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Das Dorf der verschwundenen Kinder

Das Dorf der verschwundenen Kinder

Titel: Das Dorf der verschwundenen Kinder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Reginald Hill
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Soweit man das seinen zerfurchten Gesichtszügen ablesen konnte, sah er unglücklich aus.
    »Alles klar?« fragte Dalziel.
    »Nicht unbedingt«, erwiderte Wield. »Als ich durchkam, waren sie gerade dabei, uns anzufunken, Sir. Sie haben Knochen gefunden.«
    »Was? Sie meinen Menschenknochen?«
    »Genau. Menschenknochen.«
    »Na toll«, sagte Dalziel und sah aus dem Fenster auf den unendlich blauen Himmel. »Wie mein alter Dad immer sagte: ›Ein Unglück kommt verdammt selten allein!‹«

Zwölf
    U m fünf Uhr verließ Geordie Turnbull das Haus.
    Einem natürlichen Bedürfnis folgend, war Novello auf der Suche nach einem abgeschiedenen Plätzchen aus ihrem Wagen ausgestiegen. Ihr Erkundungsgang brachte sie zu einem kleinen Gebüsch auf einem Feld gegenüber Turnbulls Grundstück, von dem aus sie – nachdem sie sich Erleichterung verschafft hatte – eine gute Sicht quer durch das Wohnzimmer des Bungalows hatte, vom offenen Fenster bis zur geöffneten Terrassentür.
    Turnbull saß zusammengesunken in einem Lehnstuhl und nippte hin und wieder an einem Glas. Dann richtete er sich plötzlich auf und griff zum Telefonhörer.
    Da er selbst keine Tasten drückte, mußte er angerufen worden sein. Das Gespräch dauerte nicht lange. Turnbull legte den Hörer auf, leerte sein Glas, erhob sich und verschwand aus Novellos Sichtfeld.
    Sie kehrte augenblicklich zu ihrem Wagen zurück.
    Ihr Instinkt erwies sich als richtig. Eine Minute später trat Turnbull aus dem Bungalow. In der Hand hielt er eine Tasche. Er stieg in den Volvo und verließ das Grundstück in Richtung Osten. Es war eine relativ leere Landstraße, und Novello konnte großen Abstand halten. Sechs oder sieben Meilen hinter Bixford jedoch führte die Straße auf die vielbefahrene vierspurige Schnellstraße Richtung Küste, und Novello mußte beschleunigen, um ihn nicht zu verlieren.
    Einige Meilen weiter setzte er den Blinker und bog in eine Tankstelle ab. Novello dachte, er wolle tanken, doch er fuhr auf den Parkplatz, stieg aus und steuerte mit der Tüte in der Hand auf die Cafeteria zu.
    Novello folgte ihm. Sie wartete, bis sich einige Leute hinter ihm angestellt hatten, und trat dann ebenfalls in die Reihe. Er kaufte ein Kännchen Tee und trug das Tablett zu einem Fenstertisch mit Blick auf die Straße. Er setzte sich so, daß er die Eingangstür im Auge behalten konnte.
    Novello holte sich einen Kaffee und fand einige Tische weiter hinten einen freien Platz. Jemand hatte seine Zeitung liegenlassen. Sie schlug sie auf und versteckte ihr Gesicht zur Hälfte. Falls Turnbull sich umblickte und sie an der oberen Gesichtshälfte erkannte – Pech!
    Er wartete auf jemanden, daran bestand kein Zweifel. Das Einschenken und Trinken verrichtete er mit der linken Hand, während die rechte den Griff der Ledertasche umklammert hielt, die neben ihm auf dem Stuhl lag. Sein Blick blieb immer auf die Tür gerichtet.
    Auf diese Weise vergingen zwanzig Minuten. Menschen kamen, aßen und gingen. Ein Kellner wollte Novellos leeren Becher abräumen, doch sie hielt ihn fest. Sie hatte die Seiten ihrer Zeitung mehrere Male durchgeblättert, ohne auch nur ein Wort zu lesen oder zu wissen, welche Zeitung sie überhaupt in der Hand hielt. Turnbull seinerseits hatte die letzten Tropfen aus dem Kännchen geschüttet. Die Zeit verging. Was auch immer der Grund für sein Kommen gewesen war, er wollte die Fahrt offenbar nicht umsonst gemacht haben.
    Dann schließlich erstarrte er. Nicht, daß er sich vorher viel bewegt hätte, aber jetzt saß er so reglos, daß selbst das Mobiliar lebendiger schien als er.
    Novello blickte zur Tür.
    Sie erkannte ihn sofort von Wields aktualisiertem Foto.
    Gerade hatte Benny Lightfoot die Cafeteria betreten.
     
    Andy Dalziel stand am Rand des Stausees, in der Nähe des Steinhaufens, der einmal der Heck-Hof gewesen war. Auf dem vertrockneten Schlamm zu seinen Füßen lagen einige Knochen. Er stupste sie mit dem Fuß.
    »Speiche, Elle, und das hier könnten Handwurzelknochen sein, aber da sie so klein sind, haben sie natürlich mehr gelitten als die anderen«, sagte die erste Meerjungfrau, die mit richtigem Namen Sergeant Tom Perriman hieß.
    »Alter? Geschlecht? Wie lange liegen die schon hier?« fragte Dalziel kurz angebunden.
    Perriman zuckte seine breiten, gummibedeckten Schultern.
    »Wir haben sie grad erst rausgezogen«, entgegnete er. »Ein Erwachsener, würd ich sagen, oder mindestens Jugendlicher.«
    »Und der Rest?«
    »Wir suchen noch«, sagte

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