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Das Dorf in der Marsch

Das Dorf in der Marsch

Titel: Das Dorf in der Marsch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hannes Nygaard
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Grundsätze, die auch Besucher von Stripteaseschuppen bevorzugen: nackte Tatsachen.«
    Instinktiv verbarg Michelsen die Hand mit der Axt hinter seinem Rücken.
    Â»Das ist meine«, sagte er widersinnig.
    Â»Deshalb möchte ich sie auch haben«, blieb Große Jäger ungerührt.
    Michelsen trat einen Schritt zurück. Er machte keine Anstalten, dem Oberkommissar das Werkzeug auszuhändigen.
    Große Jäger bückte sich, nahm einen Holzscheit in die Hand, wog ihn hin und her und besah sich das gesplitterte Holz.
    Â»Sauberer Schlag«, sagte er anerkennend. »Sie verstehen mit dem Ding umzugehen.«
    Michelsen antwortete mit einem Schulterzucken.
    Â»Ist das nicht gefährlich? Ich meine, mit einem einzigen Hieb kann man sich die Kniescheibe zertrümmern, oder das Schienbein. Und wenn man das Holz hält und die andere Hand nicht rechtzeitig wegzieht … Schwupps. Ab ist der Finger.«
    Â»Da muss man aufpassen«, sagte Michelsen und ließ ein wenig die Schultern herabfallen.
    Christoph erkannte daran, dass die Spannung nachließ. Für den Mann war die kritische Situation, als er nach der Axt gefragt worden war, überstanden, zumal der Oberkommissar erneut den Holzscheit musterte.
    Plötzlich warf Große Jäger das Holzstück in Michelsens Richtung. Es war ein leichter Bogen, den der Scheit beschrieb.
    Â»Fang«, rief der Oberkommissar.
    Die Kraft hinter dem Wurf war so bemessen, dass es ohne Schwierigkeiten möglich war, das Holz zu ergreifen. Instinktiv riss Michelsen die Arme vor und ließ dabei die Axt, die er immer noch festhielt, locker zwischen den Fingern der rechten Hand pendeln. Während seine Konzentration ganz dem heranfliegenden Scheit galt, schnellte Große Jäger vor, packte die Axt am Stiel und entwand sie Michelsen. Der war durch diesen Vorstoß so irritiert, dass er für den Bruchteil einer Sekunde das Holzstück vergaß, das ihn in Höhe des Bauchnabels traf, am Unterhemd entlangratschte und auf seine Füße fiel. Es war mit Sicherheit kein gravierender Schmerz, viel eher war es das Überraschungsmoment, das Michelsen aufschreien ließ. Er sprang in einer völlig überflüssigen Aktion zurück, bevor er laut anfing zu fluchen.
    Â»Du bist nicht ganz dicht«, brüllte er.
    Große Jäger grinste und erklärte, dass dies zuträfe und er froh darüber sei.
    Â»Stell dir vor, ich wäre dicht und würde über keine Körperöffnung verfügen. Nee. Das würde keinen Spaß machen.«
    Michelsen streckte die Hand aus und forderte seine Axt zurück, aber Große Jäger verbarg sie nun seinerseits hinter dem Körper.
    Â»Die wird auf Spuren untersucht.«
    Â»Was für Spuren?« Michelsen wurde immer erregter.
    Â»Jede Art von Spuren. Fingerabdrücke. Kleidungsspuren. Hautfetzen. Blut.«
    Â»Was für ’n Blut?«
    Â»Menschliches. Zum Beispiel das von Witte.«
    Michelsen öffnete eine Handfläche und schlug mehrfach mit der geballten Faust hinein.
    Â»Scheiße. Scheiße. Scheiße«, rief er fortwährend.
    Christoph räusperte sich.
    Â»Herr Michelsen. Haben Sie uns etwas zu erzählen?«
    Der Mann wischte sich eine Haarsträhne aus der schweißnassen Stirn.
    Â»Der blöde Hund hat sich an der Axt verletzt. Selbst dazu war er zu doof.«
    Â»Weil er seine Hand nicht rechtzeitig weggezogen hat, als Sie zuschlugen?«, fragte Christoph.
    Â»Schwachsinn. Ich doch nicht. Der hat sich selbst verstümmelt.«
    Die beiden Beamten wechselten einen raschen Blick.
    Â»Inwiefern?« Große Jäger hatte Christoph das Fragen überlassen.
    Â»Der hat sich irgendwo reingehackt.«
    Â»Wo?«
    Michelsen warf die Arme in die Luft.
    Â»Mensch, das weiß ich doch nicht. Ich war doch nicht dabei.«
    Â»Können Sie das ein bisschen ausführlicher erklären?«
    Der Mann holte tief Luft, dass sich das schweißnasse Unterhemd über seinen Brustkorb spannte.
    Â»Hab ich schon gesagt, dass ich Witte hergelockt habe. Mit der angeblich kaputten Waschmaschine. Natürlich war er sauer, als er merkte, dass das nur ein Trick war. Der hat hier rumgebölkt wie Sau.« Dabei hielt sich Michelsen andeutungsweise die Ohren zu. »Ich wollte ihm nur klarmachen, dass er nicht mit den Bauern heulen sollte. Aber Witte war nicht unparteiisch. Der war korrupt. Kein Wunder, ihm gehörte ja auch Land, das er teuer verpachten

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