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Das Dorf der Mörder

Das Dorf der Mörder

Titel: Das Dorf der Mörder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elisabeth Herrmann
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voll. »Sie wollen den Fall Rubin abschließen. Die Verdächtige ist tot, der Prozess wird abgeblasen. Und in ein paar Wochen kann sich keiner mehr an den Namen der Frau erinnern. Stimmt’s?«
    »Ich bin Ihr Vorgesetzter. Vergessen Sie das nicht.«
    »Deshalb, entschuldigen Sie, will ich Sie ja vor Fehlern bewahren.«
    Das Schnauben am anderen Ende der Leitung konnte sie nicht recht deuten. War es Ärger oder Belustigung?
    »Was ist mit dem zweiten Täter? Hat die KTU in Rubins Haus schon etwas herausgefunden?« Sie goss sich Kaffee in einen dickwandigen Keramikbecher ein, dessen Aufdruck für den Besuch eines Baumarktes in Jüterbog warb. Dann öffnete sie den Kühlschrank auf der Suche nach Milch und fand eine angebrochene Tüte.
    »Nein. Die kümmern sich um Fälle von wirklicher Relevanz.«
    Wütend warf sie die Kühlschranktür zu. »Aber das ist einer! Ich hab Ihnen doch gesagt …«
    »Frau Beara! Ich lasse mir von Ihnen nicht vorschreiben, wie wir unsere Ermittlungen in einem … Hören Sie mir zu? Nehmen Sie das zur Kenntnis? In einem nunmehr als wirklich abgeschlossen zu betrachtenden Fall zu führen haben!«
    Schnappatmung. Sie schien ihn ja richtig wütend zu machen. Sie klemmte den Hörer zwischen Ohr und rechter Schulter ein und öffnete den Schraubverschluss der Milchpackung. Statt in den Kaffee schüttete sie die Hälfte des Inhalts erst mal in sich selber rein. Frische, kalte Milch. Wahnsinn. Währenddessen ließ sie Gehring sich am anderen Ende der Leitung austoben. Von Deeskalation schien er noch nie etwas gehört zu haben.
    »Charlotte Rubin hat gestanden und sich in der U-Haft das Leben genommen«, giftete er. »Das ist nicht gut. Ich hätte mir auch gewünscht, dass sie nach rechtsstaatlichen Maßstäben verurteilt worden wäre. Aber sie hat uns allen den Rücken gekehrt, die Ermittlungen sind abgeschlossen, die Indizienkette war tragend, und Ihre Einwände sind nichts als bloße Phantasie.«
    »Ein Bäcker, der in seinem eigenen Teig erstickt, auch?«
    »Was?«, fragte er, völlig aus dem Konzept gebracht.
    »Ich bin in Wendisch Bruch.« Irgendwann würde er es erfahren. Besser, sie schenkte ihm gleich reinen Wein ein. Vorsichtig trat sie in den Flur und spähte zum Eingang. Sie schien allein zu sein. »Das Dorf, aus dem Rubin kommt. Es gibt keine Männer mehr. Sie sind alle weg, und das schon sehr lange. Mich interessiert, ob Leyendecker, der Tote aus dem Tierpark, vor zwanzig Jahren schon einmal hier war. Was war er nochmal von Beruf?«
    Schweigen. Erst dachte sie, Gehring hätte aufgelegt.
    »Hallo? Sind Sie noch dran?«
    Sie hörte das Rascheln von Papier.
    »Frau Beara … ich weiß nicht, wie ich es ausdrücken soll. Offenbar kommen meine Ermahnungen bei Ihnen nicht durch. Ich werde eine Dienstaufsichtsbeschwerde gegen Sie einleiten, wenn Sie …«
    »Nein! Nicht!« Ihre Gedanken überschlugen sich. »Bitte, hören Sie mich doch wenigstens an.«
    »Wie kommen Sie dazu, einfach auf eigene Faust in dieses Kaff zu fahren? Sind Sie noch bei Trost?«
    »Es gibt einen zweiten Täter. Er war bei Charlie im Tierpark. Er hat ihr geholfen, diesen Mord zu begehen. Und ihn will sie schützen. Schlimmstenfalls sogar, indem sie sich selbst tötet. Was ist bei diesem Gutachter passiert?«
    »Nichts.«
    »Das kann nicht sein. Hat Rubin vorher schon Selbstmordabsichten geäußert?«
    »Sie lag letzte Woche deshalb im Krankenhaus. Da hat sie sich einen Bleistift in die Halsschlagader gerammt. Frau Beara …«
    »Und da hat man sie nicht geschützt? Warum weiß ich das nicht? Wo ist das passiert? Im Knast? Das hätte ich erfahren.«
    In ihr machte sich ein Gefühl breit, das sie bestenfalls als maßlose Enttäuschung deuten konnte. Über Gehring und die schlampigen Ermittlungen, über die Art und Weise, wie er mit ihr umsprang und sie behandelte. Fast, als ob er sich hinter seiner überlegenen Art über sie lustig machen würde. Und über Charlie, die einfach weggegangen war aus der Welt, der alles egal gewesen schien, sogar der Beweis ihrer Unschuld. Von Charlie war sie am meisten enttäuscht.
    »Die Heftklammer ist nach bisherigem Ermittlungsstand aus der Praxis des Psychologen, der das Gutachten über ihre Zurechnungsfähigkeit erstellen sollte.«
    »Das ist ja unglaublich. Was hat der Mann mit ihr gemacht?«
    »Professor Brock ist eine Kapazität.«
    »Was für Dilettanten arbeiten da eigentlich? Und wo waren die Vorführbeamten? Haben die in aller Ruhe dabei zugesehen, oder was?«
    »Frau

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