Das Doppelbett
Berit wechselte im Duschraum die Handtücher.
Willy dachte an die Jugendlichen im Umkleideraum am Sportplatz und segnete das Ledersuspensorium.
Während er die Muskeln seiner vier Glieder müde trainierte, stand das fünfte wie ein Eisenspieß zwischen seinen Beinen. Fünfundvierzig Minuten hielt er durch. Der Schweiß perlte ihm hervor, als er sich mit einer Reihe leichter gymnastischer Bewegungen auf dem Boden abreagierte. Er schloß mit Beinübungen in Rückenlage ab und konnte dabei noch besser die geschmeidigen Schenkel des weiblichen Gastes genießen. Sie applaudierte anerkennend, und er eilte unter die Dusche.
»Ja, und dann ist mindestens eine Stunde Schlaf am Nachmittag einkalkuliert«, sagte Birger Axelsson. »Hartes Training, kraftvolle, wissenschaftliche Diät und stärkender Schlaf. Das ist eigentlich das ganze Rezept.«
»Das klingt sehr interessant«, sagte die Mitarbeiterin der Damenzeitung und fragte Berit nach der Toilette.
Eigentlich wurde bis zu den Qualifizierungswettspielen im Stadion von Stockholm jede Woche immer unerträglicher. Aber die Resultate kamen allmählich am laufenden Band. Sportschweden richtete seine Blicke immer öfter nach Fryksdalen. Fast jeden Tag, wenn Birger und Willy vom Vormittagstraining heimkamen, warteten Repräsentanten der Massenmedien auf dem Vorplatz des Hauses.
Willy Bock mußte für die frühe und späte aktuelle Sendung die Muskeln zeigen, ebenso für >Sport Extra< und >Jeder vierzehnte Tag<, wo er fast das ganze Feuilleton beherrschte. Man bewunderte den fantastischen Einsatz, die Aufopferung und die idealistische Zielsetzung.
Bei den Distriktmeisterschaften schraubte Willy Bock den schwedischen Diskusrekord um nicht weniger als sechs Meter höher.
Berit jubelte, und Axelsson war der verkörperte Sonnenschein. Er hatte ein neues Präparat gefunden, mit dem er Willy in den letzten Wochen fütterte. Es hieß Ollonmaltine, und Willy fand, es schmeckte nach Sperma, aber das wagte er nicht zu sagen. >Es schmeckt nach altem, saurem Knechtschwanz aus den dreißiger Jahren <, dachte er manchmal, aber er drückte Augen und Nase zu, schwieg und schluckte.
Er ging zeitig zu Bett, schlief wie ein Murmeltier, träumte aber oft die fürchterlichsten Träume. Von Anfang an war es Birgers Idee, daß Willy im Klubhaus im Keller schlafen sollte.
»Vielleicht ist es besser, wenn du nicht bei Berit schläfst«, sagte er freundschaftlich, »jetzt wo es auf den Endspurt zugeht. Du verstehst, die Versuchung könnte zu groß werden.«
Und Berit bewies dafür volles Verständnis.
»Ich will dich nicht in irgendeiner Weise beeinflussen, aber wenn du jetzt vor dem Höhepunkt deiner Karriere stehst...du verstehst vielleicht, daß ich deinetwegen eine Zeitlang im Schlafzimmer allein schlafe.«
Deinetwegen! Das war rücksichtsvoll und verständnisvoll, das mußte man sagen.
Früh mußte er zu Bett gehen. Axelsson und Berit pflegten an den Abenden noch lange aufzusitzen. Sie sahen fern, tranken Bier und aßen eine Kleinigkeit. Sie gingen die Trainingsresultate durch, wie sie sagten.
»Birger opfert sich ganz gratis für dich«, betonte Berit. »Ich muß darauf achten, daß er sich bei uns wohl fühlt. Denk an Mexico City!«
Und Willy Bock biß die Zähne zusammen und kämpfte weiter. Die Schnelligkeit hatte er im Ring hinaufgearbeitet. Er flitschte wie ein gut geölter Propeller im Wurfring herum und ließ den Diskus davonsausen, daß es in der Luft nur so pfiff. Und wenn die Scheibe auf der Wiese landete, geschah das oft ein gutes Stück hinter der magischen Flagge, die die nationale Grenzlinie markierte.
Birger jubelte.
Berit lächelte herzlich.
Willy biß die Zähne zusammen.
Er dachte an Mexico und die bevorstehenden Qualifizierungswettspiele. Nachmittags ging er ins Schlafzimmer und betrachtete seine früheren Auszeichnungen, die auf einem Regal standen. Es war eine wohlgeputzte Reihe von Pokalen, Standarten, Plaketten und Medaillen. Berit bearbeitete sie mindestens einmal in der Woche mit Putzmitteln.
In letzter Zeit sah es so aus, als reibe und putze sie noch öfter. Ständig kamen eine Menge fremder Menschen auf Besuch. Es war angenehm, eine Frau zu haben, die sich so um die Ehrenzeichen ihres Gatten kümmerte.
»Sie ist ein prächtiges Wesen, deine Berit«, pflegte Axelsson zu sagen und Willy zuzublinzeln, wenn sie sich bei der Treppe trennten, die hinunter zum Klubraum führte.
Willy war unsicher, wie Birger das meinte. Es konnte geschehen, daß er sich nach
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