Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das Drachenboot

Das Drachenboot

Titel: Das Drachenboot Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kari Köster-Lösche
Vom Netzwerk:
sicheren Ergebnisses - und stand auf. »Er ist tot«, stellte er fest. Aber dann hielt er sein eigenes Schweigen nicht mehr aus, fuhr herum und sagte erbittert: »Glaubst du wirklich, du müßtest an diesem kleinen Dorf Rache nehmen für den Sklaven Wertizlaw? Siehst du denn nicht, daß sie viel zuviel Angst vor euch Kriegern haben, um sich Mann gegen Mann zu wehren? Sie hatten sogar soviel Angst, daß sie eine Frau schickten.«
    »Eine Rache war es nicht«, sagte Hjalti streng und hatte endlich die Autorität, die er Alf gegenüber hätte an den Tag legen sollen, »glaubst du etwa, daß Männer des Königs Geirmund auf diese lächerliche Art Rache nehmen? Nein, wenn wir Rache nehmen, merkt man es auch!« Folke atmete tief ein und sagte gepreßt: »Dem Hofbesitzer ist es gleich, ob du es Rache nennst oder anders.«
    »Aber den anderen Dorfbewohnern nicht«, versetzte Hjalti kalt, »vom Dorf wäre nichts mehr übrig.«
    Schon war Alf an Hjaltis Seite, und der Schiffsführer sah ihn auffordernd an und nickte beifällig, als er von Alf die Hilfe bekam, die er sich wünschte: »Und das könnte jederzeit passieren. Ein Wink von Hjalti.«
    Danach war die Sache für Hjalti erledigt. Er wandte sich den Vorräten zu, die die Männer herausgetragen hatten und betrachtete sie abschätzend. »Das wird reichen«, stellte er fest. »Die paar Tage werden wir davon leben können. Und einiges andere habt ihr auch, wie ich sehe. Jetzt zum Schiff!« Was der Bauernhof hergegeben hatte, war nur ein kleiner Ersatz für das, was auf dem »Grauen Wolf« inzwischen durch das Wasser verdarb, aber sie hatten doch genug daran zu tragen. Nur wenige Männer blieben übrig, die für den Schutz nach den Seiten und nach hinten mit ihren Schilden sorgen konnten.
    Folke hatte sich weder beladen, noch wollte er den Schutz der Norweger in Anspruch nehmen. Er fühlte sich von Hjalti getäuscht und folgte den Männern in deutlichem Abstand. Die Dorfbewohner sollten ruhig sehen, daß er sich nicht zu den Mordbrennern zählte.
    Am Strand lagen wie am Vortag kleinere Boote. Mitten in der Bucht befand sich der Knorr des Englandfahrers, und die Männer ruderten aus Leibeskräften gegen die Brise an, um die freie See zu erreichen. Als sie das Feuer gesehen hatten, hatten sie sich kurzerhand zum Auslaufen entschlossen. Die Norweger kümmerten sich nicht um den kleinen Knorr. Er war ohnehin zu langsam für ihren Zweck. Das einzige größere Schiff, das Schnelligkeit versprach und das einem Visbyer gehören mußte, schwojte mit gelegtem Mast und ohne Besatzung an einem Pfahl im Hafen. Auf dieses Schiff setzten die Norweger ihre Hoffnungen.
    Folke war ihnen gefolgt, obwohl er sich nicht im klaren war, was er eigentlich wollte. Nur soviel wußte er: nach Norwegen würde er nicht mitfahren. Sein Auftrag war beendet. Als sie am Ufer beratschlagten, blieb er zwischen den Sträuchern stehen.
    Dicht neben ihm gab leise ein Hund Laut. Folke wandte vorsichtig den Kopf und spähte ins Gebüsch. Es dämmerte schon, aber er konnte noch genügend sehen, um einen Hund von einer Katze zu unterscheiden. Und auch von einer Frau. »Folke«, wisperte sie, »ich muß mit dir sprechen.« Folke wußte, daß es Aud war, obwohl ihr Gesicht verborgen blieb. Schritt für Schritt zog er sich aus der Sicht der Männer am Strand zurück, bis er neben der Frau hinter dem Busch stand. Sie legte den Finger auf den Mund, drehte sich um und eilte einen Pfad entlang, der hinter dem Uferwall am Strand entlang führte. Erst als sie Dorf und Anlegestelle weit hinter sich wußte, drehte Aud sich zu Folke um. Sie war erhitzt und sah ängstlich aus. Nichts mehr war von der wehrhaften Frau übriggeblieben, die am Vortag ihr Gehöft hatte verteidigen wollen. »Was haben die Männer vor?«
    »Sie wollen so schnell wie möglich nach Hause«, antwortete Folke, überrascht, daß sie sich das nicht denken konnte. Schließlich standen die Norweger bereits im Schiff und waren vielleicht schon dabei, den Mast zu setzen. »Heute abend wollen sie noch los.«
    Zu seiner Überraschung schien Aud keineswegs erleichtert - sie rang die Hände. »Sie werden bald merken, daß das Schiff nicht seetüchtig ist. Sie werden noch nicht einmal aus der Bucht kommen! Was dann?«
    Folke hob die Augenbrauen. Wenn das stimmte, ja was dann? Dann konnte es gut sein, daß sie sich doch noch rächen würden, für alles.
    »Es liegt nur im Wasser, weil es nicht austrocknen soll, bis der Bootsbauer kommt«, erklärte Aud gequält, »aber

Weitere Kostenlose Bücher