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Das Dorf der Mörder

Das Dorf der Mörder

Titel: Das Dorf der Mörder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elisabeth Herrmann
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Reisemantel von der Garderobe, den er bei diesem Wetter nicht brauchen würde, der ihm aber gemeinsam mit der Aktentasche das Gefühl geben musste, nicht ganz ohne Gepäck zu reisen.
    »Welche drei Punkte?«, fragte Jeremy und begleitete ihn zur Tür.
    »Die Hunde. Der Umzug. Und die Wahl des Opfers.«
    Jeremy nickte. Er hätte den Umzug gegen Rilke getauscht.
    »Und der Rosenkranz?«, fragte er den Professor. Rubin hatte ihn keines Blickes mehr gewürdigt.
    Brock lächelte. »Nun, sie redet. Nicht wahr? Damit hat uns das gute Stück doch schon einmal einen großen Dienst erwiesen.«
    Der Professor verließ die Praxis. Charlotte Rubin kam in Begleitung ihrer beiden Aufpasser.
    »Bis morgen«, sagte sie.
    Jeremy kam eine Idee. Die Sitzung war beendet. Da konnte man durchaus auch mal etwas Privates fragen.
    »Hat Ihre Schwester sich eigentlich gemeldet?«
    Sie schloss den obersten Knopf ihrer Hemdbluse. Das war schwer, weil ein dickes Heftpflaster über ihrer Wunde klebte. Unten auf der Straße musste sie ersticken, so warm war es draußen.
    »Ich weiß nicht, wen Sie meinen.«
    »Ihre Schwester.«
    »Tut mir leid.« Ihre dunkelblauen Augen schienen zu Gletschereis zu gefrieren. Jeremy spürte, wie ihm eine Gänsehaut den Rücken hinunterlief. Charlotte Rubin hatte manchmal eine Art, die furchteinflößend wirkte. In solchen Momenten traute er ihr alles zu. »Ich weiß immer noch nicht, von wem Sie eigentlich reden.«
    Jeremy merkte, wie ihm der Schweiß ausbrach. Es lag nicht an der Wärme, die sich in den dicken Mauern hielt. Er hatte sich wieder einmal auf schwankenden Boden begeben.
    »Korrigieren Sie mich, wenn ich mich irre.« Er gab seiner Stimme einen bewusst distanzierten Klang. »In Ihrer Akte wurde erwähnt, dass sie sich zum Zeitpunkt Ihrer Festnahme in München befand. Immerhin sind seitdem einige Wochen vergangen, und so weit weg ist das nicht.«
    »Ach, Cara.« Sie sagte das in einem Ton, in dem man einen festgetretenen Kaugummi auf der Straße bemerkt. »Nein, sie war nicht da.«
    »Wissen Sie, wo wir sie erreichen können?«
    »Sie wollen doch nicht etwa mit ihr reden? Wollen Sie das?« Sie trat einen Schritt näher. Der ohne Namen stand am Fenster und sah hinunter auf die Straße, weil sie auf den Wagen warten mussten. Miesdrosny verschwand gerade mit einer Geste der Entschuldigung auf dem Klo.
    »Professor Brock dachte, es wäre vielleicht eine gute Idee …«
    »Das ist es nicht«, zischte sie. Der ohne Namen drehte sich um und kam näher. Leider ohne Eile, wie Jeremy bemerkte. Auf Miezes Schreibtischunterlage lag der Terminkalender von Brock. Ein dickes, in Leder gebundenes Buch – im Zeitalter von Computer und Smartphone ein liebenswerter Anachronismus. Jeremy nahm ihn in die Hand und öffnete ihn. Es sah nebensächlich und beiläufig aus. In Wirklichkeit war das Buch ein Schutzschild.
    »Cara und ich haben nichts miteinander zu tun. Wir haben uns seit Jahren nicht gesehen und auch nicht das Bedürfnis danach gehabt. Sie weiß nichts über mich und ich nichts über sie. Ich will mit ihr nichts zu tun haben.«
    »Vielleicht kann sie Ihnen helfen.«
    »Helfen? Mir?« Sie stieß ein verächtliches Schnauben aus. »Hören Sie auf, Märchen zu erzählen. Ich weiß doch, warum ich hier bin. Es geht um lebenslänglich Knast mit anschließender Sicherheitsverwahrung oder Psychiatrie. Wer soll mir denn da noch helfen?«
    Ihre Körperhaltung änderte sich, wurde aggressiver. Der ohne Namen legte ihr seine Hand auf den Arm und tastete instinktiv nach seiner Waffe. Jeremy stellte sich hinter Miezes Schreibtisch. Sein Blick fiel auf den Köcher mit den Stiften und der Papierschere. Bitte, nicht noch ein Zwischenfall, betete er.
    »Ich will nicht, dass Sie mit ihr reden! Ich verbiete es Ihnen! Über mich wird mit gar niemandem geredet.«
    »Bei Ihrem Prozess werden Sie das nicht vermeiden können.«
    »Mein Prozess.« Sie bemerkte die Papierschere. Jeremy nahm den Köcher und stellte ihn hinter sich auf das Aktenregal. Rubin stieß ein verächtliches Schnauben aus. »Wenn es dazu überhaupt kommt.«
    »Sie werden es nicht verhindern können. Der Richter, der Staatsanwalt, die Presse, das ganze Land wird über Sie reden. Warum denn nicht eine einzige Person, die es vielleicht gut mit Ihnen meint?«
    »Cara?«
    Sie kam noch näher und schüttelte dabei die Hand des Vorführbeamten ab. Jeremy hörte die Klospülung und hoffte, dass Miesdrosny endlich wiederkam. Was würden die beiden Beamten tun, wenn Rubin ihm

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