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Das Doppelspiel

Das Doppelspiel

Titel: Das Doppelspiel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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schmeichelte es sogar der Figur.
    Die junge Frau kam zu Shukow, setzte sich neben ihn auf die Lehne des Sessels und beugte sich zu ihm hinunter. Er grinste sie an, legte den Arm um ihre Hüfte, aber sie schlug ihm auf die Hand und schüttelte den Kopf.
    »Ein Irrtum!« sagte Shukow und hob bedauernd die Schultern. »Ich dachte, das Hotel hat eine besondere Art der Gästebetreuung. Und Gepflogenheiten sind überall verschieden, weiß man, was in Irkutsk Sitte ist? In Ust Omschuk, nördlich von Magadan, mußte ich bei einem Jakutenstamm übernachten. Ich bekam einen ganzen Aul für mich – Aul ist eine Hütte aus Stangen und Häuten – eine große Auszeichnung, und mein Gastgeber bestand unbedingt darauf, daß ich seine Tochter entjungfere. Sie war dreizehn Jahre alt und roch nach Fischtran. Und wenn ich an Taldy Kurgan denke, östlich von Alma Ata! Genossin, da sagte mein Gastgeber zu mir –«
    »Ich habe das Radio angestellt und sitze auf Ihrer Sessellehne, weil ich weiß, daß man Mikrofone im Zimmer hat«, sagte die junge Frau nüchtern, leise, aber sehr deutlich neben Shukows Ohr. »Ich verkaufe sonst in der Hotelhalle Parfümerien.«
    »Habe ich so gestunken, als ich an Ihnen vorbeiging? Was können Sie mir empfehlen?«
    »Mehr Ernst«, sagte sie fast böse.
    »Versuchen wir es.« Shukow sah sie wieder an. Er wußte noch nicht, was er von ihr halten sollte. Da kam eine sehr hübsche Frau ins Zimmer, machte durch Radiomusik versteckte Mikrofone unbrauchbar und benahm sich wie ein Profi in dem Gewerbe, für das Shukow unterwegs war. So nicht, dachte er zufrieden. So testet man mich nicht. Das ist auch die falscheste Art, einen Bob Miller aufs Kreuz zu legen. Ich bin sowjetischer Major, und da hört sich das Lied ganz anders an.
    »Hören Sie, Genossin!« sagte er ziemlich grob und schob mit der flachen Hand das Gesicht der Frau von seinem Ohr. »Es ist geradezu staatsfeindlich, zu behaupten, in sowjetischen Hotels gäbe es versteckte Abhörgeräte! Unerhört! Das einem sowjetischen Offizier zu sagen –«
    »Ich bin Galina Theofilowna«, antwortete sie.
    »Das ändert nichts daran.«
    »Ich grüße Sie von OI.«
    »Aha!« Shukow räkelte sich in seinem Sessel. Dabei berührte er mit seiner Schulter Galinas Brust. Sie war rund und fest und erinnerte ihn an Dunja Andrejewnas herrlichen Körper. Dunja … sie hatte jetzt in Billys Hamburger-Restaurant Hochbetrieb, mischte Milch mit Fruchtsäften und war männerfeindlicher denn je. Zuerst John Barryl weg zum Einsatz, dann gleich hinterher Bob Miller … in Frazertown nannte man sie jetzt hinter der Hand die doppelte Witwe.
    Dunja. Sie war so weit weg, wie Märchen unerreichbare Träume sind. Sie lebte in ihm, sie war immer bei ihm, er konnte mit ihr reden und wußte genau ihre Antworten, aber er konnte sie nicht mehr greifen. Sie wurde zu einem Wunsch … vielleicht zu einem jener Wünsche, denen man ein ganzes Leben lang vergebens nachjagt.
    »Sieh an … OI!« sagte Shukow, als habe Galina Theofilowna einen Witz erzählt. »Wie geht es dem Alten? Als ich ihn zum letztenmal sah, hatte er leichte Prostatabeschwerden. Wir nannten ihn vertraulich den ›Tröpfel-Jack‹.«
    »Ich habe Sie mir anders vorgestellt, Wassja Grigorjewitsch«, flüsterte Galina wieder an seinem Ohr. »Sagt Ihnen Werchokrassnoje etwas?«
    »Genug. Im Winter sind es dort minus 60 Grad. Es hat übrigens mal einer versucht, bei dieser Temperatur im Freien zu pinkeln. Wissen Sie, was da passiert ist?«
    »Sie haben einen Platz morgen im Flugzeug nach Jakutsk. Als Ingenieur für Hochfrequenztechnik. Den Namen Shukow behalten Sie. Ich habe alle Papiere und Ausweise bei mir. Genügt Ihnen das, Genosse Major?«
    »Sie überzeugen mich, Galina.« Shukow legte wieder den Arm um ihre Hüfte, und diesesmal schlug sie ihm nicht auf die Hand. »Ich hatte alles erwartet, nur nicht eine so schöne Frau. Täubchen, Täubchen, warum tun Sie so etwas? Für die Kapitalisten spionieren!«
    »Meine Großeltern wurden während der Revolution erschossen. Mein Großvater war Oberst unter General Denikin. Mein Vater starb in einem Straflager, meine Mutter ist in den Bergwerken bei Magadan verschollen. Mein Vater war Schriftsteller und hatte einen Roman über den Tod seines Vaters geschrieben. Meine Mutter wurde dabei überrascht, wie sie das Manuskript einem englischen Geologen mitgeben wollte. Rußland hat meine Familie ausgelöscht. Nein, nicht Rußland … dieses Regime der Roten!« Sie hatte plötzlich ein sehr

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