Das Dornenhaus
Aktienmarkt zu verdienen? Oder was hat er zu tun vor?
Die Unterlagen erbringen keinen Beweis dafür, dass seine Stimme gekauft worden ist, aber die Folgerungen daraus sind schwerwiegend genug, um die Titanic zu versenken. Und wer weiß, wie viele Stimmen er noch kauft.
Da bist Du wirklich an ’ner großen Geschichte dran, BO . Die Sache stinkt …
Gute Jagd. Mach’s gut, bis Freitag dann.
Matt
»Hurra!«, schrie Odette begeistert, griff zum Telefon und wählte Mick O’Tooles Nummer, so schnell sie konnte.
»Mick … wir haben das große Los gezogen. Ihre Ahnung hat sich bestätigt. Stadtrat Beck hat Dreck am Stecken und außerordentliches Glück auf dem Aktienmarkt gehabt. Mehr dazu später, aber wir haben genug, um ihn festzunageln. Es sieht so aus, als würde das zu den Gerüchten passen, dass jemand ins andere Lager übergewechselt ist.«
»Das ist ja phantastisch, Odette. Ich werde schön meinen Mund halten und mich gleich daranmachen, diese Gerüchte zu überprüfen.«
»So ist es richtig … und, Mick … denken Sie dabei an Geld und was sich damit kaufen lässt. Das scheint Mr. Becks Art zu sein, Freunde und Einfluss zu gewinnen.«
»Wann geben wir das an die Presse?« O’Tooles neu erworbene Begeisterung für die Zeitungswelt amüsierte Odette.
»Keine Schlagzeilen vor der Kundgebung.«
»Verstanden. Das wird ein Knüller. Ich lege jetzt mal los. Und ich setze auch den jungen Bramble dran.«
Die Unterlagen, die Matt Tead ihr geschickt hatte, erwiesen sich als wenig hilfreich für Odette. Sie grübelte über das verschlungene Labyrinth von Firmen nach, aber nachdem sie die Papiere mehrere Male durchgelesen hatte, konnte sie immer noch nicht feststellen, wer nun eigentlich der Besitzer von Zanana war. Es gab keine offensichtliche Verbindung zu irgendwas oder irgendjemandem aus Zananas Vergangenheit.
Sie machte sich eine Tasse Instantkaffee und suchte zwischen den Schlucken nach Inspirationen. Vielleicht wusste die alte Dame etwas. Odette konnte sich nicht vorstellen, dass sie das Haus gemietet hatte, aber als Besitzerin schien sie auch nicht in Frage zu kommen. Nein, so jemand wie Mr. Beck würde sich eher hinter einem Netzwerk aus Scheinfirmen verstecken. Trotzdem konnte es nicht schaden, das alte Mädchen zur Rede zu stellen, beschloss Odette. Sie konnte ihr vielleicht ein paar Hinweise zur unmittelbaren Vergangenheit geben, die Licht auf die Sache warfen. Das war das Problem – es gab kaum jemanden, der in Verbindung mit Zanana stand und Licht auf die Sache werfen konnte.
Nein, da irrte sie sich. Odette trank den Becher leer und lächelte. Es gab Wally. Den alten Wally Simpson, den Kriegsveteranen. Sie beschloss, ihn gleich jetzt im Heim zu besuchen.
Auf dem Weg nach Bondi dachte sie daran, ihm ein kleines Geschenk mitzubringen – Zigaretten, Schokolade, Obst oder Zeitschriften. Dann hatte sie eine bessere Idee. Sie hielt bei einer Gärtnerei und kaufte eine kleine eingetopfte Zwergrose. Wenn sie auch nicht aus den Gärten von Zanana stammte, so hoffte Odette doch, dass der zarte Duft ein paar glückliche Erinnerungen in dem alten Mann heraufbeschwören und zu einer Bemerkung, einem Hinweis führen würde, der sie weiterbrachte.
Sie betrat den Eingangsbereich und winkte der jungen Frau am Empfang zu. »Ich weiß, wohin ich gehen muss. Ich will Mr. Simpson besuchen.«
Als sie die Tür seines Zimmers erreichte, hörte Odette hinter sich rasche Schritte. Wallys Zimmerkamerad lag immer noch schnarchend in seinem Bett. Um das von Wally war ein grüner Vorhang gezogen.
»Wally? Schlafen Sie? Ich bin es – Odette.«
Sie zögerte und zog dann vorsichtig den Vorhang zurück. Das Bett war leer. Auf dem Nachttisch stand nichts Persönliches mehr.
Eine Schwester kam herein und blieb stehen, als sie Odette sah, die den grünen Vorhang immer noch umklammert hielt.
»Sie wollten zu Mr. Simpson?«
»Ja«, erwiderte Odette leise und drehte sich um.
»Sind Sie eine Verwandte?«
»Nein … nur eine Freundin. Was ist mit ihm passiert?«
»Er ist vor drei Tagen gestorben. Es tut mir sehr leid.«
Tränen traten Odette in die Augen. Tränen der Trauer, des Bedauerns und des Vorwurfs an sich selbst, dass sie ihn nicht eher und öfter besucht hatte.
»Er wurde nach Bangalow überführt, wo er auf seinen Wunsch hin begraben wurde. Der Veteranenverband hat für alles gesorgt. Er besaß offenbar keine Verwandten.«
Die Schwester nahm ihr den Blumentopf ab. »Kommen Sie, trinken Sie eine
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