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Das Doppelspiel

Das Doppelspiel

Titel: Das Doppelspiel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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befohlene Ziel erreicht. Das alles kann man mit uns machen … nur die Liebe einer Frau widersteht allen Befehlen. Norma wird es schwer haben. Sie wird noch oft allein am Fluß sitzen und mit den Fischen reden.
    Am Abend erschien John Barryl in Billys Restaurant, müde von der Ernte, auch durch ein paar Runden Schwimmen im Stadion nicht frischer geworden. Es waren heiße Tage am Bug, die letzten Sommertage, die noch einmal alle Glut verströmten und die Unendlichkeit des russischen Himmels demonstrierten. Wolkenlos, samtblau, von goldenem Licht durchzogen, wölbte er sich über das fruchtbare Land.
    Die Gäste in Billys Hamburger-Paradies hielten den Atem an. Jetzt schreit er gleich los, wetteten sie. Er springt auf die Theke und wird verrückt. Oder er trägt Norma auf seinen Armen einfach weg. Mach's ihr gut und dreifach, Genosse! Sie hat's nötig wie ein Dampfkessel ein Ventil nötig hat.
    Aber John Barryl reagierte ganz anders. Obgleich sein Herz beim Anblick Normas fast aussetzte, ging er gemessenen Schrittes durch das Lokal, stellte sich an die Theke und warf 10 Cents auf die Platte.
    »Eine große Himbeermilch!« sagte er. Seine Stimme war etwas angerauht, aber das war auch alles, was seine innere Erregung verriet. Die Gäste waren enttäuscht. Es gab keinen richtigen Romeo und keine Julia mehr. Auch Othello hatte keinen Nachfolger in John Barryl.
    Norma schenkte die Himbeermilch aus und schob sie John zu. Dabei blickten sie sich tief in die Augen.
    »Du hast dich kindisch benommen, John«, sagte sie gedämpft. Durch die offene Küchentür starrte Rampler zu den beiden, vor sich einen Berg vorbereiteter Hamburgers. Auf einem riesigen Grill brutzelten Lammkoteletts. Die Basketball-Mannschaft hatte sich zum Essen angemeldet und Lamm bestellt. »Was fällt dir eigentlich ein? Kann ich nicht einen halben Tag ohne deine Aufsicht verbringen?«
    »Ich habe befürchtet, sie hätten dich abkommandiert.« Er trank einen Schluck Milch und würgte sie hinunter. Aus der Brust herauf zog ein brennendes Würgen bis in den Mund. »Norma, ich habe …«
    »Wir alle kommen einmal hier weg, John«, sagte sie ruhig. Eine entsetzliche Zukunft, dachte sie dabei. Sie sah Bob an diesem Morgen nackt auf der Couch liegen, und sie sah sich, wie sie das heruntergefallene Badetuch wieder über ihn ausbreitete und seine Augen küßte. Dann war sie fluchtartig fortgelaufen vor ihrer Sehnsucht, sich auch auszuziehen und sich neben ihn zu legen.
    »Ich habe in diesen Stunden begriffen, wie sehr ich dich liebe, Norma«, sagte John Barryl leise.
    Norma lächelte schwach. Der eine gestand ihr seine Liebe, während er einen Shaker in die Luft warf, der andere tat es zwischen zwei Schlucken Himbeermilch. Sie gelten als die härtesten Männer der Sowjetunion und waren doch kleine dumme Jungen.
    »Warum sagst du nichts, Norma?« bettelte John.
    »Was soll ich darauf antworten?«
    »Ich habe dir gesagt, daß ich dich liebe –«
    »Und ich habe es gehört.«
    »Ist das alles, was man darauf antworten kann?«
    »Wir sind in Frazertown, John!«
    »Aber wir bleiben doch auch hier Menschen, Norma.« John umklammerte sein Milchglas. »Warum haben sie sonst einen Puff mit fünf Mädchen eingerichtet?«
    »Bin ich ein Ersatzpuff?«
    »Norma!« Barryl fuhr sich mit beiden Händen verzweifelt durch die kurzgeschnittenen Haare. »Ich mache alles falsch. Ich rede Blödsinn. Ich bin völlig aus dem Leim. Gehen wir heute abend aus?«
    »Ich habe Spätdienst, John.«
    »Hinterher. Hillmoore hat bis vier Uhr offen. Auch Bob würde sich freuen. Er hat mir heute bei der Ernte fabelhaft geholfen. Es ist, als seien wir beide in einer Wiege aufgewachsen …«
    »Es geht nicht, John. Ich werde müde sein, sehr müde. Vielleicht morgen …«
    Sie mußte zurück zu ihren Zapfhähnen. Neue Gäste waren gekommen und stellten sich an, um von der schönen Norma bedient zu werden und einen Blick auf ihren von der Bluse umspannten Busen zu werfen. Das gehörte einfach zu Billys Hamburgers und zum abendlichen Ausspannen.
    John Barryl fügte sich und wanderte durch den warmen Abend zu Hillmoores Bar. Dort begann der Betrieb gerade, die Band spielte die ersten Tänze. Bob hantierte hinter der großen Bartheke und scherzte mit einem üppigen Mädchen, das vor ihm auf dem Hocker saß. Es hatte hungrige Augen und knabberte mit seinen Blicken Stück um Stück von Bobs Körper ab.
    »Norma ist wieder da«, sagte John. Es klang, als wolle er die Sterne polieren.
    »Das ist gut, John.«

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