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Das Doppelspiel

Das Doppelspiel

Titel: Das Doppelspiel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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Saweliwitsch, und er hatte sich auch nicht geändert, nachdem man ihn zu Harry Fulton gemacht und ihm die Boxschule von Frazertown übergeben hatte. Er war ein Fanatiker, wenn es um Unklarheiten ging. Und jetzt gab es in Frazertown – allerdings nur für ihn – eine ganz große Frage, die er zu klären hatte: Wer war Bob Miller?
    Gut, er wußte von Hillmoore und auch von John Barryl, daß er der Major Wassja Grigorjewitsch Shukow war, und er war Fulton auch vom ersten Blick an sympathisch gewesen, einmal von der Figur als Boxer her, zum anderen wegen der verträumten Augen, die Fulton für einen ganz besonders wirksamen Trick hielt – aber seit dem Kampf gegen John Barryl, der trotz der nachfolgenden Versöhnung und sogar Verbrüderung eine Vernichtungsschlacht gewesen war, war Fulton nachdenklich geworden. Für ihn war es offensichtlich, daß nur das fast gleiche Kräfteverhältnis zwischen John und Bob einen Totschlag verhindert hatte.
    Fulton sprach darüber drei Tage nach dem Fight mit dem Arzt Dr. William Ford. Sie waren Freunde, und wenn sie allein waren, redeten sie trotz des Verbots russisch miteinander. Sie tranken dann einen Whisky, weil es eben in Frazertown keinen Wodka gab, nicht einmal an der Bar von Hillmoore. Ein kleiner, unbedeutender Regiefehler in dem sonst perfekten amerikanischen Theater.
    »Es ging um Norma«, sagte Dr. William Ford, als Fulton noch einmal den Kampf in allen Einzelheiten durchsprach. »Gawril Saweliwitsch, ein haariges Dreieck mobilisiert mehr Kräfte als eine Weltmeisterschaft!«
    »Sie hätten sich totgeschlagen, Afanasij Petrowitsch. Und es war Bob, der John immer mit geradezu schweinischen Worten reizte. Ich habe sie ganz klar gehört, war ja im Ring. Was Bob alles gesagt hat … John mußte von Sinnen kommen. Und warum hat er es gesagt? Um John blind vor Wut zu machen und ihn dann kalt abschießen zu können. Ich frage dich: Ist das unter Kameraden, unter sowjetischen Offizieren üblich? Wir alle wissen, warum wir hier sind – und da kommt ein Offizier daher, der sein persönliches Interesse höher schätzt als die Ehre der Roten Armee! Ein Mann mit einem Tötungsinstinkt.«
    »Den hatte John Barryl auch, Gawril Saweliwitsch.«
    »Weil er gereizt wurde. Es hatte begonnen als harmloser Boxkampf, als ein Messen der Kräfte, als Sport, Afanasij Petrowitsch. Und was wurde daraus, im Handumdrehen, durch Bob Miller? Eine Zertrümmerung!«
    »Und jetzt sind sie die besten Freunde«, sagte Dr. Ford gemütlich, genoß noch ein Gläschen Whisky und nahm einen Keks aus der Glasschale. »Für wen hat sich Norma eigentlich entschieden?«
    »Für keinen.« Fulton starrte gegen die tapezierte Wand seines Bungalows. Sie war mit Fotos von Boxern in der typischen, als Bild etwas lächerlich wirkenden Angriffshaltung garniert. »Und da ist noch etwas, Genosse Dronow. Bob Miller – oder sollen wir ihn unter uns Wassja Grigorjewitsch nennen? – beherrscht eine Menge amerikanischer Boxunreinheiten, die er bei uns bestimmt nicht gelernt hat. Im Infight blitzschnelle, kaum sichtbare Nackenschläge, Kopfstoßen von unten herauf – das sind nur zwei Unarten.« Fulton legte die Hände vor der Brust zusammen. »Du mußt doch zugeben, daß ich etwas vom Boxen verstehe. Man hat mich darauf spezialisiert. Und ich sage dir, Afanasij Petrowitsch: In der ganzen Sowjetunion lernt kein Boxer diese amerikanischen Unsauberkeiten! Aber Bob Miller schlägt sie!«
    »Er ist ein Meisterschüler für seine Aufgabe.« Dr. Ford schüttelte den Kopf. »Gawril Saweliwitsch, werde nicht wieder zum Maulwurf! Bob, oder Wassja Grigorjewitsch ist eine Ausnahmebegabung. Was er an der Bar mixt, ist ebenso faszinierend in seiner Vollkommenheit wie alles, was er tut.«
    »Und das fällt dir nicht auf? Eine Maske kann perfekt sein … aber darunter bleibt immer die eigene Haut. Und irgendwann einmal sieht man ein Stückchen dieser Haut. Unserer russischen Haut, Afanasij Petrowitsch! Aber bei Wassja Grigorjewitsch entdecke ich nicht eine winzige russische Pore!« Fulton kramte in seiner Hosentasche, zog eine zerknüllte Packung Reyno hervor und steckte sich eine Zigarette an. Dr. Ford dankte mit einer Handbewegung.
    »Was du denkst, Gawril Saweliwitsch, ist absurd. Oh, ich weiß genau, was du denkst! Ich kenne dich lange genug. In deinem Hirn rumort es jetzt wie in einem Gärkessel. Wenn man deine Hirnschale aufklappen könnte, sprudelte es hinaus. Aber es sind faulige Dämpfe, glaube es mir. Bis jemand in Frazertown

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