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Das Dorf der Katzen

Das Dorf der Katzen

Titel: Das Dorf der Katzen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernhard Fritz
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plaudern und erzählen konnte, ohne dabei aufgesetzt oder arrogant zu wirken. Vera ertappte sich mehrmals dabei, wie sie regelrecht gebannt an seinen Lippen hing. Er war aber auch ein aufmerksamer Zuhörer, der sein Gegenüber reden ließ und es verstand, mit klugen Fragen und Bemerkungen das Gespräch in Fluss zu halten.
    Er hatte ein ansteckendes Lachen, das die Fältchen um seine schönen dunklen Augen vertiefte und sein leises Lächeln, das er Vera hin und wieder schenkte, erzeugte bei ihr eine wohlige Gänsehaut.
    Der Abend verging wie im Flug und die beiden kamen sich näher, ohne es jeweils zu forcieren und ohne es wirklich zu bemerken. Aber hinter den Kulissen hatte Aphrodite wohl schon die Weichen gestellt….
    Es ging auf halb Eins zu, als Ioannis schließlich den Abend beendete.
    „Es war ein schöner, ein sehr schöner Abend mit dir, Vera“, sagte er.
    Vera sah ihn an. „Ja, fand ich auch. Danke noch mal für die Einladung! Wo schläfst du eigentlich heute Nacht? In meinem Zimmer wäre Platz. Du könntest bei mi…, äh, ich meine, hast du…wenn du bei mir schlafen….äh…“ Sie stotterte verlegen und verstummte dann.
    Was machte sie gerade? Stotterte hier herum wie ein Teenager! Sie biss sich auf die Unterlippe. Recht viel peinlicher geht es wohl nicht mehr, oder, Vera?
    „Danke für das Angebot“, sagte Ioannis so locker, dass sich Vera auch wieder entspannte. „Ich kann bei einem Freund übernachten, der wohnt ein paar Häuser weiter. Zum Glück sind nicht alle Bewohner hier und drüben in Choriogatos solche Hardliner. Gute Nacht Vera!“
    Er gab ihr brav die Hand. Das war nun aber Vera doch ZU brav! Sie waren hier ja nicht im Kloster. Mit wieder gewonnenem Mut und Selbstvertrauen reckte sie sich und gab ihm einen leichten Kuss auf die Wange.
    „Gute Nacht Ioannis. Morgen, das heißt heute, um neun, ja?“
    „Ja, um neun“, Ioannis lächelte ihr nach, als sie die Treppe hochging, sich am oberen Absatz noch einmal umdrehte und ihm kurz winkte. Dann ging er nachdenklich in die Nacht hinaus. Bis jetzt lief alles glatt, mehr als glatt. Aber er hatte sich in sie verliebt. Nicht blitzartig, aber dafür umso heftiger. Hoffentlich erwuchsen daraus keine Probleme!
     
    Vera lag mit hinter dem Kopf verschränkten Armen in ihrem Bett.
    Durch das offene Fenster hörte sie die Geräusche der Nacht. Das unablässige Zirpen der Zikaden, den leisen Wellenschlag des Hafenwassers. Den fernen Schrei irgendeines nachtaktiven Tiers, der wie eine quietschende Tür klang. Ab und zu ein verschlafenes Ziegengemecker.
    Sie konnte nicht einschlafen.
    In ihrem Bauch tanzten ein paar übermütige kleine Kobolde Sirtaki und in ihrem Kopf erschien immer wieder das Bild von Ioannis.
    Schließlich stand sie seufzend auf und ging ans Fenster. Ihr Blick fiel über die Straße auf den Hafen, den sie in seiner gesamten Ausdehnung bis zur Einmündung in das offene Meer überblicken konnte.
    Dort stand, tief und groß, ein Halbmond. Unwillkürlich musste Vera an ihre beiden Muttermale denken, die ja auch jeweils halbmondförmig waren.
    Sie fröstelte plötzlich. Ihr Gefühl sagte ihr, dass sie da in etwas Seltsames, Unerklärliches hineingezogen wurde, wenn sie nicht sogar schon mitten drin war.
    Ein leises Geräusch erregte ihre Aufmerksamkeit. Sie erkannte eine dunkle Silhouette an der Hafenmauer, die dort auf einem Poller saß, aufs Meer hinausblickte und ab und zu wie geistesabwesend kleine Steine oder Muschelschalen ins Hafenbecken warf. Das leise Plitschen der Wurfgeschosse hatte sie gehört.
    Sie musste lächeln: Ioannis!
    Er konnte wohl auch nicht schlafen.
    Sie kroch zurück in ihr Bett und schloss die Augen.
     

 
    ΦΦ ΦΦ
     
    Erheben werden sich alsbald
    Die staubgeborenen Bestien
    Sie werden kommen aus der Nacht
    Und Neun wird sein ihre Zahl
     
    Mitten in der Nacht schreckte Vera hoch. Lärm von draußen hatte sie geweckt. Menschen riefen durcheinander, ein Hund bellte aufgeregt.
    Sie stand auf, wickelte sich das dünne Laken, das ihr als Decke genügte, um den Körper und trat ans Fenster.
    Draußen schien der ganze Ort auf den Beinen zu sein.
    Etwa dreißig Einwohner, Jung und Alt, waren rufend und gestikulierend auf der Straße vor der Taverne zusammen gelaufen und es kamen immer noch Nachzügler dazu. Allen sah man an, dass sie sich hastig in irgendwelche Kleidungsstücke geworfen hatten.
    Die Menschen deuteten oder blickten in Richtung Westen, wo sich der Felsgürtel um Illasandria öffnete und die

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