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Das Dornenhaus

Das Dornenhaus

Titel: Das Dornenhaus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Di Morrissey
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bin … ich meine, bis ich etwas Druckreifes schreiben kann.«
    »Hab ich auch eine Chance, was zu sagen? Du scheinst alle meine Argumente vorwegzunehmen.«
    »Ich hab mir überlegt, was Sie sagen würden, wie schwer es ist – wegen des Geldes und so –, aber insgesamt, Mr. Fitz, glaube ich, dass es sich für uns beide auszahlen würde. Es hat mehr Vor- als Nachteile.«
    »Ach, meinst du?«, bemerkte er mit einem leicht verwirrten Ausdruck im Gesicht.
    »Mr. Fitz, wenn ich diese Stelle nicht bekomme, muss ich mich um ein Stipendium für die Uni bewerben oder in einer Bank oder an einem anderen grauenvollen Arbeitsplatz arbeiten – falls meine Tante das letzte Wort behält.«
    »Sie hält nichts vom Journalismus?«
    »Ich glaube nicht.«
    »Dann müssen wir ihr wohl das Gegenteil beweisen, nicht wahr?«
    »Sie meinen …?«
    »Wie du ganz richtig angenommen hast, kann ich dir nicht viel Geld bieten, auch keine Journalistenausbildung mit allem Drum und Dran. Aber ich kann dir das eine oder andere über das Zeitungmachen beibringen. Allerdings weiß ich nicht, ob du das Zeug dazu hast oder ob du schreiben kannst, trotz dieser kleinen Schreibübungen hier.« Er klopfte auf ihre Artikel. »Also, was hältst du davon, wenn wir dich erst mal sechs Monate zur Probe einstellen?«
    »O Mr. Fitz …«
    »Schau nicht so erstaunt, du hattest dir doch von Anfang an alles zurechtgelegt!«
     
    Der Erste, dem sie davon erzählte, war Zac.
    Nach ihrem Gespräch mit Mr. Fitzpatrick radelte sie zu der alten Schmiede am anderen Ende der Stadt. Als sie näher kam, hörte sie das Hämmern von Metall auf Metall.
    In der Schmiede hämmerte Zac mit bloßem Oberkörper ein Stück glühendes Eisen auf dem Amboss zurecht. Die Arbeit und die Hitze aus der mit Holzkohle befeuerten Esse hinter ihm ließen ihm den Schweiß über den Körper laufen. Sein Körper war schlank, aber muskulös, und Odette fand, er sah aus wie ein griechischer Gott. Wie die Bilder der Statuen, die sie gesehen hatte, geschaffen von berühmten Bildhauern.
    Zac nickte ihr zu, hörte aber nicht mit dem rhythmischen Hämmern auf. Odette setzte sich neben der hohen Tür auf einen Holzklotz, der durch jahrzehntelangen Gebrauch glatt und rund geworden war. Hier hatten Männer auf das Beschlagen ihrer Pferde gewartet und zugesehen, wie das Eisen in Form gebracht wurde.
    Zac beendete seine Arbeit und tauchte das heiße Metall in einen hölzernen Wasserbottich, wo es kurz aufzischte und rasch abkühlte. Er schöpfte kaltes Wasser mit den Händen, goss es sich über Kopf und Gesicht und kam zu ihr. »Hallo. Du hast dich ja so fein gemacht. Was hast du vor?«
    »Ich habe deinen Rat befolgt, bin zum Chefredakteur gegangen und habe ihn um einen Job gebeten. Ich habe ihm erzählt, was ich tun möchte und warum, und er … hat zugestimmt.« Sie sprang auf und fiel Zac impulsiv um den Hals. »Ich danke dir, Zac. Vielen Dank.«
    Ihre Begeisterung war ansteckend, und er drückte sie an sich, wirbelte sie herum, so dass ihr Rock und ihre Beine flogen. »Du hast das gemacht, nicht ich. Meinen Glückwunsch!«
    Odette quietschte vor lauter Freude und Aufregung. Zac stellte sie wieder auf den Boden, ließ sie aber nicht los. Sie sah in seine dunklen Augen, auf seinen lachenden Mund und die weißen Zähne, die in seinem gebräunten Gesicht aufblitzten. Langsam streckte sie die Hand aus und wischte ihm einen Rußfleck von der Wange. Plötzlich wurde sie sich seiner starken Arme und des moschusartigen Geruchs seines schweißfeuchten Körpers bewusst.
    Verlegen ließ sie die Hände sinken und machte sich aus seiner Umarmung frei. Er ließ sie los, knüpfte aber das Band auf, das ihre Haare zusammenhielt. »Kein Grund, jetzt schon wie eine Reporterin auszusehen. Ich mag es lieber, wenn du das Haar offen trägst.« Er breitete die dicken rotgoldenen Locken über ihren Schultern aus und ließ die seidigen Strähnen durch seine Finger gleiten.
    Odette wirbelte herum. »Gut, ich wollte dir nur schnell Bescheid sagen. Bis später.« Sie schnappte sich ihr Fahrrad und fuhr davon, ohne sich noch einmal umzusehen.
    »Hab keine Angst vor deinen Gefühlen, kleiner Spatz«, rief Zac ihr leise nach. Dann bückte er sich, hob das blaue Band auf, das zu Boden gefallen war, und steckte es in die Tasche seiner Shorts.

Kapitel sieben
    Zanana 1901
    D ie Sonne sandte ihre Strahlen über den Hafen von Sydney, wo sie das Wasser in geschmolzenes Gold verwandelten, bevor sie weiterwanderten und das

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