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Das Dorf in der Marsch

Das Dorf in der Marsch

Titel: Das Dorf in der Marsch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hannes Nygaard
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Christoph, wie willenlos er jetzt vor ihm saß, ungewiss, welche Folgen dieser Schlaganfall mit sich bringen würde. Christoph war Polizist, weil er auch nach vielen Dienstjahren immer noch an die Gerechtigkeit glaubte, aber an eine irdische, die von einem Gericht vollzogen wurde. Auge um Auge … Das war nicht seine Welt.
    Sie hörten den Rettungstransportwagen erst, als er vor dem Haus hielt und die Türen aufschlugen. Große Jäger ging der Besatzung entgegen. Christoph hörte Waltraud Nommensens Stimme.
    Â»Ist es nicht einfacher, wenn wir hinter euch herfahren?«, sagte die Einsatzleiterin. »So oft, wie wir Einsätze bei euch hatten?«
    Sie traten in den Raum, und Große Jäger hatte keine Gelegenheit mehr zur Antwort.
    Mit wenigen Worten verständigten sich die beiden Rettungsassistenten.
    Â»Wann kommt der Notarzt?«, fragte Christoph.
    Â»Der kommt nicht.«
    Â»Bitte?« Christoph war überrascht.
    Â»Beim Apoplex kann der Notarzt vor Ort nichts machen, wenn keine lebensbedrohlichen Vitalitätsstörungen vorliegen. Sonst würden wir ihn nachfordern. Der Patient muss so schnell wie möglich in eine Stroke Unit . Deshalb bringen wir ihn nach Husum. Ein Schlaganfall kann durch ein Gerinnsel ausgelöst werden, aber auch durch eine Einblutung ins Gehirn. Im ersten Fall wird versucht, das Gerinnsel medikamentös aufzulösen. Das wäre aber tödlich, wurde man das Lösungsmittel vor Ort verabreichen, wenn es sich um eine Hirnblutung handeln würde. In diesem Fall wird das Krankheitsbild nur noch verstärkt bei einem die Blutgerinnung mindernden Mittel. So!« Mehr Zeit für eine Erklärung hatten sie nicht.
    Die beiden Rettungsassistenten versorgten Gaultier, indem sie ihn auf der Trage fixierten und in ihren Mercedes schoben. Während der Kollege ins Führerhaus kletterte, stieg Waltraud Nommensen in den Kofferaufbau, um den Patienten während des Transports zu versorgen und die Vitalfunktionen kritisch im Auge zu behalten.
    Christoph sah dem rot-weißen Fahrzeug des Rettungsdienstes nach, als es auf die Landesstraße hinterm Deich einbog und Richtung Husum entschwand.
    Â»Haben wir Gaultier bei der Konfrontation mit dem, was wir ihm vorwerfen, und vielleicht sogar mit dem, was wir noch nicht vorbringen konnten, so erschüttert, dass ihn der Schlag getroffen hat?«
    Christoph hob ein wenig hilflos die Schultern.
    Â»Auf diese Frage werden wir kaum eine Antwort bekommen. Mal sehen, ob Hermann von Dirschau die für uns hat.«

DREIUNDZWANZIG
    Sie fuhren am Deich entlang Richtung Marschenbüll.
    Der lang gestreckte Ort, der fast nur aus einer Straße bestand, wirkte wie ausgestorben. Am Ortseingang warf Christoph einen Blick auf das Haus der Familie Brehm, vor dem damals der Mob gewütet hat, als man Frieder Brehm fälschlicherweise des Mordes an der kleinen Lisa und ihrer Mutter verdächtigte.
    Der Dorfkrug sah verlassen aus. Irgendwann war er geschlossen worden und teilte das Schicksal anderer Gastwirtschaften, die früher der gesellschaftliche Mittelpunkt der Dörfer waren. Das Anwesen von Dirschaus machte immer noch einen repräsentativen Eindruck. Es wirkte wie ein Gutshaus, obwohl es auf Eiderstedt keine Gutshöfe gab.
    Christoph parkte vor dem Haupteingang. Wenig später standen die beiden vor der kunstvoll verzierten Tür und warteten darauf, dass jemand öffnete.
    Christoph war erstaunt, als er die Frau sah, die ihnen gegenüberstand und ebenso verblüfft schien. Ihr war anzusehen, dass sie die beiden Beamten erkannte, im Augenblick aber nach der Verbindung suchte. Plötzlich war ein Erkennen in ihrem Blick zu sehen.
    Â»Polizei?« Den letzten Hauch Unsicherheit versteckte sie hinter einer Frage.
    Christoph nickte und nannte seinen und Große Jägers Namen, während ihm der der Frau nicht einfiel. Sie war immer noch leicht rundlich und hatte eine frische Gesichtsfarbe, auch wenn man ihr die inzwischen vergangenen Jahre ansah. Sie war damals als Mitarbeiterin in der Verwaltung von Dirschaus tätig gewesen.
    Â»Sie sind immer noch als Buchhalterin hier beschäftigt?«
    Sie zögerte mit der Antwort.
    Â»Ich kümmere mich immer noch um das Kaufmännische«, sagte sie. Langsam tauchten in Christoph die Erinnerungen auf. »Frau, äh … Frau, äh … Frau Remmelt«, fiel ihm plötzlich ein.
    Â»Römelt«, korrigierte sie. Sie hätte

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