Das Dornenhaus
Herzen.«
Dashford verdrehte die Augen. »Nun werde nicht auch noch melodramatisch, meine Liebe.«
Sie beachtete ihn nicht und fuhr fort: »Und ich will es auch für Männer wie Ben Johnson tun – die wahren Helden. Es könnte Sie interessieren, dass Hector die Tapferkeitsauszeichnung nicht verdient hat. Sie gehört in Wirklichkeit Ben.«
»Was meinst du damit? Das ist doch alles Blödsinn.«
Schweigend nahm sie Harolds Brief aus ihrer Handtasche und reichte ihn Charles Dashford. Er las ihn rasch durch. Alle Farbe wich aus seinem Gesicht, als er von Bens Rettung des Verwundeten und von Hectors Feigheit las.
»Da waren auch noch andere – einschließlich Wally Simpson –, die es gesehen haben. Sie wollen doch sicher nicht, dass diese Geschichte bekannt wird, nehme ich an.«
Sie hatte ihre letzte Karte ausgespielt, trat einen Schritt zurück und betrachtete ihn mit einem ruhigen und freundlichen Ausdruck, aber mit stählernem Glanz in ihren blauen Augen. Er gab ihr den Brief, machte auf dem Absatz kehrt, ging zurück ins Sitzungszimmer und schloss die Tür mit einem ärgerlichen Klick.
Kate setzte sich auf die lederbezogene Chaiselongue und wartete. Eine schlicht gekleidete junge Frau in einem langen, marineblauen Rock und einer weißen Bluse mit kirschroter Schleife kam geschäftig auf sie zu. »Hätten Sie gerne eine Tasse Tee, während Sie warten?«
»Nein, vielen Dank.«
Die beiden jungen Frauen sahen sich an. Kate nahm an, dass die andere älter war als sie. »Arbeiten Sie hier?«
»Ja. Ich bin Mr. Dashfords Privatsekretärin.«
»Ah ja, verstehe.«
Die junge Frau starrte Kate unverwandt an, und zum ersten Mal an diesem Tag fühlte sich Kate unbehaglich.
»Entschuldigen Sie mich. Ich muss an meine Arbeit zurück.« Sie drehte sich um und verschwand.
Die Türen öffneten sich, und ein strahlender Hock Lee kam heraus und reichte Kate ihren Muff. »Tja, ich weiß nicht, wie du es fertig gebracht hast, den alten Dashford rumzukriegen, aber sie haben deinem Plan alle zugestimmt. Er muss natürlich noch ein bisschen ausgefeilt werden, doch ich schlage vor, wir gehen zum Feiern in die ›Tea-Rooms‹.«
»Wunderbar!« Kate hakte sich bei ihm ein und schlüpfte mit der anderen Hand in ihren seidenweichen Muff.
Als sie die Treppe hinuntergingen, lachte Hock Lee. »Du hättest Dashfords Gesicht sehen sollen, als er ins Sitzungszimmer zurückkam. Es war schwarz wie Gewitterwolken. Sie daran zu erinnern, dass Zanana Zufluchtsort bedeutet, war eine Meisterleistung, meine Liebe.«
»Ich hielt es nicht für notwendig zu erwähnen, dass ein Zanana nur ein Zufluchtsort für Frauen ist. Das hätte meine Argumentation wohl eher geschwächt«, gestand sie verschmitzt.
Hock Lee brüllte vor Lachen. »Kluges Mädchen. Nun erzähl mir, was du zu Dashford gesagt hast.«
»Beim Tee. Und einem Stück Torte.«
»Einverstanden«, sagte Hock Lee. »Jetzt fängt unsere Arbeit erst richtig an.«
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III
Der Ruf des Echos
Kapitel vierzehn
Zanana 1920
D as Heim für genesungsbedürftige Soldaten in Zanana war ein Erfolg. Die Villa und die schönen Gärten hatten eine beruhigende, heilende Wirkung auf die seelischen und körperlichen Verletzungen der Männer.
Wally Simpson, der sich bis auf ein leichtes Humpeln fast vollständig erholt hatte, blieb in Zanana, um hier und dort auszuhelfen. Zwischen ihm und Gladys Butterworth war eine Bindung entstanden, die auf ihrer beider Trauer um Harold, einer gemeinsamen Vergangenheit und alter Freundschaft basierte.
»Gemeinsame Kindheitserinnerungen verbinden sehr«, bemerkte Wally zu Kate.
Doch trotz ihrer ausgefüllten Tage und der Befriedigung, die Männer physisch und seelisch geheilt nach Hause zurückkehren zu sehen, war Kate ruhelos. Sie ging ganz in ihrer Arbeit auf und freute sich an der Tatsache, dass Zanana eine wertvolle Rolle für die Allgemeinheit spielte, nur konnte sie nicht verstehen, warum sie so unzufrieden war.
Sie war geduldig und freundlich wie immer. Die Männer verehrten sie alle, sagten, sie sei ein Engel der Barmherzigkeit und besser als Florence Nightingale. Ihre Großzügigkeit, Zanana als Erweiterung des Krankenhauses zur Verfügung zu stellen, wurde genauso anerkannt wie die Großzügigkeit ihrer Seele. Die junge Frau setzte sich zu den Männern, erzählte, hörte zu, wenn sie von ihren Familien sprachen, ihrem Zuhause oder Anekdoten aus dem Krieg zum Besten gaben. Denn trotz der Entsetzlichkeiten, die sie durchgemacht hatten,
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