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Das Doppelspiel

Das Doppelspiel

Titel: Das Doppelspiel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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Berg russischer Zeitungen und Illustrierten. Nach ihrer Lektüre mußte jeder echte Russe glauben, daß die Sowjetunion an der Spitze aller Staaten stand. Medizin, Landwirtschaft, Bauwesen, Wasserwirtschaft, Physik und Chemie, Weltraumforschung und kybernetische Forschung, Sport und Freizeit, sozialer Wohlstand und verhüttende Großindustrie – nichts auf der Welt reichte an Rußland heran. Das hatte Shukow auch schon in Alaska, in der künstlichen russischen Stadt Smolenska, gelernt, um mit dem Stolz der Russen reden zu können. In zehn Jahren, das war sicher, wenn die gewaltige industrielle Eroberung Sibiriens weiterging und die unermeßlichen Schätze dieses Landes ans Tageslicht gefördert wurden, stand Sowjetrußland wirklich einsam über allen Völkern. Für einen Amerikaner eine bedrückende Vision.
    »Sie freuen sich wie ein Collegeboy, dem es gelungen ist, seine junge, schöne Lehrerin ins Bett zu kriegen«, sagte Shukow böse. »Und ich schlage mich hier mit Milliarden Mücken herum und jage Haselmäuse.«
    »Vorgestern hat es Alarm am äußeren Zaun gegeben …«, sagte Dewjatow und blickte Shukow dabei fragend an.
    »Das war ich.«
    »Dachte ich's mir doch!«
    »Ich habe einen Hasen gefangen und bin zu einer Stelle des Zaunes, die so aussah, als habe man sie monatelang nicht kontrolliert. Da habe ich den Hasen in den Draht geworfen.«
    »Und?«
    »Es funktionierte. Aus der Hochspannung zischten Blitze, der arme Hase, ein Opfer der USA, war sofort tot, und irgendwo donnerte die Alarmanlage los. Es gibt keine weiche Stelle in dem Zaun.«
    »Und wenn, Wassja Grigorjewitsch … dahinter ist das Minenfeld.«
    »Ich habe ein kleines Minenpeilgerät bei mir.«
    »Das nutzt Ihnen gar nichts. Nach vierhundert Metern stehen Sie vor dem zweiten Zaun. Da müssen Sie kapitulieren.« Dewjatow rieb sich wieder die Hände. Über sein Gesicht strahlte ein geradezu jungenhaftes Lachen. »Aber ich habe das Loch im Zaun. Ich weiß, wie Sie in das Lager können.«
    »Nein!« Shukow sprang auf.
    »Jawohl! Offiziell durch alle drei Tore und mit einem Begleitkommando der Roten Armee.«
    »Awdej, Sie sind besoffen!«
    »Vor Freude, Genosse. Habe ich Ihnen nicht erzählt, daß normalerweise alle Lieferungen für Nowotschok am ersten Tor umgeladen werden auf andere Lastwagen? Das wird jetzt zum erstenmal durchbrochen. Man hat einen amerikanischen Mähdrescher bestellt, und der wird morgen geliefert.«
    »Ein Mähdrescher?«
    »Fabrikat Ferguson & Sons. Neuestes Modell! Wenn man schon in ›Klein-Amerika‹ ernten will, muß man das natürlich mit einer amerikanischen Maschine machen. Und unsere Firma liefert den Kasten. Als zweimaligen ›Vorbildlichen Arbeiter‹ und doppelten Medaillenträger hat man mich bestimmt, den Mähdrescher nach Nowotschok zu bringen.«
    »Bis in die Stadt?« sagte Shukow heiser vor Erregung. »Awdej, soviel Glück wäre unheimlich!«
    »Wie weit ich komme, weiß ich noch nicht. Heute abend ist die letzte Besprechung. Wie's auch sein mag: Es ist seit Jahren das erstemal, daß etwas nicht umgeladen werden kann. Der Mähdrescher muß so durch die Sperren, wie er geliefert wird.«
    »Und in dem Drescher stecke ich.«
    »So habe ich mir das gedacht.«
    »Wollen Sie mich zu Häcksel zerhacken, Awdej?«
    »Sie kennen doch diese Mähdrescher. Hoch wie zwei Häuser ist so ein Ding! Ein brüllender Roboter.«
    »Und wie ich die kenne! Ich habe selbst einen gefahren. Er mäht, drischt, sortiert Korn und Häcksel, preßt das Stroh, bindet es und spuckt die Ballen aus. Alles automatisch. Man sitzt hoch oben in einer Kabine aus Glas und braucht nur ein paar Hebel zu bedienen. Ha –«, Shukow starrte Dewjatow an, »der Häckselkasten! Solange das Ding nur fährt, kann man dort ein Nickerchen machen. Awdej, der Häckselkasten!«
    »Daran habe ich auch gedacht.« Dewjatow schlug die Fäuste gegeneinander. »Ich möchte wetten, daß keiner auf die Idee kommt, in einem Häckselkasten nach Spionen zu suchen, vor allem dann nicht, wenn ein zweifacher ›Vorbildlicher Arbeiter‹ das Riesending fährt …«
    »Wann?« fragte Shukow ruhig.
    »Morgen früh um sechs.« Dewjatow klopfte Shukow auf die Schulter. »Wassja Grigorjewitsch, ich hole Sie heute nacht ab und stecke Sie in den Häckselkasten.«
    In Frazertown wußte John Barryl nicht, warum der Bürgermeister ihn wieder zu sich rufen ließ. Sein Chef, Billy Rampler, kam vom Telefon und stieß John in den Rücken.
    »Du sollst zum Amt kommen. Bulder will dich sehen. Was

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