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Das Doppelspiel

Das Doppelspiel

Titel: Das Doppelspiel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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machender Bär! Ich verliere den Verstand –«
    Wer konnte da noch über John Barryl sprechen?
    »Gehen wir!« sagte Bob jetzt und schob seine Beine von dem Stuhl. »Um 16 Uhr ist der Vortrag über die U-Boot-Basen der Amerikaner. Gehst du hin, John?«
    »Ich mache den Mähdrescher sauber, Bob. Erzähl' mir nachher, was du gehört hast.«
    »Okay.«
    Sie gingen zu Norma, gaben ihr die Hand und durften sie auf die Wange küssen. John rechts, Bob links.
    Freunde.
    Und untergehakt verließen sie Billy Ramplers Hamburger-Paradies.
    Zwei Wochen lang stemmte sich Bob Miller gegen jedes innere Drängen, den Sender wieder auf Empfang zu stellen und zu hören, was draußen in der Welt geschehen war. Er wußte, daß Dewjatow seinen Funkspruch an General Orwell original weitergegeben hatte und man in der Zentrale des CIA nur eine Erklärung hatte: Major Miller muß verrückt geworden sein.
    Orwell allerdings war klüger. Als er Bobs Antwort erhielt, regte er sich nicht auf, er stellte auch nicht den Antrag, den Major Miller in Abwesenheit vor einem Militärgericht anzuklagen und die Verhandlung solange auszusetzen, bis er wieder greifbar war … er unterrichtete die Zentrale, daß Bob im Augenblick keine Möglichkeit habe, Frazertown so still zu verlassen, wie er eingedrungen war. Den Funkspruch heftete Orwell in seinen Privatakten ab und verschloß sie im Panzerschrank.
    »Wenn er bloß nicht immer mit Pauken und Trompeten auf die Weiber fiele«, sagte Orwell zu sich. Es tat ihm in dieser Situation gut, mit sich selbst sprechen zu können; einen anderen Partner konnte er dazu nicht nehmen. »Und da ist sicher ein Weib im Rennen! So eine Russin mit einem leicht asiatischen Hauch –«
    Es war verblüffend, wie gut ›Papa‹ Orwell, so nannte man ihn, seinen ›Sohn‹ Bob Miller kannte. Die Hoffnung blieb jedenfalls, daß Bob in absehbarer Zeit wieder aus den weichen Armen auftauchte und dann vernünftig war. Das hatte man oft genug erlebt. Es gab keine Frau, die Bob Miller länger als vier Wochen mit ihren Schenkeln festhalten konnte.
    Und das war Orwells großer Irrtum. Hätte er Dunja Andrejewna gekannt, wäre ihm die Gefahr bewußt geworden, in der sich sein bester Mann befand. Die Gefahr, dieser einen, wunderbaren Frau für immer zu gehören.
    Für Dewjatow war Millers Schweigen der beste Schutz. Die Spezialisten aus Kiew saßen mit hängenden Köpfen herum, mußten sich Versager, alte Eisentöpfe, Hirnlose und mehr solcher bösen Worte schimpfen lassen, vor allem der KGB-Major aus Odessa überbot sich in Ausdrücken, die man sonst nur auf Fischmärkten hört, aber was half's. Nur ab und zu noch knatterte es im Äther, immer dann, wenn Dewjatow sein ›Melden! Melden!‹ funkte und dann sofort abstellte. Jedesmal seufzte Kapitän Slobin erbarmungswürdig auf, blickte den KGB-Kollegen mit runden, traurigen Kuhaugen an und nickte vielsagend.
    »Ich weiß es endlich! Zu kurz!« schrie der Mann aus Odessa. Er rauchte zwei Packungen Papyrossi am Tag ohne Rücksicht auf Lungenkrebs. »Aber er ist da! Da! Da! Er sitzt vor unserer Nase. In Winniza! Der Gedanke sprengt mich in die Luft!«
    Slobin wünschte sich nichts sehnlicher, als daß der KGB-Mann wirklich zerplatzte. Vor über zwei Wochen war der letzte längere Funkspruch des unsichtbaren Gegners hinausgegangen, aber auch das geschah so schnell, daß zwei Peilwagen fast vor der Sowchose zusammenstießen, weil sie aus verschiedenen Richtungen heranrasten. Dewjatow lud Milchkannen auf seinen Bauernwagen, um sie für das Morgenmelken auf die Weiden zu bringen, als die beiden Peilwagen in den großen Hof donnerten.
    Da man Dewjatow als einen guten Freund und fleißigen Genossen kannte, winkte man ihm nur kurz zu und stand dann ratlos herum. War es möglich, daß in einer Sowchose ein feindlicher Sender arbeitet?
    »Unmöglich ist nichts!« schrie der KGB-Offizier aus Odessa, als die Funkwagen diese Frage durchgaben. »Los, Slobin … sofort zur Sowchose. Wir stellen sie auf den Kopf! Endlich ein Lichtblick! Alarmieren Sie eine Kompanie … die Verantwortung übernehme ich im Namen Moskaus!«
    Im Namen Moskaus, das war eine gute Sache. Kapitän Slobin lief zu großer Form auf. Eine halbe Stunde später hielten zehn Lastwagen mit Militär bei der Sowchose, die Soldaten sperrten alles ab, stürmten die Gebäude und traten die über Nacht selbstverständlich geschlossenen Türen ein.
    Die große Razzia begann.
    Um diese Zeit war Dewjatow längst wieder auf dem Land, hatte seinen

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