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Das Doppelspiel

Das Doppelspiel

Titel: Das Doppelspiel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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schrie Kapitän Slobin im Peilwagen, als das Krachen in seinem Kopfhörer begann. »Da! Da! Als ob er auf unserem Schoß sitzt! Hast du ihn?«
    »Schluß! Siebzehn Sekunden! Kann ich Wunder vollbringen? Das reicht nie!«
    »So kurz war es noch nie.« Slobin riß sich den Kopfhörer herunter. Er machte den Eindruck, als wolle er hineinbeißen. »Er spielt mit uns Katz und Maus. Ein echter Halunke! Ein Hundedreck! Sie konnten nichts feststellen?«
    Der Techniker aus Kiew betrachtete den winzigen Strich auf dem elektronischen Schreiber. »Der Sender ist in der Stadt«, sagte er.
    »Das weiß ich auch ohne ein Gerät, das Millionen kostet! Aber wo? Wo?«
    »Bei nur siebzehn Sekunden müßte man Hellseher sein.«
    Sie blieben auf dem Leninplatz bis gegen Mitternacht, dann fuhren sie zur Kaserne zurück. Es war ein Fehlschlag. Slobin knirschte schauerlich mit den Zähnen.
    »Erschießen Sie sich nicht gleich, Genosse Kapitän«, sagte der Techniker aus Kiew freundlich. »In den nächsten Tagen spüren wir ihn auf. Uns ist noch keiner entgangen. Wir brauchen nur ein klein wenig mehr Zeit, um uns in ihn hineinzuhängen.«
    »Den Fall hat das KGB in Odessa übernommen«, sagte am nächsten Morgen der Major der politischen Führung zu dem Oberst. »Man ist der Ansicht, daß in Winniza ein ausländischer Agent sitzt.«
    »Und das verbotene Land?«
    »Es ist verständigt. Aber von dort nach draußen besteht keinerlei Gefahr. Die Genossen in Odessa sagten keine Einzelheiten, aber sie sind sicher, daß über Nowotschok eher ein Stern vom Himmel stürzt, als daß ein Fremder dort eindringen könnte. Den Verdacht können wir streichen. Hier in Winniza sitzt das Schwein –«
    Was der Major erzählte, stimmte überein mit der Reaktion, die Bürgermeister James Bulder zeigte, als er erst aus Kiew und dann vom KGB in Odessa angerufen wurde.
    »Es ist ausgeschlossen, Genossen!« sagte er aus voller Überzeugung und fast beleidigt von dem Gedanken, ein Agent könne in Frazertown sitzen und fröhlich durch die Gegend funken. »Wenn Sie mir einen Spion unter dem Bett von Breschnew nachweisen, beginne auch ich, mich mit der Idee zu beschäftigen, bei mir hocke ein fremdes Männchen im Ohr. Das ist absurd, Genossen! Ich lade Ihre besten Einsatztruppen ein, bei mir einzudringen. Aber bringen Sie genügend Särge mit. Überlebende wird es nicht geben. So sicher bin ich hier. Ist Ihnen das klar?«
    Die Genossen in Kiew und Odessa beteuerten, das hätten sie immer gewußt, aber die Meldungen aus Winniza hätten ihnen an den Haaren gezogen. Es war ja auch nur eine höfliche Frage, Genosse General.
    Trotzdem ließ Bulder an diesem Vormittag John Barryl vom Feld holen und die Ernte unterbrechen. Er schickte dazu einen seiner Polizisten, natürlich in der Uniform eines Patrolmans. Meistens waren es junge sowjetische Leutnants, die in Frazertown aufgrund ihrer hervorragenden Leistungen auf der Kriegsschule und auf Lehrgängen ihre amerikanische Grundausbildung erhielten. Sie hatten einen heimlichen großen Respekt vor den alten ›Herren‹ wie John Barryl und auch Bob Miller, von denen sie ahnten, daß es mindestens Majore waren und die Besten der Roten Armee.
    So fragte der Polizist auch nicht, was Bob Miller neben John Barryl auf dem Mähdrescher machte. Er holte John zum Bürgermeister, Bob blieb voller Mutmaßungen und gespannter Erwartung zurück.
    Ist es soweit? Transportiert man John ab? Kommt er zum Einsatz in die USA? Wie kann man jetzt Dewjatow verständigen und General Orwell? Winniza schwieg bis auf weiteres. Es wurde angepeilt. Mehr wußte Bob auch nicht, als aber Dewjatow es so knapp und gehetzt durchgab, spürte Miller die große Gefahr, die sich über ihm zusammenzog. Er war nun abgeschnitten, zum Warten verurteilt, und wenn John Barryl wirklich zum Einsatz kam, gab es im Augenblick keinerlei Möglichkeit, den CIA zu warnen und John vom ersten Schritt an auf amerikanischem Boden zu beschatten. War er aber erst im Millionenheer der Menschen untergetaucht, half nur noch das Glück. Und das ist der unsicherste Verbündete in diesem tödlichen Beruf.
    Bob hockte auf dem Mähdrescher, rauchte nervös eine Zigarette und tröstete sich mit einem einzigen wohltuenden, wenn auch verräterischen Gedanken: Ich habe Dunjas Namen nicht mehr durchgeben können. Sie steht auf keiner Liste.
    Er saß ungefähr eine Stunde auf dem Erntemonstrum, als er über das bereits abgeerntete Feld zwei Militärlastwagen kommen sah. Sie waren voll besetzt und

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