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Das Dorf der Mörder

Das Dorf der Mörder

Titel: Das Dorf der Mörder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elisabeth Herrmann
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Auto?«
    »Nein. Schon lange nicht mehr.«
    Mehrere junge Fliegen tanzten unter der Küchenlampe. Das Schweigen dehnte sich aus. Sanela trank ihr Glas leer, stand auf und ging an die Spüle.
    »Darf ich?«
    Die Frau nickte.
    »Ich heiße übrigens Sanela Beara.«
    Wie jedes Mal, wenn sie ihren Namen sagte, rechnete sie mit einer Reaktion. Aber ihr Gegenüber zuckte nur mit den Schultern.
    »Mich hat meine Mutter Walburga genannt. Dagegen kommt man nicht an.«
    »Stimmt.«
    »Und dann heirate ich auch noch einen Wahl. Erich Wahl. Mit h. Aber das spricht natürlich keiner aus.« Sie schnaufte. Walburga, der Wal. Das war ja fast genauso schlimm wie Sanela, die Margarine. »Aber wer achtet schon auf so was, wenn man jung ist und verliebt.«
    Sanela füllte das Glas mit Wasser und blieb an die Spüle gelehnt stehen.
    »Was ist aus ihm geworden?«
    »Er ist … gegangen.« Walburga Wahl blinzelte und rieb sich dann schnell über die Augen. »Das ist schon lange her, fast zwanzig Jahre. Ich habe danach versucht, das Haus weiterzuführen. Aber irgendwann ging es nicht mehr. Man muss wissen, wann Schluss ist.«
    »Das tut mir leid.«
    »Muss es nicht, junge Frau. Das ist ja nicht Ihr Problem. Wollen Sie nicht den Abschleppdienst anrufen?«
    »Oh, ja.« Sanela wühlte in ihrer Handtasche, holte das Handy heraus und ging in den Flur. Der toten Leitung erklärte sie in epischer Breite, wo sie gestrandet war und welches Problem sie in ihrem altersschwachen Jetta vermutete. Als sie der Meinung war, dass Walburga Wahl genug gehört hatte, kehrte sie wieder zurück.
    »Wie ich vermutet habe. Sie brauchen mindestens zwei Stunden. Wäre es sehr ungelegen, wenn ich hier warten würde?«
    »Aber gar nicht.« Sie hatte sich wieder gefasst und lächelte sogar. »Das ist fast so, als hätte man wieder einen Gast.«
    Offenbar hatte sie den richtigen Ton getroffen. Es musste sehr einsam sein in diesem leeren Haus und dem wie ausgestorben wirkenden Dorf. Sanela beglückwünschte sich zu ihrem Einfall mit dem kaputten Auto. Er gab Walburga die Gelegenheit, jemanden willkommen zu heißen, ohne Gefahr zu laufen, ihn nicht wieder loszuwerden.
    Gemeinsam hängten sie die Wäsche ab und legten sie zusammen. Anschließend setzten sie sich in den Garten und tranken Wasser mit Holundersirup, und Walburga verkündete das Ende des Waschtages, der Rest musste warten, denn: »Es sind ja Gäste da!«
    Walburga lächelte so verschmitzt, dass Sanela an ihrem Glas roch. Sirup und Wasser, nicht mehr. Offenbar machte allein ihr Auftauchen die Leute hier beschwipst. Als die zwei Stunden vergangen waren, tat Sanela noch einmal, als ob sie telefonieren würde, und schmückte die fiktive Absage des Abschleppdienstes noch mit einem Auffahrunfall auf der A13 Richtung Dresden aus.
    »Wo denn?«, fragte Walburga neugierig.
    Sanela hatte keine Ahnung.
    »Wahrscheinlich Richtung Tschechien«, gab die Lindenwirtin sich selbst die Antwort. »Da kracht es immer wieder.«
    Sanela zog den Krug zu sich heran und schenkte sich nochmal ein.
    »Dann werde ich es mir wohl im Auto gemütlich machen müssen. Hier ist ja nichts weit und breit. So habe ich mir meine Urlaubstage nicht vorgestellt.«
    »Sie machen hier Urlaub?«
    »Ja. Ich hatte eine Menge Stress in letzter Zeit. Und für Mallorca reicht das Geld nicht. Ich dachte an Radfahren und Wandern.« Beschäftigungen, die in Sanelas Freizeitranking auf den letzten Plätzen lagen.
    »Acht Kilometer weiter, in Jüterbog, finden Sie was. Die verleihen auch Räder, glaube ich.«
    »Dann ruf ich mir mal ein Taxi. Gibt es hier eins in der Nähe?«
    »Schon lange nicht mehr.«
    Doch Sanela rief nicht an, sie wartete. Und tatsächlich dauerte es keine zwei Minuten, bis Walburga das Schweigen brach und den erlösenden Satz sagte: »Dann schlafen Sie halt hier.«
    »Hier? Geht das denn?«
    »Das war mal ein Gasthaus. Da werden wir doch wohl noch ein Zimmer für Sie finden. Wenn Sie mir mit dem Bettenbeziehen helfen? Ich bin nicht mehr so fix wie früher.«
    »Selbstverständlich. Und ich bezahle das natürlich auch.«
    »Schon gut. Nichts da.«
    »Dann will ich wenigstens etwas kochen. Darf ich?«
    Die Antwort war ein noch nicht ganz überzeugtes Brummen. Sanela ließ ihren Blick über das Grundstück wandern, die Wäscheleine und eine wild wuchernde Wiese, die in dürre Brombeerhecken überging. Dahinter mussten die Felder liegen. Bruno hatte sich zu Walburgas Füßen niedergelassen und besabberte die alten Turnschuhe, die sie

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