Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das Doppelbett

Das Doppelbett

Titel: Das Doppelbett Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unknown
Vom Netzwerk:
Kulturprogramms führten.
    Schweden ist ein Land, das man respektieren muß. Dieser Riese im Kräftespiel der Welt, dieses Großwerk in dem Kraftwerk, das die Welt ist, kann nicht länger wie bislang in der
    Art ausgeschlossen werden von einer Freundschaft mit allen den anderen bunten Nationen, die unsere geliebte, kleine Kugel bevölkern.
    Nicht wahr?
    Na. Früh in einer apfelsinenfarbenen Dämmerung wurde ich von einem Paar duftender Frauenarme aus meinem zerstreuten Schlummer geweckt, die sich um meinen faltigen Nacken schlangen, und einem Paar Rosenlippen, die mehr in mein Ohr atmeten als flüsterten:
    »Liebster Delegationsgenosse, waren Sie in Tantolunden?«
    Da war ich nicht gewesen.
    Ich hatte nie erwartet, daß man das von mir erwarten würde.
    Ich versuchte, die Sache zu erklären.
    Aber ich sah ein, daß man Tantolunden nicht als Platz für einen Pflichtbesuch im Dienst von Frieden und Nivellierung ansah, sondern vielmehr als Ehrenplatz, zu dem verdiente Delegationsleiter auf eigene Hand wallfahrten. Es ist ja, wie viele von euch wissen, eine Quelle des Hohns und Spotts unserer Gegner gewesen, daß diese Kräfte des Friedens, die das geliebte Schweden besuchten, so selten frei umherwandern konnten. Man hat, fantastisch genug, das als einen Ausfluß der >Polizeimentalität< der Schweden angesehen, wo die Verhältnisse tatsächlich genau gegenteilig sind! Die Schweden, diese nachdenklichen und gewöhnlich ganz nackten Menschen, sind so freundlich, so umgänglich, so interessiert, daß sie — trotz eigener Pflichten — unmöglich desorientierte Ausländer ihrem Schicksal zu überlassen vermögen.
    Also. Nachdem ich mit der Rezeptionsangestellten ein Pulver eingenommen hatte, ihr ultramarinblaues Kleid lag in schönen Falten auf meinem Carl-Malmsten-Stuhl, wurde ich mit steifen Weichen zu einem Auto hinausgeführt, das mich in rasender Fahrt zur Hubschrauberdienststelle Victor Lennstrand brachte.
    Der Pilot, ein stiller Same, saß, mit einem Mädchen rittlings auf seinen Knien, in einem trollgleichenden Sitzcoitus. Das Mädchen zuckte wie eine junge Hindin, die ihr erstes
    Nordlicht sieht. Alles war sehr schwedisch, nicht zuletzt der Duft taufeuchten Mooses.
    Der Hubschrauber surrte über den Riddarfjärden, stieg hoch über die seltsamen Gerüche, die wie eine fleckige Soße über dem unbeweglichen, schwarzen Wasser der Stadt lagen.
    Wir flogen mit knatternden Propellerblättern über einen Stadtteil, der Södermalm hieß, und dann in Längsrichtung dieses Stadtteiles, sie ist ost-westlich. In ihrem freundlichsten Teil hielten wir über einem großen, wie die Schweden sagen, Grüngebiet. Das ist also ein Gebiet, wo früher ein Park war und wo noch gewisses Grün zwischen den Parkhäusern für Autos hervorleuchtet.
    Ich bekam einen Fallschirm und sprang, ohne eine Menge unmännlicher Fragen nach diesem und jenem.
    Ich landete auf einem kleinen Hügel, der von zwei Linden beschattet wurde. In der Nachbarschaft zwischen den Parkhäusern gab es eine Unmasse begeisternder, von Herzen progressiver Gebäude. Die Häuser wurden Plattenhäuser genannt, denn in ihnen, besonders bei musikliebenden Menschen, ging das Musikprogramm des Radios mit vollem Volumen die Nächte hindurch. Die Fassaden der Plattenhäuser waren in der üblichen Weise mit Riesenporträts geschmückt, und für einen Augenblick wurde ich bei diesen Bildern von einer Art Unlust überwältigt, aber sehr schnell faßte ich mich wieder.
    Das Laubwerk der beiden Linden, die den Hügel beschatteten, war mit blau-gelben Stoffstreifen durchflochten, und in den Zweigen hingen kleine Studenten und Staatsminister. Der Vorsitzende Erlander, dieser vielwissende Mann, der große Freund des Volkes und des Friedens, brachte es ja fertig, sowohl Student als auch Staatsminister zu sein, ehe er der Vorsitzende von ganz Schweden wurde. Und unter den Linden lag eine Frau. Eine Frau, die die Augen geschlossen hatte.
    Sie schlug die Augen auf und sah mich an, sie redete und sagte, daß sie Alltags Emma hieße.
    Darauf schloß sie ihre großen, ambrafarbenen und höchst ausdrucksvollen Augen von neuem. Von den Plattenhäusern schallte die Musik herüber. Die Sonne schien, wie sie es jetzt so oft in Schweden macht, selbst wenn die vom Rüstungsimperialismus in unserem Land gekauften Lakaien, die betrunkenen Hunde, behaupten, daß es gewöhnlich regnet und kalt wäre. Mein Hubschrauber stieg außer Sichtweite. Die Alltags Emma war eine prachtvolle und, mehr noch, eine

Weitere Kostenlose Bücher