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Das Doppelspiel

Das Doppelspiel

Titel: Das Doppelspiel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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es nur einmal … aber das kann ich Ihnen ja nicht sagen. Ich habe die Kamera auch nicht im Bug verloren. Ich hatte sie immer bei mir, in einem wasserdichten Plastikbeutel, ganz unten in meinem Leinensack. Sie war überall dabei … bei der Zugfahrt nach Ottokh, bei der großen Überschwemmung, im Straflager von Nowo Sosnowka. Ich habe sie auch bei mir gehabt bei der Flußfahrt zur Lena und als ich auf allen vieren durch die Taiga kroch und wußte: Jetzt krepierst du wie ein räudiger Hund … Erst, als ich im Hotel ›Lena‹ in Jakutsk den Reisesack auspackte, war die Kamera nicht mehr drin. Die Jakuten hatten sie geklaut … und da war es unmöglich, sie wieder zurückzuholen. Ich war neun Tage ein lebender Leichnam, Sir, und hinterher froh, daß ich noch laufen konnte. An die Kamera habe ich da nicht gedacht. Soll ich Ihnen das gestehen, Sir? Es ist das Recht des Menschen, ab und zu etwas zu verschweigen, was an seiner Politur kratzt …
    General Orwell hob die Schultern. »Doppelte Scheiße, Bob. Stellen Sie sich vor, wir hätten jetzt ein Foto von John Barryl! In ein paar Tagen hätten wir ihn kassiert.«
    »Man soll nicht von Märchen träumen, Sir.«
    Orwell starrte Miller an. Es war sonst nicht üblich, daß man so mit einem General redete. »Rußland hat Sie verdammt mitgenommen, Bob«, sagte Orwell betont. »Ich bin auf Ihren genauen Bericht gespannt. Wo waren Sie, als Sie von Bens Gerichtsverfahren hörten?«
    »In einem von allen Seiten vom Wasser eingeschlossenen Straflager. Dort habe ich mit einem Karateschlag eines der schönsten Mädchen töten müssen, das ich je im Bett hatte. Die Ärztin Valja Johannowna Wuginskaja. Ihr Haar war wie schwarzes gesponnenes Metall, in den schräggestellten Augen schimmerte immer ein Goldpunkt, und wenn sie spürte, daß es ihr kam, hieb sie mit den Fäusten auf mich ein und schrie mich an: ›Du Schuft! Du Ekel! Du Scheusal!‹ Hinterher weinte sie vor Glück und schlief, an mir zusammengerollt wie eine Katze, ein. Sie hatte kleine, spitze Brüste mit dunkelroten, fast schwarzen Monden und Warzen. – Ich habe sie getötet, weil ich Bens Botschaft verstanden hatte und Kontakt mit Irkutsk suchte. Dabei überraschte sie mich. Sie war zu mir gelaufen, um mich wieder zu lieben. – Was wollen Sie noch mehr auf die Schnelle wissen, Sir?«
    Orwell blickte Bob Miller nachdenklich an und zog die Unterlippe zwischen die Zähne. »Bob –«, sagte er langsam. »Sie sind mit den Nerven völlig am Boden. Ich sehe und höre es. Sie müßten für sechs Wochen in ein Erholungslager, und ein Psychiater sollte sich auch um Sie kümmern. Glauben Sie nicht, ich hätte kein Verständnis für Ihren Zustand. Als Galina Theofilowna meldete, daß Sie in Irkutsk eingetroffen sind, kamen mir die Tränen. Das ist nicht gelogen, Bob. Aber jetzt haben wir keine Zeit, Sie in Erholung zu schicken. Sie müssen John Barryl finden.«
    »Einen Knopf in der Wüste.«
    »Kann es sein, daß er den Namen gewechselt hat und nicht mehr Barryl heißt?«
    »Das halte ich für unwahrscheinlich. In Frazertown wuchs jeder in seine Rolle und seine Person so hinein, daß eine kurzfristige Umstellung nur ein Unsicherheitsfaktor gewesen wäre. Plenjakow wurde zu Barryl gemacht, und das ist er geblieben.«
    »Welches Gebiet wurde in Barryls Ausbildungsplan besonders bevorzugt?«
    Bob dachte nach. Die Vorträge, die Filme, die Übungsstunden, die Diskussionen – sie waren Pflichtstunden. Da niemand Bob Miller zu Spezialübungen aufforderte, weil die Zentrale ja seinen Namen nicht auf den Listen hatte, verfügte Bob damals über viel Freizeit, bis er abends seinen Dienst als Barmixer bei Hillmoore antrat. Er hatte dann bei Norma in Billys Schuppen gesessen oder Sport getrieben, boxte bei Fulton gegen Punchingball und Sandsack oder lieh sich ein Ruderboot, um auf dem Bug, der ja hier Silver River hieß, herumzufahren. Ein faules Leben. Plenjakow dagegen war öfter unterwegs. Er erzählte ein paarmal von Lehrgängen mit kleiner Teilnehmerzahl, die sich mit Atomphysik beschäftigte. Bob hatte versucht, in diese Gruppe einzudringen, aber als er die strenge Kontrolle am Saaleingang sah, war er wieder weggegangen.
    »Dafür gibt es besondere Ausweise«, hatte Plenjakow damals gesagt. »Besorg dir einen bei Bulder. Nur er persönlich stellt sie aus.«
    Bob hatte sich gehütet, General Sinjonew unter die Augen zu kommen. Er blieb der fröhliche Barmixer, aber merkwürdigerweise erzählte Plenjakow bei aller Freundschaft

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