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Das Dorf der Mörder

Das Dorf der Mörder

Titel: Das Dorf der Mörder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elisabeth Herrmann
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Schwerin mit der Bitte, Leyendeckers ehemaligen Chef zu kontaktieren. Mehr war nicht drin.
    Er griff nach seiner Jacke und verließ das Büro.

24
    D er Notarzt hatte Cara eine Beruhigungsspritze gegeben. Sie lag auf der Chaiselongue in Brocks Büro, die Augen geschlossen, den Kopf zur Seite gewandt, und Jeremy konnte unter der hellen Haut ihres Halses die Schlagader pochen sehen.
    Eine Heftklammer. Zwei Beamte von der Kripo waren da gewesen, um Miezes Schreibtisch zu untersuchen, und hatten mehrere Exemplare dieser offenbar genauso eigenwilligen wie tödlichen Waffe konfisziert. Jeremy sehnte sich beinahe nach Miesdrosny und dem ohne Namen. Die beiden wären in diesen Stunden eine Konstante gewesen, die Halt gegeben hätte. Sie hätten gewusst, dass Charlie sie hinters Licht geführt hatte. Ihr ganzer Auftritt, ihre Wut beim Anblick der Schwester war eine Farce gewesen. Ein Ablenkungsmanöver, das dazu gedient hatte, sich eine Heftklammer anzueignen und irgendwo am Körper versteckt in die JVA einzuschmuggeln.
    Hatte Cara mitgespielt?
    Er wusste nicht, ob sie schlief. Brock hatte sich, nachdem sie verarztet worden war, hastig verabschiedet, um mit dem Staatsanwalt zu reden. Jeremy sollte bei Cara bleiben, bis entschieden war, was mit ihr geschehen sollte. Ob sie zurück nach Dessau wollte oder doch besser in einem Krankenhaus zur Beobachtung aufgehoben wäre. Ihr Zusammenbruch war echt. Vielleicht das einzig Echte, was sie in den letzten Tagen hier zu sehen bekommen hatten. Ihr Schrei, der in hilfloses Wimmern und Stammeln überging, ihre Tränen, die Rufe nach Charlie, ihr wahnsinniger Wille, die Leiche der Schwester zu sehen – was man ihr abschlagen musste, da sie noch auf dem Obduktionstisch lag –, schließlich die Aggressivität, mit der sie auf Jeremy und Brock losgegangen war, waren Ausdruck echter, tiefer Verzweiflung gewesen.
    Es klopfte leise, und Mieze öffnete die Tür. Ihre Augen waren verquollen und rot. Leise stand Jeremy auf und ging zu ihr.
    »Sie sollen doch nach Hause.« Jeremy schlüpfte ins Vorzimmer und schloss die Tür hinter sich, um Cara nicht zu stören. »Sie haben alle Termine von Professor Brock abgesagt?«
    Mieze nickte. Die kleine, runde Frau, für die Charlie immer »das Monster« gewesen war, machte sich bittere Vorwürfe. Jeremy vermutete, dass sie weniger durch echtes Mitgefühl für die Tote ausgelöst worden waren, sondern durch Caras dem Wahnsinn so nahes Leid. Es hatte sie alle schockiert und mitgenommen.
    »Wer denkt denn an so was«, murmelte sie und schüttelte den Kopf. »Und jetzt ist sogar noch ein Herr von der Kripo hier, und ich erreiche den Professor nicht. Was soll ich denn machen?«
    Gar nicht erst die Tür öffnen, dachte Jeremy in einem Anflug von Grimm. Man hatte ihnen versichert, dass im Moment keine weiteren Fragen vorlägen und man sie informieren würde, wenn die Ermittlungen eine weitere Mitarbeit erforderlich machen würden.
    »Die Kripo? Bei einem Suizid?«
    »Ich weiß es doch auch nicht. Er wollte mit dem Professor reden. Oder mit Ihnen, wenn es gar nicht anders geht. Er wartet vorne bei mir.«
    »Okay.« Jeremy nickte Mieze aufmunternd zu. »Ich kümmere mich darum. Führen Sie ihn in mein Arbeitszimmer. Ich komme gleich.«
    Er ging noch einmal zu Cara, doch sie lag genauso da, wie er sie verlassen hatte. Sie schien zu schlafen. Das war gut. Es würde den Schmerz nicht lindern, aber sie könnte ihm ausgeruht begegnen. Er war versucht, ihr über den Kopf zu streichen. Seine Hand schwebte über ihrem Scheitel, dann zog er sie zurück.
    Ihre fragile, splittrige Beziehung hatte einen weiteren Riss bekommen. Sie würden sich anders begegnen müssen, falls es jemals ein Wiedersehen gab. Charlies Selbstmord hatte die verwirrende Option, sie vielleicht doch noch eines Tages näher kennenzulernen – dann, wenn der Prozess vorüber war und die Geschehnisse langsam zu Erinnerungen wurden –, zerstört. Jeremy wusste noch nicht, wer Cara sein würde, wenn sie die Augen wieder aufschlug. Patientin, Zeugin, Komplizin ihrer Schwester … bestimmt nicht die Frau, die etwas in ihm zum Klingen gebracht und eine fast schmerzhafte Sehnsucht in ihm ausgelöst hatte. Er spürte sein Herz brennen, weil sie so zart und zerbrechlich aussah. Er wollte sie beschützen. Doch dieser uralte, atavistische Instinkt stand im klaren Gegensatz zu dem, was Brock immer gesagt hatte. Abstand. Sich nicht zu sehr auf jemanden einlassen, weder im Guten noch im Bösen. Er wusste nicht, zu

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