Das Doppelspiel
Sender unter dem Bauernwagen auf Empfang gestellt und wartete auf Bob Miller.
Aber Miller schwieg.
Als man beim CIA unruhig wurde, sagte General Orwell entschuldigend: »Der Major hat den schwersten Job übernommen, der jemals in Auftrag gegeben wurde. Und er hat's geschafft! Jetzt ist es wie beim Bergsteigen. Er hat den Gipfel erreicht und muß nun auf dem gleichen Weg wieder hinunter. Und das ist oft schwerer als hinauf. Wir müssen Geduld haben, meine Herren. Lernen wir von den Russen die Kunst des Wartens. Es täte uns allen gut.«
In der dritten Woche des Schweigens geschah dann das, wovor Bob Miller immer Angst, richtige hündische Angst gehabt hatte.
Norma war nach einer ihrer wilden Nächte wieder zu ihren Milchzapfhähnen in Billys Restaurant gegangen. Bob hatte die Wohnung aufgeräumt, das Bett gemacht, das Geschirr in die Geschirrspülmaschine gesteckt und das Schlafzimmer gelüftet, das Normas Parfüm wie ein Schwamm aufzusaugen schien, und so berauschend der Duft ihres Körpers auch war, er mußte ihn hinauslassen, denn John Barryl konnte einen solchen Geruch nicht ignorieren. Meistens kam er gegen zehn Uhr, wenn er Spätschicht hatte, oder gegen drei, wenn er morgens seine Hamburgers wie ein Künstler garnierte.
Heute hatte John Spätschicht. Bob Miller kochte einen starken Kaffee, stellte Pfanne und Eier und Speck bereit und wartete auf den Freund. Aber es wurde elf Uhr, ohne daß Barryl auftauchte oder anrief, warum er nicht kommen konnte. Um halb zwölf wurde Bob unruhig, setzte seine Mütze auf und machte sich auf den Weg zu John. Es war nur ein paar Ecken weiter, das Schwimmstadion lag zwischen ihnen.
Schon als Bob in die stille Straße mit den sauberen Bungalows und den gepflegten Vorgärten einbog, hatte er das typische Gefühl einer Gefahr. Dann sah er vor Johns Bungalow den Lastwagen einer Möbelfirma stehen. Drei Männer trugen alles, was Barryl ›auf Raten gekauft‹ hatte, auf die Straße und packten es in den Möbelwagen. Die Couch, die Sessel, den Teppich, die Tische, das Fernsehgerät. Sogar Johns Footballhelm, die dicken Handschuhe und die Trikots lagen auf einem herausgetragenen Tisch.
Unter Bobs Haaren begann es zu jucken.
Der Ernstfall, dachte er. Der typische, von uns allen gefürchtete Ernstfall. Die Abkommandierung zum Einsatz. Einen Andrej Nikolajewitsch Plenjakow, Major der Roten Armee, gab es nicht mehr … was jetzt herumreiste, seit der Nacht, also schon seit Stunden, war der perfekte Amerikaner John Barryl, der den Auftrag hatte, in Amerikas Geheimnisse einzudringen.
Die Alarmstufe I war erreicht. Moskaus intelligentester und gefährlichster Mann war unterwegs.
Mein Freund John, dachte Bob Miller bitter. Als Mensch ein wirklich guter Freund, aber was bedeutete jetzt noch Menschlichkeit. Die Maschinerie der Vernichtung lief an … die gegensätzlichen politischen Welten kannten keine Flucht in seelische Reservate.
Er beschleunigte seine Schritte und ging an den Möbelpackern vorbei, die ihn groß anschauten, in Johns Haus. Im leeren Wohnzimmer stand der Chef der Möbelhandlung, bei der auch Bob seine Möbel bestellt hatte, und grinste ihm entgegen.
»Gestern war er noch hier«, sagte Bob heiser vor Erregung.
»Ja, so schnell geht das.« Der Möbelhändler, in Wirklichkeit Oberstleutnant der sowjetischen Raketenregimenter, zeigte mit dem Daumen gegen die Wand. »Eigentlich ist es ja verboten, aber ich weiß, wie dick eure Freundschaft war. Da hängt was.«
Bob Miller riß den Zettel ab, den John auf einen Nagel in der Wand gesteckt hatte. Das letzte Zeichen vor dem großen Dunkel, in das er verschwunden war.
Nur ein paar schnell hingeworfene Zeilen, auf russisch:
»Wassja Grigorjewitsch, leb wohl. Es ist soweit. Habe keine Zeit zum Abschied, auch nicht von Norma. Geh zu ihr, tröste sie. Sag ihr: Ich liebe sie. Und wenn ich zurückkomme, werde ich sie finden, wo sie auch ist. Ich freue mich auf den Einsatz, so traurig ich auch bin, euch verlassen zu müssen. Ich umarme Dich, mein liebster Freund. Vielleicht treffen wir uns zufällig in Amerika? Gib Norma von mir einen Kuß … ich erlaube es Dir jetzt. Euer Andrej Nikolajewitsch, morgens um zwei Uhr.«
Bob Miller steckte den Zettel in die Hosentasche und sah den Möbelhändler an.
»So wird es uns allen passieren«, sagte er.
»Deshalb sind wir ja hier.« Der Möbelhändler machte eine weite Handbewegung. »Nur dieses blöde Theater. Möbel abholen. Morgen kommt ein neuer Mieter … Möbel herbringen. Hin
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