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Das Doppelspiel

Das Doppelspiel

Titel: Das Doppelspiel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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gestickte Kappe und zeigte auf einen schwarzen Wolgawagen, der am Straßenrand abgestellt war.
    »Genosse Major Shukow?« fragte er. Aber Shukow war vorsichtig. Er machte ein hochmütiges Gesicht und blickte den Burjaten wie einen an, der ihm gegen die Stiefel gepinkelt hat.
    »Ich kenne Sie nicht«, sagte Shukow kühl. »Gehen Sie weiter!«
    »Ihr Auto wartet, Major.«
    »Ich habe kein Auto. Ich werde abgeholt.«
    Der kleine Burjate lächelte breit. »Ihr Auto hat die Vornummer OI.«
    OI – das war das Kennzeichen für Galina Theofilowna. Nur ein V-Mann konnte das wissen. Trotzdem war es ratsam, noch den Unwissenden zu spielen.
    »Sie sind betrunken, Kerl!« sagte Shukow grob. »Gehen Sie weiter, oder ich rufe die Miliz!«
    »Die Papiere liegen im Handschuhfach. Der Wagen ist vollgetankt. Gute Fahrt, Genosse Major. Sogar der Schlüssel steckt im Zündschloß. Fahren Sie auf der Hauptstraße bis Ust-Kiakhta und biegen Sie dann auf die schmale Straße nach Naushki ab. Eine enge Brücke führt über den Fluß Selenga. Hinter der Brücke beginnt das Grenzsperrgebiet. Heute hat Kapitän Dejnekow das Kommando über die Streifen. Sie haben Glück, Wassja Grigorjewitsch. Kapitän Dejnekow ist ein fauler Hund und ein stiller Säufer. Wenn Sie am späten Nachmittag eintreffen, ist er meistens besoffen. Sie werden keine Schwierigkeiten haben, die Grenzpatrouillen zu überlisten.«
    Shukow antwortete nicht. Er ließ den kleinen Burjaten stehen, ging zu dem geparkten Wolgawagen und stieg ein. Der Schlüssel steckte tatsächlich im Zündschloß, der Benzintank war voll, die Papiere lagen im offenen Handschuhfach. Ausgestellt für die Kommandantur Ulan-Ude. Ein perfekter Service. Orwells Leute waren Spitzenklasse.
    Ohne sich umzublicken, fuhr Shukow an und umkreiste die Stadt. Er hatte den Stadtplan im Kopf, nachdem er ihn über eine Stunde studiert hatte. Er erreichte die breite Straße nach Kiakhta, sie war kaum befahren, denn wer wollte schon an die mongolische Grenze. Nur ein paar Kamelkarawanen zogen neben der Straße nach Süden. Tier hinter Tier, durch Seile miteinander verbunden. Grinsende Burjaten ritten neben den Lastkamelen her und trieben sie mit lauten, schrillen Schreien an. Die Zeit stand still. So waren sie schon vor dreihundert Jahren über die alten Karawanenstraßen gezogen, mit Fellen, Gewürzen und Töpfereien, mit Seidenballen und Filzdecken, bunt bestickt, Teppichen ähnlich.
    Am späten Nachmittag erreichte Shukow tatsächlich den kleinen Ort Naushki. Er durchfuhr ihn, sah die Kommandantur und die kleine Kaserne der Grenzkompanie, sparte sich den Weg zu Kapitän Dejnekow und lenkte den Wolgawagen direkt an den Fluß. Als er ausstieg, kam ein Jeep in schneller Fahrt herangesaust. Shukow lehnte sich gegen die Motorhaube seines Wolgas und wartete ab. Er sah sehr hochmütig aus, und der Feldwebel, der aus dem Jeep sprang, ahnte nichts Gutes. Ein Major im Sperrgebiet, das ist schon etwas Ungewöhnliches. Als er näher kam und die Abzeichen an der Uniform erkannte, spürte er ein hohles Gefühl im Magen. Was macht ein KGB-Offizier an der Selenga? Es konnte sich nur um eine Kontrolle handeln. Wenn er von Dejnekow kam, war der Genosse sicherlich in der richtigen Stimmung, um Eisen zu fressen.
    »Ich brauche einen Kahn!« sagte Shukow, nachdem der Feldwebel gebrüllt hatte: »Feldwebel Baidukow mit zwei Mann auf Grenzpatrouille!« Nun stierte Baidukow den KGB-Major sprachlos an und blickte dann über den Fluß.
    »Einen Kahn?« wiederholte er.
    »Einen Kahn, Sie Tränensack!« schrie Shukow. »Ist das so ungewöhnlich? Ich möchte angeln.«
    »Jetzt?«
    »Haben Sie in der Schule nicht gelernt, daß Fische gegen Abend am sichersten anbeißen, he?« brüllte Shukow. »Am frühen Morgen und in der Dämmerung des Abends. Was haben Sie überhaupt gelernt? Nicht mehr in die Hose zu pissen? Baidukow, besorgen Sie mir sofort einen Kahn! Ich wollte das mit Ihrem Kompaniechef durchsprechen, aber Kapitän Dejnekow –« Shukow winkte ab und starrte Baidukow finster an. Der Feldwebel verstand, was das Schweigen bedeutete. Ist wieder besoffen, der gute Kapitän, dachte er. O je, und ausgerechnet dann kommt eine Revision vom KGB. Werden ihn nicht mehr lange haben, den lieben Dejnekow. Habe ich es nicht geahnt, der Genosse Major kann Felsen fressen!
    »Ein Kahn liegt dreihundert Meter flußabwärts. Er gehört dem Fischer Fettisow.«
    »Bringen Sie ihn her, Baidukow.«
    »Hierher? Hundert Meter weiter ist die Grenze.«
    »Glauben

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