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Das Dorf der Katzen

Das Dorf der Katzen

Titel: Das Dorf der Katzen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernhard Fritz
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Nikola hinüber. Einen Tag früher als geplant!
    Aber sie musste noch etwas regeln. So konnte sie den Ort noch nicht verlassen, denn da stand noch etwas Unausgesprochenes im Raum.
    Und so stand sie auf und ging langsam auf Aristos zu. Zögernd blieb sie vor dem alten Mann stehen, der eine Würde und Ruhe ausstrahlte, die Vera befangen machte. Sie blickte ihm ins Gesicht und versuchte ein Lächeln.
    Mein Gott, diese blauen Augen! Wie kam es, dass so viele Griechen diese unglaublich blauen Augen hatten? Und wie unnahbar und hart die blicken konnten!
    Im wettergegerbten, von unzähligen Falten durchzogenen Gesicht des Patriarchen zuckte kein Muskel. Schweigend sah er auf Vera herab. Die nahm schließlich ihren ganzen Mut zusammen und hob zögernd ihre rechte Hand, um sie Aristos zu reichen.
    Seine Augen wanderten zwischen ihrer Hand und ihrem Gesicht hin und her. Plötzlich wurde sein Blick weicher und dann verzog sich sein Mund zu einem feinen Lächeln.
    Er zog die völlig überraschte und wehrlose Vera zu sich heran und umarmte sie. Sie bekam in rascher Folge drei angedeutete Küsse links-rechts-links auf die Wangen.
    Dann hielt Aristos sie an ausgestreckten Armen von sich wie eine Puppe und sagte: „Efcharisto poli!“
    Damit wandte er sich ab und ging zur Tür hinaus.
    Vera blickte Nikola an. Die wischte sich ihre Hände an der Schürze ab und sagte leise:
    „Er hat ‚vielen Dank’ gesagt. Betrachte dich als rehabilitiert und vor allem hoch geehrt! Ich habe es in all den Jahren nicht geschafft, von ihm ein Lächeln zu bekommen.“
    Vera lächelte verlegen. Gleichzeitig standen ihr Tränen in den Augen.
     
    Den Abend verbrachten Vera und Nikola allein in der Taverne. Verständlicherweise stand keinem der Einwohner von Illasandria heute Abend der Sinn nach einem Kneipenbesuch. Alle waren damit beschäftigt, ihre Habseligkeiten zu packen und den - wie sie hofften, vorübergehenden - Auszug aus ihrer Heimat zu organisieren.
    Die beiden Frauen, die sich erst so kurz kannten, aber einen vertrauten Umgang miteinander hatten, als ob Vera schon seit Jahren in der Taverne ein und aus gehen würde, hatten sich viel zu erzählen. Eigentlich war es Vera, die meistens redete und Nikola hörte aufmerksam zu.
    Vera sprach nun im Detail über alles bisher Erlebte, über ihre Sorgen, Ängste und Gefühle, über die Aufregung und Freude, an sich selbst die unwahrscheinlichsten Fähigkeiten zu entdecken, über ihre Empfindungen Ioannis gegenüber und über die geheimnisvolle Welt der Katzen in Choriogatos, dem Dorf der Katzen.
    Nikola war fasziniert und geschockt gleichzeitig. Als eine Nicht-Insulanerin stand sie der ganzen Sache weitaus objektiver und differenzierter gegenüber, war nicht von Vorurteilen und alten Schauergeschichten verblendet. Dennoch war es für sie teilweise grenzwertig, die schaurigen Geschichten von explodierenden Zwitterwesen aus Mensch und Riesenkatze, von Katzen mit Pumakräften, Göttinnen und Feuerwänden zu hören.
    Es wurde ziemlich spät und Vera wollte schließlich aufbrechen.
    Nikola hielt sie zurück und bestand darauf, dass Vera über Nacht bei ihr bliebe.
    „Nach all dem, was du mir erzählt hast, ist es wohl besser, du bleibst über Nacht hier und fährst nicht mutterseelenallein quer durch die Insel“, sagte sie.
    Vera lachte, als sie an Gizmo dachte.
    „Eigentlich habe ich doch einen Bodyguard dabei“, sagte sie.
    Und im gleichen Moment wurde ihr bewusst, dass sie sich die ganze Zeit nicht um ihren „Schatten“ gekümmert hatte. Wo er wohl war?
    Sie ging zum Jeep, aber der Beifahrersitz war natürlich leer, Gizmo irgendwo verschwunden.
    Vera schüttelte leicht den Kopf. Das war eigentlich nicht seine Art. Normalerweise hätte er sich bei ihr abgemeldet. Ob er beleidigt war? Irgendwie hätte sie ihm das zugetraut. Aber wahrscheinlich stromerte er durch den Ort, alte Bekanntschaften auffrischen oder neue schließen. Bis morgen würde er schon wieder zurück sein.
    Sie ging zurück in die Taverne, wo Nikola gerade den Gastraum aufräumte.
    „Du kannst wieder in deinem ‚alten’ Zimmer schlafen“, sagte sie zu Vera. „Mit Glastürendusche!“
    „Haben die drüben in Choriogatos auch“, lachte Vera, „aber trotzdem, vielen Dank. Ich helfe dir dafür morgen beim Zusammenräumen und Packen, ok?“
    „Das ist ein Wort! Gute Nacht, Vera, schlaf gut!“
    Vera ging die Treppe hinauf in ihr Zimmer.
    „Alle Heiligen, steht diesem tapferen Mädchen bei“, murmelte ihr Nikola leise

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