Das Dorn-Projekt: Der frühe Homanx-Zyklus, Bd. 3
Beweis für ihre grenzenlose Falschheit, dass selbst die Menschen, die ihnen besonders wohlwollend gegenüberstanden, ihn nicht mehr würden ignorieren können. Zudem würde dieser Zwischenfall dem Ausbau der Beziehungen zwischen Thranx und Menschen zumindest kurzfristig, wenn nicht sogar dauerhaft, Vorschub leisten. Während des Pitarischen Krieges hatten sich die vereinten Stöcke als zuverlässige Verbündete erwiesen. Die AAnn hingegen zeigten nun ihre wahre treulose Natur. Bei den Mitgliedern des thranxischen und menschlichen diplomatischen Korps, die lange und hart gearbeitet hatten, um die beiden Völker einander näher zu bringen, und die dafür Zynismus und Spott geerntet hatten, brach nun verhaltener Jubel aus. Den Zögerlichen und den vorbehaltlos Andersdenkenden blieb nichts anderes übrig, als in stiller Frustration mit ihren Mandibeln zu knirschen.
Und doch … und doch … diese gewissen Kleinigkeiten, vorausgesetzt natürlich, sie waren korrekt aufgezeichnet, nagten an Haflunormet wie die lästigen s^lj-Parasiten, von denen die sich abstoßende Chitinhülle eines ungepflegten ausgewachsenen Thranx befallen werden konnte.
Je tiefer Haflunormet grub, desto sicherer wurde er sich, dass er einigen unbequemen Wahrheiten auf der Spur war. Seine Kollegen in dieser Abteilung schienen diesen Report und alle damit verbundenen Schlussfolgerungen vorbehaltlos zu akzeptieren. Eine völlig normale Reaktion - aber nicht für jemanden, der schon einige Zeit unter Menschen verbracht hatte. Ihre Neigung, alles und jedes zu hinterfragen, schien auf Haflunormet abgefärbt zu haben. Natürlich neigten diese Menschen auch dazu, selbst das Offensichtliche und Selbstverständliche in Frage zu stellen. Und das führte dazu, dass sie in einem Maße Zeit verschwendeten, wie Thranx es einfach nicht zu ertragen vermochten. Zwischen diesen beiden Extremen, so vermutete Haflunormet, mochte letztendlich der Weg zu einer neuen Art und Weise liegen, das Universum zu hinterfragen.
Doch seine aktuellen Interessen galten keineswegs derart hochfliegenden philosophischen Überlegungen. Details, Details - so viele Aspekte der Diplomatie lagen oft in den Details! Als er dann schließlich auf das stieß, was er suchte, war er nicht in der Lage dazu, sich dafür zu gratulieren. Er war einfach zu schockiert.
Es war für jeden offensichtlich, der die Wege des Großen Stockes kannte - wenn man den Willen und die Entschlossenheit hatte, danach zu suchen. Die Widersprüche lagen im Zeitablauf. Wie war es diesem Wissenschaftler gelungen, eine Warnung abzusetzen, dass die exoarchäologische Ausgrabungsstätte der Menschen angegriffen werde - mehrere Zeitteile, bevor der Angriff tatsächlich stattfand? Haflunormet überprüfte die entsprechenden Chronolog-Einträge immer und immer wieder. Ein Fehler war ausgeschlossen.
Die Warnung war eingetroffen, bevor der Angriff stattgefunden hatte.
Dann waren da die zahlreichen offiziellen Protestnoten der AAnn, die allesamt ignoriert worden waren. Dass sie diese Ausgrabungsstätte aufgesucht hätten, um die Anwesenden zu retten, nicht um sie auszulöschen. Dass unmittelbar vor der Landung auf einen ihrer Frachttransporter ohne Vorwarnung und ohnejeden erkennbaren Grund das Feuer eröffnet worden sei. Dass nach dessen Zerstörung mit einer ganzen Reihe Handfeuerwaffen auf sie geschossen worden sei und die AAnn dann, und erst dann, entsprechend reagiert hätten. Dieser letzten Beteuerung war die Verachtung entgegengebracht worden, die sie verdiente. Egal aus welchem Blickwinkel betrachtet war es gänzlich unmöglich, die Erschießung sämtlicher Einwohner dieses Lagers für eine der Situation ›entsprechende‹ Reaktion zu halten.
Als sich Haflunormet noch tiefer in die Materie einarbeitete, stelle er fest, dass der erste Feuerstoß, der den AAnn-Transporter schwer beschädigt hatte, sich nicht so einfach erklären ließ - nicht wenn die Behauptung stimmte, die Menschen auf Comagrave hätten über keinerlei schwere Waffen verfügt. Wenn das eine Lüge war und die Besatzung dieses Forschungscamps sehr wohl derartige Waffen besessen hatte, warum hatten sie diese dann nicht auch gegen die beiden anderen AAnn-Transporter eingesetzt? Irgendjemand hatte in dem offiziellen Bericht die Hypothese aufgestellt, instabile Sprengstoffe, die eigentlich zu Grabungszwecken verwendet würden, seien in der Nähe des Flugfelds gelagert worden. Diese Mutmaßung war jedoch sehr schnell wieder verworfen worden.
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