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Das Dorf der Mörder

Das Dorf der Mörder

Titel: Das Dorf der Mörder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elisabeth Herrmann
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Speisekammer. Sanela fand alles, was sie brauchte, und wenig später hatte sie den Teig zubereitet und begann, die entsteinten Pflaumen gemeinsam mit Zucker in einer Eisenpfanne zu karamellisieren. Fenster und Türen im Erdgeschoss waren geöffnet, durch sie strich die warme Luft von draußen herein und begann, die Kälte aus dem dunklen Erdgeschoss zu vertreiben. Walburga hatte ein halbes gefrorenes Kaninchen aus dem Keller geholt.
    »Wird hier gejagt?«
    Sanela erwartete eine Antwort in Richtung »Schon lange nicht mehr«, aber Walburga, die den Braten in der Mikrowelle aufgetaut hatte und nun in einer Kasserolle mit Gartenkräutern und Kartoffeln arrangierte, brummte nur: »Natürlich.«
    Sanela rüttelte die Pfanne und achtete darauf, dass weder Zucker noch Pflaumen anbrannten.
    »Wie leben Sie hier? Es muss doch schwer sein, wenn die Leute immer weniger werden.«
    Walburga unterbrach ihre Tätigkeit und ging zum Kühlschrank. Sie holte eine geöffnete Flasche Weißwein heraus und füllte zwei Wassergläser, von denen sie eines an ihren Überraschungsgast weiterreichte.
    »Man trinkt es sich schön.«
    »Und das funktioniert?«
    Sanela kostete. Ein leichter, frischer Tischwein, der perfekte Begleiter für die Reise von einem sonnendurchglühten Tag in einen milden Abend.
    »Schon lange nicht mehr.«
    Der Satz war wohl mittlerweile Walburgas Standardrepertoire.
    »Als ich oben auf dem Hügel gesessen habe, ist mir eingefallen, dass in Dörfern doch Familien wohnen. Ich kann ja verstehen, wenn die Jungen weggehen – aber die Alten?«
    »Die sind ja hiergeblieben.«
    »Sie sind doch nicht alt. Höchstens fünfzig, oder?«, log Sanela und wurde für diese Dreistigkeit auch noch mit einem verlegenen Lächeln belohnt.
    »Legen Sie mal noch zehn Jahre drauf.«
    »Wirklich? Also wenn alle hier so gut aussehen wie Sie, ziehe ich glatt um.«
    Walburga holte kopfschüttelnd ein Tablett vom Kühlschrank. »Tun Sie sich das mal lieber nicht an. In ein paar Jahren sitzen Sie ganz alleine hier. Männer gibt’s hier nicht. Und so jung, wie Sie sind, haben Sie doch mit der Familienplanung noch gar nicht angefangen. Oder?«
    »Keine Zeit.«
    »Was sind Sie denn von Beruf?«
    »Ich arbeite in einem kroatischen Restaurant in Berlin, das ein Freund von mir betreibt. Im Service, manchmal auch in der Küche.«
    »Hm.« Walburga äugte misstrauisch auf den Teig, der in einer Schüssel auf dem Tisch stand und keine Anzeichen zeigte aufzugehen. »Haben Sie Hefe daran getan?«
    »Oh. Hab ich vergessen.«
    Sanela zog die Pfanne vom Herd. Dabei landete ein kräftiger dunkelvioletter Spritzer auf ihrem T-Shirt.
    »Das müssen Sie gleich auswaschen, sonst geht es nicht mehr raus.«
    Sanela lächelte verlegen. »Ich habe nichts zum Wechseln dabei.«
    Im gleichen Moment hätte sie sich am liebsten auf die Zunge gebissen. Wer fuhr schon in Urlaub aufs Land ohne Gepäck? Aber Walburga schien diesen Patzer gar nicht zu bemerken. Sie ging hinaus und kam wenig später mit einem ausgeleierten Unterhemd zurück, das sie Sanela entgegenstreckte.
    »Geben Sie es mir.« Sie deutete auf das T-Shirt mit dem Forty Licks -Aufdruck. »Ich tue es gleich in die Wäsche.«
    »Danke.«
    Sanela wechselte die Kleidung noch in der Küche. Sie drehte ihrer Gastgeberin lediglich den Rücken zu. Alles andere wäre ihr übertrieben vorgekommen. Walburga nahm das T-Shirt, brachte es hinaus und kam gleich wieder. Sanela fühlte sich, als würde sie einen Kartoffelsack tragen. Aber das Unterhemd roch sauber. Nach Weichspüler und Trocknen auf der Leine an frischer Luft. Sie nahm sich eine der Schürzen, die an Haken an der Tür hingen, und band sie sich um.
    Walburga ging noch einmal in die Speisekammer und kam mit einem Päckchen Trockenhefe zurück. »Das sollte helfen.«
    »Danke.«
    Während sie die Hefe einarbeitete, sah Walburga nach dem schmurgelnden Kaninchen.
    »Neulich kam was im Fernsehen«, sagte Sanela beiläufig und begann, den Teig in gleichmäßige Kugeln zu verarbeiten. »Es ging um eine Frau aus dieser Gegend. Es waren wohl auch Reporter hier, oder?«
    Sie hatte sich vorgenommen, das Thema nur sehr vorsichtig anzuschneiden und zu sehen, wie Walburga darauf reagieren würde. Die tat allerdings so, als hätte sie nichts gehört.
    »Jedenfalls dachte ich mir, das Dorf kennst du doch … bis mir auffiel, dass ich noch nie hier gewesen bin. Es muss dieser Fernsehbericht gewesen sein. Erst habe ich gedacht, es wäre ein Ausflugstipp, aber dann … es ging um

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