdenführer im Bikini oder in Tarzanhosen, die uns laut vorlasen.
Als wir so den Baderaum verließen, waren wir gut für das breite Bett vorbereitet. In ihm nahmen wir eine Mahlzeit ein, zu der ein fülliger schwedischer Rotwein mit leichtem Pulvergeschmack gehörte, der dafür bekannt war, alle froh und zufrieden zu stimmen. Dazu wurden gekochte Eier geboten, die kräftig mit einem feinen Pulver gewürzt waren, das Bilsenkraut, ziemlich viel Nashorn sowie Curry enthielt. Darüber war Apfelmus verteilt.
Anschließend gaben uns Mitglieder des Hotelpersonals eine leichte Massage. Und das, was Sie, liebe Friedens- & Nivellierungsgenossen, vielleicht verblüfft an dieser Massage, daß praktisch überhaupt nicht die intimen Körperstellen berührt wurden. Im Gegenteil.
Hals, Nacken, die Schläfen, die Handgelenke, die Fesseln, das Kreuz sowie der Deltamuskel oben an den Schulterblättern waren hier von Bedeutung, aber nicht die Regionen von Glied und Schoß.
Und man verzeihe, wenn ich wie ein Handelsreisender wirke, aber verflucht noch mal, die Schweden wissen, was sie tun. Das war auch die Ansicht der übrigen Delegierten, als wir uns pünktlich um 18.05 in meinem Raum versammelten. Die Schweden, sagten auch die übrigen Delegierten, also die Schweden!
Am Abend fand das große Willkommensessen statt, und dabei wurden mehrere Reden gehalten, nicht zuletzt von mir, und in diesen Reden betonte man, daß, wenn auch verschiedene Gesellschaftssysteme in der Welt herrschten, die Verständigung eine angelegentliche Forderung sei sowie, daß alle Menschen einander lieben sollen wie Brüder.
Ich war stolz. Meine Schläfen waren heiß, ich wurde heiser, es strammte in den Waden, es summte im Herzen, es spannte und zog in den Hosen. Und dann bekamen wir Volkstänze zu sehen und eine Militärparade und neue Porträts des Vorsitzenden Erlander. Außerdem durften wir, wenn auch aus einigem Abstand, einen Helden der Liebe bewundern, der, reich mit Medaillen geschmückt, in einem Rollstuhl durch den schön dekorierten Festsaal gefahren wurde.
Dann war es Zeit für das große Sonnabendfest, das so verlief, daß sich alle, in Stadt und Land, auf den großen Plätzen versammelten, wo jeder eine Flasche mit 37 cl Explorer Vodka bekam. Anschließend wurde auf die Hausfassaden ein erregendes Fernsehprogramm projiziert, genannt Hylands Hörna.
Die Erregung, die man dadurch erfuhr, zu beschreiben, ist für mich beinahe unmöglich. Mich erregte es am meisten, den Singenden Autohändler zu hören, der von seiner armen Jugend zu Hause in einer Hütte berichtete. Da nahm ich mir einen weiblichen Priester vor, zu dem ich lange geäugt hatte.
Hiernach folgten einige Tage harter Arbeit mit Fabriksbe sichtigungen, Audienzen, Knabenchören, Besuch im Porträtmaleratelierkombinat Flaumfederchen, Oberkammachsellage, neuen Audienzen, Aufwartungen, Totospiel, gewissen Besäufnissen, weiteren Audienzen, reziproken Interviews zur Verstärkung von Frieden und Nivellierung, neunundsechzig, siebzig, einundsiebzig und bis zu vierundachtzig an gewissen Tagen, Entleihung von Büchern in Bibliotheken, Hockey, Fahrradreparaturen, Klößen und Eisgang, Audienzen, Ackerwinden, stehend mit Sprung und Wurf, Besuch in Schulen, Arbeitercafés, die kleine Vier, Erzabbau, Derby, Feuerwerke in einem Bankgewölbe, Stapellauf eines Küstenunterseebootes für Frieden und Verständigung von 497 Tonnen deadweight, Fliegenfischen mit spanischer Fliege von Bach sowie Erstürmung einer Mädchenschule.
Es war nicht verwunderlich, daß wir uns, trotz regelmäßiger Massage, etwas schlapp fühlten. Aber unsere schwedischen Wirte focht nichts an, es gibt keinen Stahl in der Welt, falls es nun gerade Stahl sein sollte, der bei den Schweden wirkt. Unsere schwedischen herzlieben Freunde waren jeden Morgen gleich abgespannt, wehmutsvoll wie am Tage zuvor, ebenso natürlich schwerfällig, ebenso agrar verschwiegen, wenn sie, säuselnd wie Föhren, die Männer, wie Birken, die Frauen, und wie Schilf, die jungen Mädchen, uns von dem einen Punkt zum nächsten des ebenso reichen wie ergiebigen
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