Das Doppelgrab in der Provence
Klinge des Schnappmessers heraus. Der rechte der beiden Schlanken trat zur Seite und gleichzeitig vor; er näherte sich Ariane mit leeren Händen und halberhobenen Armen.
»Ich beklage den Verfall der gerühmten provençalischen Gastlichkeit«, sagte Baltasar in hochmütigem Französisch. »Das ist nicht die Art, eine Konferenz unter Freunden abzuhalten. Wollen Sie bitte zurücktreten?«
Dabei zog er die rechte Hand aus der Tasche und richtete eine Pistole auf den Mittleren. Der Linke, der ebenfalls einen Schritt zur Seite gemacht hatte und vortreten wollte, blieb stehen. Die Gruppe verharrte einen Moment wie gefroren. Dann sprang der Rechte auf Ariane los. Matzbachs Pistole bellte, der Messerbesitzer duckte sich und griff Matzbach an, der Linke zog ein Messer und schleuderte es auf den Dicken. Gleichzeitig bückte Ariane sich nach einem Stein.
Mit einem unterdrückten Schrei kippte der Rechte um und hielt sich die Hüfte; das geworfene Messer des Linken blieb mit einem dumpfen Schlag über Baltasars Herz stecken; es folgten mehrere Ächzlaute. Arianes Stein klatschte dem Messerwerfer ins Gesicht; der Mann riß die Hände hoch und wankte. Matzbach ließ die Pistole fallen, die er nicht mehr halten konnte, da das Messer des Kleineren ihm über die Finger der rechten Hand gefahren war; mit der linken packte er das rechte Handgelenk seines Gegners, dem er mit der Wucht seiner mehr als zwei Zentner auf den Fuß trat. Der Nylonschlitz öffnete sich zu einem Jaulen. Mit der linken Hand versuchte der Mann, das in Matzbachs Jacke steckende Wurfmesser seines Kollegen zu erreichen. Baltasar ignorierte die Schmerzen seiner blutenden Rechten und nahm sie zu Hilfe, um die Messerhand auszuschalten.
Ariane starrte mit Entsetzen auf die Szene; gerade noch rechtzeitig bemerkte sie, daß der angeschossene Mann zu Baltasars Pistole kroch. Sie stürzte sich darauf. Der Mann erwischte sie am Fußgelenk und hielt sie fest. Sie schlug lang hin und war einen Moment benommen; dann gelang es ihr, mit einem Wischen des Arms die Pistole wegzuschieben. Die Waffe schepperte über den Fels und verschwand in einer Senke. Der verwundete Mann packte Arianes Arm und drehte ihn langsam um. Sie versuchte, nicht zu schreien; als sie das Gefühl hatte, der Arm müsse brechen, hörte sie ein trockenes Knacken und einen Aufschrei, der ihren Gegner für Sekundenbruchteile ablenkte. Es gelang ihr, sich loszureißen und sich herumzuwerfen. Dabei traf sie den hinter ihr Knienden mit dem Fuß an der verletzten Hüfte. Stöhnend sackte er auf seine heile Seite und hielt sich die Wunde.
Ariane keuchte; sie blickte zu den anderen hinüber. Matzbach beseitigte das Schnappmesser, das sein Gegner hatte fallen lassen, mit einem Fußtritt. Der Maskierte stand da. Aus dem offenen Mundschlitz kam kein Ton; der Mann starrte auf seine rechte Hand, die einen absurden Winkel mit dem Unterarm bildete. Der Dritte nahm die Hände von seinem blutüberströmten Gesicht, vor dem nur noch Nylonfetzen hingen. Baltasar schob seinen kampfunfähigen Gegner von sich und versetzte ihm mit der Linken eine schallende Ohrfeige, die ihn zu Boden schleuderte; dann wandte er sich dem Dritten zu, trat in eine Bodenspalte und knickte fluchend um.
Der Geohrfeigte rappelte sich auf, hielt das gebrochene Handgelenk und starrte aus Augenschlitzen auf den zeternden Matzbach, der auf dem Boden saß und versuchte, seinen Fuß aus der Spalte zu ziehen. Dann zischte er seinen Kumpanen etwas zu und sagte halblaut: »Wir sehen uns noch«. Der Angeschossene hielt die Hand auf seine Hüfte gepreßt und humpelte zu den beiden anderen. Er stützte sich auf die Schulter des Dritten. Alle drei musterten Matzbach und Ariane, als wollten sie vielleicht noch einen Versuch unternehmen; dann zogen sie sich langsam zurück in Richtung Ruinen und Dorf.
Als Nebel und Dunkelheit sie verschluckt hatten, kam Baltasar endlich mit Arianes Hilfe aus dem Spalt frei. Ariane war vom Sturz und dem Handgemenge verkratzt und zerzaust; ihr Arm schmerzte. Matzbach hockte auf dem Boden, übergoß seinen Fuß und den Felsspalt mit Unflat und verfluchte seine blutende Hand. Ariane umwickelte sie mit dem seidenen Kopftuch, das sie in der Manteltasche getragen hatte.
»Dreiundzwanzigtausend Geier«, sagte Matzbach wütend, »alle erreichbaren kleineren Dämonen, ein riesiger Dunghaufen sowie mehrere Nattern! Der Blitz«, setzte er düster hinzu, »soll diese Halunken sämtlich beim Scheißen erschlagen! Alle Zähne soll man ihnen
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