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Das Doppelspiel

Das Doppelspiel

Titel: Das Doppelspiel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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nach Frazertown: ›MELDEN! MELDEN! DRINGEND!‹
    Nach abermals fünf Minuten rasten die Jeeps der Miliz erneut an ihm vorbei, alarmiert von der Zentrale. Die Polizisten winkten Dewjatow zu.
    Es war wie im Märchen vom Hasen und den Igeln. Nur war es eine russische Version, und sie war tödlich.
    Aber Bob Miller meldete sich nicht.
    Während Dewjatow verzweifelt immer wieder in den Äther rief, vergaß Bob in Normas weichen, aber zupressenden Armen, daß es außer dieser Frau noch eine Welt um sie herum gab. Er wollte es auch nicht mehr wissen – er lebte nur noch in der Gegenwart der Liebe, von Augenblick zu Augenblick mitgerissen von Gefühlen, die er selbst nicht mehr begriff.
    Am Sonntagmorgen, das hatte Harry Fulton herausgefunden, gönnte sich Bob Miller für zwei Stunden ein Motorboot. Man konnte es unterhalb von Billys Hamburger-Restaurant mieten, pro Stunde 2 Dollar. Die Fahrtstrecke war zwar nur begrenzt, von Sperre zu Sperre, aber es war trotzdem eine wahre Freude, auf dem Fluß hin und her zu fahren oder in der Mitte zu ankern, hinüberzublicken nach Frazertown, im fließenden Wasser zu schwimmen, oder sogar vom Boot aus zu angeln.
    Bob Miller vergnügte sich damit, auf dem Fluß hin und her zu fahren, stur von Sperre zu Sperre, bis die Beobachtungsposten und die Soldaten auf den kleinen Wachbooten ihn schon von weitem erkannten und nicht mehr das warnende Hupsignal zogen: Halt! Gefahr! Wer weiterfährt, auf den wird ohne eine weitere Warnung geschossen!
    So lernte Miller das gesamte Gebiet von Frazertown kennen, soweit es den Uferstreifen am Bug – der ja hier Silver River hieß – betraf. Er fotografierte die amerikanische Kleinstadt mit ihrem markanten Wahrzeichen – Billys Plastik-Hamburger auf dem Dach – in ihrer ganzen Ausdehnung, nahm Details der niedrigen Steilküste auf, und es gelang ihm sogar, die Wachboote vor seine Kamera zu bekommen, die er in eine Taucherbrille montiert hatte. So saß er in seinem winzigen Motorboot, winkte den Genossen auf den kleinen Kriegsschiffen fröhlich zu, hatte die Taucherbrille auf die Stirn geschoben, und die automatische Kamera machte unhörbar klick-klick-klick. Es waren die ersten Fotos überhaupt, die es von der geheimnisvollen Stadt gab.
    Zwar besaß Frazertown auch zwei Fotogeschäfte mit Atelier und Labor, die sehr gut verdienten, denn es wurde viel fotografiert in der Stadt … aber jeder wußte, daß er bei seiner Abberufung in den Einsatz alle Bilder abgeben mußte und von Frazertown nichts zurückblieb als die eigene Erinnerung. Was es nicht gibt, kann man nicht fotografieren – und Frazertown gab es offiziell nicht. Das einzige, was man in den USA und beim CIA kannte, waren die Ortsschilder vor dem ersten Drahtzaun. Aber da stand Nowotschok drauf, ein Name, den man selbst in Winniza nicht ernstnahm.
    Bob Miller war etwa eine Stunde auf dem Fluß, als sich in einem ebenso kleinen Motorboot Harry Fulton näherte. Bob, der gerade einen Teil des Steilufers fotografiert hatte, fuhr weiter, als habe er Fulton nicht gesehen und stellte den Motor an der gegenüberliegenden Flußseite ab. Frazertown war hinter einer Biegung verschwunden, die nächste Südsperre war nach einer Biegung des Bug fast 300 Meter weit entfernt … hier gab es nur die sonnendurchflutete Landschaft, den im Sommerlicht schimmernden Fluß, in dem sich das Blau des wolkenlosen Himmels widerspiegelte. Das Steilufer war zerklüftet, die Äste der sich in den Steinen festgekrallten Bäume hingen in einem Bogen weit über das Wasser wie eine grüne Markise. Hier konnte man in Ruhe angeln, hier war ein Platz, wo sich die Fische tummelten. Man sah sie im klaren Wasser hin und her flitzen, im Sonnenlicht glitzernd, als seien sie aus poliertem Silber.
    Bob Miller sah sich um. Er war allein in diesem Flußabschnitt. Es war ein heißer träger Sonntag, die meisten Menschen saßen um diese Zeit in klimatisierten Lokalen und schlürften Eis oder Coca-Cola. Auch das Schwimmbad im Fluß war gut besucht, aber nur der Bootsverleiher machte heute kein großes Geschäft. Erst gegen Abend zogen die Romantiker aufs Wasser … beim Einbruch der Dunkelheit sahen die Lichter der Boote aus, als schwärme eine Wolke von Glühwürmchen über den Fluß.
    Harry Fulton tuckerte näher und ließ auf dem letzten Stück das Boot in Gleitfahrt an Bob Miller heranschwimmen. Bob, der seine Angelrute ausgepackt hatte, sah Fulton nicht sehr gnädig an. Die Taucherbrille mit der Kamera hatte er unter den Sitz

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