Das Dornenhaus
sein?« Sie setzte sich neben ihn, umschlang ihre Knie, und er beugte sich zu ihr und küsste sie auf die Nasenspitze.
»Das weißt du sehr gut. Wohin fährst du?«
»Zunächst nach England. Zu Plattenaufnahmen. Dann ist die Rede von einer Amerikatournee, zuerst durch die Universitätsstädte.«
Odette schüttelte verwundert den Kopf. »Du redest sogar schon wie eine Berühmtheit. Wie kannst du hier so ruhig sitzen – ausgerechnet hier – und davon sprechen, Plattenaufnahmen zu machen, Konzerte zu geben und ein Star zu sein?«
Zac legte das Hemd weg, das er gerade zusammenfaltete, griff nach Odettes Händen und sah ihr tief in die Augen. Jetzt war nichts mehr von Gleichgültigkeit zu merken. »Weil ich dir schon vom ersten Augenblick an gesagt habe, Odette, dass meine Musik mich weit weg tragen würde, um den Menschen zu helfen. Das ist ein weiterer Grund, warum wir nicht zusammen sein können.«
»Du willst die Welt mit einem Lied ändern, Zac, und ich glaube nicht, dass du das kannst.«
»Aber manchmal, für einen kurzen Moment, kann man den Menschen Freude und Hoffnung geben. Und wenn sie die Erinnerung an diesen Moment mitnehmen und versuchen – sei es nur für Minuten –, weitere solche Momente zu schaffen, in denen Menschen positive Gedanken haben, das Gute im anderen sehen und ihr Leben und die Welt um sie herum verändern wollen, dann verbinden sich all diese einzelnen Momente. Sie werden zu einer unsichtbaren Kette, die die Menschen verbindet und zusammenhält, egal wer wir sind. Dann ist das Hilfe und Heilung.«
Er hielt immer noch Odettes Hände. »Ich habe mich nicht verändert, dies ist meine Bestimmung, ich wusste, dass es geschehen würde, also bin ich nicht überrascht. Ich werde reisen und singen und versuchen, die Menschen zu erreichen, wo immer ich bin. Ich habe schon immer versucht, dir das klar zu machen, kleiner Vogel. Ich kann nicht einem einzigen Menschen gehören, nicht an einem einzigen Ort bleiben.«
Odettes Augen füllten sich mit Tränen. Eine große Traurigkeit stieg in ihr hoch, aber auch die Erkenntnis, dass sie immer gewusst hatte, dieser Tag würde kommen. Sie lehnte sich an ihn und verbarg ihr Gesicht in seiner Halsbeuge. Mit gedämpfter Stimme murmelte sie: »Ich weiß, Zac. Ich hab’s wohl schon immer gewusst, aber wir Mädchen wollen nun mal die Hoffnung nicht aufgeben, dass wir den Mann, den wir lieben, ändern können.«
Sie hob den Kopf und lächelte wehmütig. »Es mag vielleicht kitschig klingen, aber ich fühle mich geehrt, weil du mir einen Teil deiner selbst geschenkt hast, weil du mir gezeigt hast, was Liebe sein kann, und mich so viel gelehrt hast. Ich habe das Gefühl, dass dir langsam Flügel gewachsen sind und du nun davonfliegen wirst, hoch hinauf und frei. Ich muss dich gehen lassen und froh über das sein, was wir zusammen hatten und was mir immer bleiben wird.«
Er wischte ihre Tränen mit dem Finger weg. »Wenn ich dir so viel Verständnis vermitteln konnte, dann bin ich froh. Du weißt, dass du in meinem Herzen immer bei mir sein wirst, Odette.«
Sie nickte und fühlte sich, als sei ein großes Gewicht von ihr genommen worden. Es war, als würde sie von einer Sehnsucht befreit, die unerfüllbar war, so als könnte sie sich nun dem Leben zuwenden, offen für alles, was auf sie zukam.
Sie fuhr sich mit den Händen durch die wirren Locken. »Nun gut, ich bin nicht nur hergekommen, um mich an deiner Schulter auszuweinen. Ich bin gekommen, um einen Artikel über Australiens Geschenk an die Welt zu schreiben – über dich.«
Er lachte. »Ganz die eifrige kleine Reporterin!« Er wusste, dass sie trotz ihres leichtherzigen Tons innerlich immer noch traurig war. Aber das würde sich bald geben. Er küsste ihre Handfläche. »Nein, du bist gekommen, damit wir einander freigeben können.« Er schloss ihre Finger über dem Kuss und zog sie sanft hoch. »Komm, lass uns die anderen suchen und für heute Abend ein Fest organisieren. Um uns und die Zukunft zu feiern.«
An diesem Abend versammelten sich alle um das große Lagerfeuer, das sie mit seiner Wärme und seinem Licht umgab, und tauschten Gedanken und Träume aus in dem Bewusstsein, dass sie die Freundschaft, die sie in dieser Nacht verband, niemals vergessen würden.
Als es spät wurde und das Feuer herunterbrannte, bat Zac sie alle, sich an den Händen zu fassen. Er nahm seine Gitarre und sagte nur: »Das ist mein Geschenk an dich, Odette.« Dann sang er das Lied, das er für sie geschrieben
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