Das Dornenhaus
nicht, aber sie müssten eigentlich was gemerkt haben, weil Ben ständig mit diesem dümmlichen Lächeln herumläuft.«
»Wie ernst ist es den beiden? Ich meine, zu ernst darf es doch wohl nicht werden, oder?«
»Was willst du damit sagen, Wally?« Mrs. Butterworth unterbrach das Ausrollen des Teiges auf der Marmorplatte und starrte ihn an.
Wally stellte seine Tasse auf den Küchentisch. »Na ja, du weißt doch. Sie ist Kate und er ist … nur Ben.«
»Wally, komm zur Sache!«
»Kate ist die Erbin von Zanana. Ben ist der … Gärtner. Würdest du ihn nicht auch so bezeichnen?«
Mrs. Butterworth setzte sich an den Tisch und goss sich mit mehligen Händen den Rest aus der Teekanne ein. »So hatte ich es noch gar nicht gesehen. Oje, ich glaube, ich sollte mit Hock Lee sprechen.«
»Vielleicht solltest du erst mal mit Kate reden.«
Mrs. Butterworth wollte den richtigen Moment für ein kleines Gespräch von Frau zu Frau mit Kate abpassen, aber sie schien sie nie allein erwischen zu können, wie ein Schmetterling flatterte Kate von Aufgabe zu Aufgabe oder flog davon, um sich mit Ben zu treffen.
Kate teilte ihre Zeit und Aufmerksamkeit zwischen Ben und Zanana auf. Sie war mehr als glücklich, dass sich ihr Plan, Zanana den Kriegsversehrten als Genesungsheim zur Verfügung zu stellen, als so erfolgreich und befriedigend erwiesen hatte. Ihre Liebe zu Ben erblühte Tag für Tag mehr, und jeder Tag war von einer Freude erfüllt, wie sie sie noch nie zuvor gekannt hatte.
Sie dachte nicht weiter voraus als bis zum nächsten Augenblick, dem nächsten Treffen mit Ben, wenn sie zu einer bestimmten Zeit in der Grotte verabredet waren oder wenn er zufällig um die Ecke des Hauses kam und sie überraschte. Oft führte sie dann gerade einen Invaliden spazieren und tauschte mit Ben nur ein paar Worte und ein heimliches Lächeln aus. Aber der Glanz in ihren Augen, die Zärtlichkeit in ihren Stimmen, ihr verschwörerisches Lächeln machten für alle offenkundig, wie viel Zuneigung sie einander entgegenbrachten.
Kate summte vor sich hin, als sie einen Stapel frisch gewaschener, nach Sonne duftender Laken zu dem großen Wäscheschrank aus Zedernholz trug. Mrs. Butterworth, die, den Kopf über ein Blatt Papier gesenkt, den Flur entlangkam, prallte fast mit ihr zusammen.
»Hoppla! Entschuldige, Kate, ich habe nicht aufgepasst … war ganz in die Dienstpläne vertieft.« Sie lächelte Kate an. »Soll ich dir helfen?«
Ohne eine Antwort abzuwarten, öffnete Mrs. Butterworth die deckenhohen Schranktüren in der Wäschekammer. Der Geruch von Kampfer, Lorbeer und Lavendel schlug ihnen von den Borden voll gestärkter und gebügelter Bettwäsche entgegen. Kate legte den Stapel, den sie trug, hinein und schloss die Türen.
»Ich liebe diese kleine Kammer. Der Geruch erinnert mich immer an die Zeit, als ich hier im Haus Verstecken spielte.«
»Du und deine Spiele. Du hast den armen Harold und mich ständig in diesem großen Haus umhergejagt.«
Kate drückte Mrs. Butterworths Arm. »Das war eine schöne Zeit. Ich war so glücklich hier mit Dad und dir, fühlte mich immer so sicher und geborgen. Ihr wart wundervoll.«
»Wir haben unser Bestes getan, Liebes«, sagte Gladys leise. »Aber, meine Güte, das klingt ja, als wolltest du fort oder so. Kate? Ich wollte schon die ganze Zeit mit dir reden. Über dich und Ben.«
»Was ist mit Ben?«, fragte Kate etwas scharf.
»Nun hör mal, Kate. Ich kenn dich zu gut. Wie ernst ist die Sache zwischen dir und Ben? Es lässt sich nicht übersehen, dass ihr sehr aneinander hängt. Ich nehme an, dass er noch nicht mit dir über … Heirat gesprochen hat. Ich meine, es ist eine Sache, ein wenig miteinander zu flirten, aber eine ernsthafte Werbung ist ganz etwas anderes. Besonders für ein Mädchen in deiner Position.«
»Was meinst du damit, Mum?« Kate war ehrlich überrascht.
»Ich meine dich und Zanana. Du bist die Herrin eines großen Besitzes, eine Erbin. Wenn deine Eltern noch lebten, würden sie prächtige Bälle für dich veranstalten, dich in die Gesellschaft einführen und heiratsfähigen jungen Männern vorstellen.«
»O Mum, das will ich alles gar nicht. Die Zeiten haben sich geändert, jetzt nach dem Krieg.«
»Das glaube ich nicht, Kate. Du musst dir deiner Verantwortung bewusst sein, deines Erbes, deiner Zukunft.«
»Meine Zukunft liegt hier in Zanana. Und Ben ist genauso ein Mann wie irgendeiner dieser so genannten Gesellschaftslöwen. Außerdem ist von Heirat überhaupt
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