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Das Dorf der Katzen

Das Dorf der Katzen

Titel: Das Dorf der Katzen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernhard Fritz
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love me!’ stand in großen Lettern vorne drauf.
    Vera musste schmunzeln und wollte gerade weitergehen, da erblickte sie etwas, das ihre ganze Aufmerksamkeit plötzlich uneingeschränkt auf diesen Mann und seinen Kutter lenkte:
    Es war die Katze, vielmehr der Kater, der neben ihm saß und sie wieder regungslos fixierte.
    Es war der Kater von gestern!
    Er gehörte also zu diesem Mann! Vielleicht konnte sie ein paar Worte mit ihm wechseln und ihm erzählen, dass sein Kater Ausflüge in die Innenstadt unternahm, um dort Touristinnen anzubaggern.
    Vera ging näher. Der Seebär blickte auf.
    „Hellblaue Augen“, dachte sie irritiert.
    Ein Lächeln vertiefte die unzähligen Falten in seinem Gesicht.
    „Kali mera, junge Dame. Interesse an meinem Boot?“ Er sprach ein fehlerfreies Deutsch mit einem leicht hanseatischen Akzent, wie sie feststellte. Was es nicht alles gab!
    „Eigentlich nicht“, antwortete sie. „Fahren sie überhaupt für Touristen? Ich sehe kein Schild bei ihnen, beziehungsweise ihrem Kutter!“
    „Ich fahre nicht für Touristen, sondern für Spezialisten. Wohin ich fahre, wollen Touristen nicht hin“, sagte der Mann. „Ich muss meine Kunden nicht suchen – sie kommen zu mir und mein Ziel liegt weit draußen. Zu weit für einen Tagestrip. Wenn sie mitwollen, müssen sie am Ziel zumindest einmal übernachten.“
    „Und was oder wer ist das Ziel?“ Vera war trotz der etwas schroffen Antwort neugierig geworden.
    „Phelisonissi“, sagte der Mann. „Eine Insel abseits von allem. Abseits von Touristenströmen, abseits von allen wichtigen Seewegen, abseits der Welt!“
    „Und was gibt es auf dieser Insel?“, wollte Vera wissen.
    „Ruhe“, sagte der Mann knapp.
    „Ruhe?“
    „Genau!“
    Das klang sehr lapidar, aber irgendwie auch sehr verlockend, dachte Vera. Unruhe hatte sie die letzten Tage und vor allem Nächte ausreichend gehabt!
    Ein paar Tage auf einer abgeschiedenen Insel, dann noch mal zurück nach Rhodos, ein wenig Sightseeing und zuletzt wieder nach Hause. Damit könnte sie durchaus leben.
    Andererseits: das wäre schon ein Sprung in verdammt kaltes Wasser! Sie kannte weder diesen Mann noch sein Fahrtziel. Worauf würde sie sich einlassen, wenn sie jetzt „ja“ sagen würde? Mord auf hoher See? Sie mit einem Gewicht an den Beinen in der Ägäis versenkt und dieser Unbekannte um ihr Gepäck, speziell ihr Geld und ihre Kreditkarten reicher?
    Oder womöglich mindestens noch eine Nacht in einer unmöglichen Unterkunft?
    Sie zögerte. Ihr Blick wanderte umher und blieb an dem Kater hängen, der noch immer regungslos neben dem Mann saß.
    Sie blickte ihn an.
    Er blickte zurück.
    Dann zwickte er die Augen kurz zu einem beidseitigen Blinzeln zusammen.
    Vera kannte diese Geste, die unter Katzen „Ich tu dir nichts, ich bin dein Freund, alles in Ordnung!“, bedeutete.
    „Aha, der Schiffskater signalisiert mir, dass alles ungefährlich ist. Sehr beruhigend“, dachte Vera sarkastisch.
    Aber irgendwie hatte diese vertrauensbildende Geste ihre Wirkung nicht verfehlt. Vera war praktisch schon zur Hälfte von der Idee vereinnahmt, zu diesem Piraten, wie sie ihn mittlerweile insgeheim getauft hatte, an Bord zu gehen. Ziel unbekannt, auf zu neuen Ufern!
    In Vera erwachte plötzlich eine Abenteuerlust, die sie zuletzt als Teenager verspürt hatte, als sie mit Elke in den großen Ferien nach England zum Musikfestival nach Reading gefahren war.
    Verdammt, man lebte nur einmal, und was war schon dabei, mal etwas Neues und ein kleines bisschen Verrücktes auszuprobieren! Vera überlegte noch mal kurz. Das andere Hotel, das Stavros organisiert hatte oder der Ausflug auf die Insel?
    INSEL! Rief alles in ihr.
    Sie bemerkte, dass sie die ganze Zeit stumm und wie geistesabwesend dagestanden hatte, während der Pirat auf irgendeine Antwort wartete.
    „Ist das Ihr Kater?“, fragte sie deshalb mehr aus Verlegenheit und deutete auf die Stelle, wo der Kater neben ihm saß. Oder vielmehr gesessen hatte - die Stelle war leer.
    „Ich habe keinen Kater“, brummte der Mann. „Höchstens am Morgen nach einer durchzechten Nacht! Was ist nun, wären sie an einem Trip interessiert? Das würde konkret so aussehen: Ich bringe sie hin und bleibe dann dort bis zum nächsten Tag. Für eine Rückfahrt wäre es zu spät und außerdem verbringe ich dort auch mal gerne eine Nacht. Sie verstehen?“
    Er zwinkerte verschwörerisch.
    Vera verstand.
    „Gefällt es Ihnen auf Phelisonissi, können Sie für den Rest ihres

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