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Das Doppelspiel

Das Doppelspiel

Titel: Das Doppelspiel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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Wassja Grigorjewitsch«, antwortete sie im Plauderton und nippte an dem dampfenden Tee. »Und ich habe es bewußt gesagt, um Sie zu treffen. Ich will Sie treffen. Ganz tief in Ihrer verdammten Selbstsicherheit. Sie Fels von einem Mann! Ich sprenge Sie noch auseinander, das schwöre ich Ihnen! Sie Bettelmönch, der einer heiligen Dunja nachzieht …«
    »Dunja Andrejewna muß Ihnen schwer im Magen liegen, nicht wahr?«
    »Sie lieben sie, wie man sein Augenlicht liebt.«
    »Mehr, Valja Johannowna. Ich gäbe mein Augenlicht her, damit Dunja wieder sehen könnte, wenn das nötig wäre.«
    »So einem wie Ihnen hätten meine tatarischen Vorfahren die Zunge aus dem Hals gerissen.« Sie stand abrupt auf, warf die Teetasse auf den Holzboden und ging zur Tür. »Ich liebe Sie«, sagte sie, den Rücken ihm zugewandt.
    »Ich weiß.«
    »Und Sie tun nichts, Wassjenka?«
    »Nichts.«
    »Eine Frau sagt Ihnen, daß sie Sie liebt, und Sie bleiben sitzen wie angeklebt?! Man müßte Sie vierteilen, Wassja –«
    »Wenn wir uns lieben, gehen wir beide zugrunde, Valja.«
    »Ist das nicht herrlich? Zerstört werden durch die Liebe? Das ist das Höchste, was einem Menschen passieren kann: sich atomisieren in Leidenschaft.«
    »Ich stimme Ihnen zu, Valja.«
    »Ich stimme Ihnen zu!« Sie fuhr herum. Ihre schwarzen Augen waren jetzt nur noch goldene Punkte. Brennende Pupillen. Über den hohen Backenknochen, diesem traumhaften Gesicht der Verschmelzung von zwei Kontinenten, zitterte helle Röte. »Habe ich eine Wahlrede gehalten? Sie Scheusal! Sie personifizierte Arroganz mit dem Blick eines Träumers! Ha! Ich stimme Ihnen zu! Jedes Wort ist ein Tod für Sie!«
    »Ich kann es mir nicht leisten, Sie zu lieben, Valja«, sagte Shukow. Seine Stimme streichelte sie. Die Wuginskaja spürte es genau, es glitt über ihre Haut, und sie zog die Schultern hoch. Bis in die Innenseiten ihrer Schenkel rieselte dieses Gefühl; es war eine himmlisch-höllische Hingabe, die ihr völlig den Willen über ihren Körper raubte.
    »Warum?« fragte sie. Da war sie wieder, die halbe Stimme. Der zarte Schwington ihrer Seele.
    »Das kann ich Ihnen nicht erklären. Nie! Nicht wegen Dunja, nein. Streichen wir Dunja ganz aus unseren Gedanken. Ich kann es Ihnen einfach nicht sagen.«
    »Ich verstehe alles, Wassja …«
    Das nicht, dachte Shukow. Du wirst es nie verstehen, daß hier Bob Miller sitzt, Major des amerikanischen CIA. Dunja hat es hingenommen, aber du wirst es nie können, Valja Johannowna. Du nie! Jeder Mensch, auch einer, der glaubt, ein Titan zu sein, hat seine Grenzen. Und auch jede Liebe hat ihre Grenzen. Man kann Metalle zusammenschweißen und Atome spalten, aber man kann nie ein Feuer mit Benzin löschen. Genau das aber kann ich dir nicht erklären, herrliche Wuginskaja …
    »Du sagst nichts?« fragte sie mit ganz kleiner Stimme. Sie hatte wieder den Rücken zu ihm gekehrt, stand an der Tür, die Klinke in der Hand. Er brauchte nur drei Schritte zu ihr, brauchte sie nur hochzuheben und wegzutragen auf sein Bett. Sie wartete darauf. Ihre Schenkel zitterten, wie von elektrischen Strömen durchpeitscht.
    »Nein. Ich sage nichts«, antwortete er. »Valja, zerstöre nicht unsere kleine Welt.«
    »Ich will sie zerstören, mit dir.«
    »Und unsere Asche weht in den Fluß. Hat das einen Sinn?«
    Sie gab keine Antwort, riß die Tür auf, verließ das Zimmer und warf hinter sich die Tür so heftig zu, daß sie wieder aus dem Schloß sprang. Shukow hörte ihre Schritte auf dem Flur, und auch noch einen anderen, hellen, kindlich-greinenden Ton. Sie weinte laut, während sie weglief.
    Die Schaltstelle zu den einzelnen amerikanischen Agenten war wieder einmal umgezogen und saß jetzt in Fort Patmos, einem Nest am Missouri, umgeben von Sümpfen, die damals, als Fort Patmos gegründet wurde, sehr nützlich waren, weil die Indianer nicht mit ihren Pferden das Fort stürmen konnten. Aber das war vor 150 Jahren. Heute hatte Fort Patmos keine Berechtigung mehr, war eine Art toter Stadt, wie sie im Westen der USA zu Haufen herumstehen, und gerade deswegen hatte General Jack Orwell gesagt: »Da lassen wir uns nieder!«
    Man war von Orwell solche Eigenwilligkeiten gewöhnt, das Hauptquartier in Washington sagte zu allem Amen, und so baute man mit der bekannten amerikanischen Perfektion und Schnelligkeit und unter Einsatz eines Heeres modernster Maschinen ein Nachrichtenzentrum in den alten Felssteingebäuden auf.
    Orwell hatte richtig gerechnet. Die Gegenspionage war

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