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Das Dorf in der Marsch

Das Dorf in der Marsch

Titel: Das Dorf in der Marsch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hannes Nygaard
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auf das Holz niedersausen, das vor ihm lag. Mit einem einzigen Schlag hatte er das Stück in zwei Teile zerlegt. Er sah auf, als die Polizisten auftauchten.
    Â»Sönke Michelsen?«, fragte Christoph. »Wir sind von der Polizei aus Husum und haben ein paar Fragen an Sie.«
    Michelsen trug ein olivfarbenes Unterhemd, auf dem sich deutlich die Schweißflecken abzeichneten. Er schien trotz des trüben Wetters und der morgendlichen Kühle zu schwitzen. Erwartungsvoll sah er die Beamten an, bevor er sich mit dem stark behaarten Unterarm über die Stirn wischte, ohne dabei die Axt aus der Hand zu legen. Im Holzhacken schien er versiert zu sein. Davon zeugten nicht nur der sorgfältig gestapelte Stoß im Schuppen, sondern auch die muskulösen Oberarme.
    Â»Wegen Witte?«, fragte Michelsen.
    Christoph nickte. »Der hatte gestern einen Termin bei Ihnen.«
    Â»Ist nicht gekommen.«
    Â»Hat er abgesagt?«
    Â»Nee.«
    Â»Was sollte er reparieren?«
    Â»Waschmaschine.«
    Â»Was ist damit?«
    Â»Läuft wieder.«
    Â»So, so«, mischte sich Große Jäger ein. »Die wundersame Selbstheilung vom Porrendeich.« Er zeigte auf Michelsens Gesicht. »Im Unterschied zu den Blessuren.«
    Â»Nicht der Rede wert.«
    Â»Wie ist das passiert?«, fragte der Oberkommissar.
    Â»Mein Ding.«
    Große Jäger legte vier Finger an die Schläfe, als müsse er nachdenken.
    Â»Ist Ihnen aufgefallen, dass ich eine weibliche Kommissarin bin?«
    Michelsen starrte ihn ungläubig an. Dann veränderte sich der Gesichtsausdruck des Mannes, als hätte er es mit einem Gegenüber zu tun, dem die Zurechnungsfähigkeit abgesprochen worden war.
    Â»Vielleicht ist das auf den ersten Blick nicht ersichtlich, aber ich bin ungemein neugierig«, erklärte Große Jäger und zeigte auf die blauen Flecken, die unter dem rechten Auge und auf dem rechten Wangenknochen Michelsens prangten. »Wer hat gewonnen?«
    Â»Geht Sie nichts an.«
    Â»Doch. Nach dem anderen suchen wir.«
    Instinktiv trat Michelsen einen halben Schritt zurück und ließ die Hand mit der Axt herabsinken. »Wie? Doch nicht hier.«
    Große Jäger nickte bedächtig. »Sicher.«
    Â»Was sollte Witte hier?«
    Es war erstaunlich, wie schnell Menschen aus der Fassung gerieten, dachte Christoph. Sie hatten noch gar nicht nach dem Elektriker gefragt und schon hatte ihnen Michelsen verraten, dass er sich mit Witte geprügelt hatte. Noch einer, weil auch der Maler Gaultier eine Auseinandersetzung mit dem Bürgermeister gehabt hatte. War Witte so unbeherrscht und schlug schnell zu? Dann war es eine weitere Option, dass er bei einer Schlägerei den Kürzeren gezogen hatte, vielleicht unglücklich getroffen wurde und sich dabei tödlich verletzte. Sein Kontrahent war in Panik geraten, hatte Witte verschwinden lassen und nicht damit gerechnet, dass der Finger wieder auftauchen würde.
    Â»Sie haben die Unwahrheit gesagt, als wir gestern miteinander telefonierten«, sagte Große Jäger und näherte sich dem Mann mit der Axt.
    Â»Neeeein.« Michelsen zog die Antwort in die Länge.
    Â»Es ist einfacher, die Wahrheit zu sagen«, belehrte ihn der Oberkommissar. »Wir werden die Nachbarn befragen. Irgendjemand wird uns erzählen, dass der Wagen des Elektrikers gestern auf dem Porrendeich unterwegs war.«
    Â»Das muss nicht bedeuten, dass er mich besucht hat.«
    Â»Doch. Hierher verirren sich nur im Sommer ein paar Touristen auf Sightseeing . Witte bestimmt nicht. Er hatte einen Termin bei Ihnen. Das können auch Ihre direkten Nachbarn bestätigen.«
    Michelsen ließ die Schultern nach vorn fallen. Die Axt pendelte jetzt vor seinen leicht gespreizten Beinen.
    Â»Scheiße. Ja, er war gestern hier.«
    Â»Und hat mit seinen heilenden Händen die Waschmaschine zum Laufen gebracht?«
    Â»Ach, Mensch! Die war doch nur ein Vorwand, um den Kerl herzulocken. Hätte ich gesagt, wir wollen reden, wäre er nicht gekommen.«
    Große Jäger sah an Michelsen vorbei in Richtung Haus. »Und Witte fand Ihre Idee so toll, dass er zugelangt hat.«
    Michelsen starrte den Oberkommissar an und suchte in dessen Mimik nach der richtigen Antwort. Doch Große Jäger besaß in solchen Situationen ein eingeübtes Pokerface.
    Â»Das weiß doch jeder«, erklärte Michelsen schließlich. »Wir hatten Stress miteinander. Witte und

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